Müggelheimer Bote
7. Jahrgang, Ausgabe 01/2001  
Januar 2001 Home  |  Archiv  |  Impressum


Geschichten aus dem Müggelwald

Der Dachsbau wurde genehmigt

 
„Hurra ich habe es geschafft. Hurra, ich habe es geschafft.” Der Dachs rannte durch den Müggelwald und schrie, dass sich die Bäume ihre Baumohren zuhalten mussten. „Was ist denn los”, fragten die Bäume, „was hast du geschafft? Erzähl es uns, damit endlich das Geschrei aufhört.”

„Na gut, es ist jetzt auch genug. Ich habe meine Freude in den Müggelwald geschrien. Und nun werde ich euch auch erzählen, was ihr nicht glauben werdet.” Er lachte laut und fröhlich. „Ihr müsst mir aber versprechen, dass ihr nicht umfallt, denn das könnte passieren, wenn ihr mein Geschichte hört.”

Die Bäume gaben dem Dachs ihr großes Baumehrenwort nicht umzufallen. „Weißt du überhaupt, was das bedeuten würde, wenn wir alle umfallen?” „Na klar”, sagte der Dachs, „dann ist der Müggelwald verschwunden. Ha,ha,ha, war nur ein Scherz.” „Nein, es ist so”, sagten die Bäume ganz ernst, „wenn wir alle umfallen, dann gibt es den Müggelwald nicht mehr. Willst du das?”

„Nein, dass will ich gerade nicht. Der Müggelwald ist mein Zuhause und darum geht es in meiner Geschichte. Um mein Zuhause.” Die Bäume waren ganz still. Sie hatten die Nadelfinger von den Baumohren genommen und lauschten als der Dachs mit seiner Geschichte begann.

„Vor vielen, vielen Jahren lebten meine Ur-Urgroßeltern auch schon im Müggelwald. Es war sehr ruhig, sehr groß, sehr weit und sehr schön hier. Es gab viele Tiere, aber wenig Menschen. Dann änderten sich die Zeiten. Die Menschen entdeckten den Müggelwald und wollten genau wie wir, auch hier leben und wohnen. Sie nahmen Stück für Stück vom Wald, vom Feld und von den Wiesen weg und bauten ihre Häuser. Es wurde eng für uns Tiere. Wir gingen tiefer in den Wald hinein. Aber für uns blieb immer weniger Platz.”

Der Dachs machte eine Pause. Dann fuhr er fort: „Entweder wir lernen miteinander zu leben, Menschen und Tiere, oder ich weiß auch nicht, wie es weitergehen soll. Ich habe jedenfalls die Schnauze voll.”

Die Bäume schüttelten sich. „Sei mal still, wir wollen über deine Geschichte nachdenken.” Dann baten sie den Dachs weiterzuerzählen. „Also ich war einige Jahre weg. Ich habe in einem anderen Wald gelebt. Als ich nun wieder nach Hause in den Müggelwald komme, da steht dort wo mein Dachsbau war ein großes Haus. Ein Zaun drum herum und mein Bau verschwunden. Na, nicht mit mir, denke ich. Ich buddle mich durch den Zaun und fange an meinen Bau dort wieder aufzubauen, wo er mal war. Am Schuppen. Dann kommt der Mensch, jagt mich weg und zerstört meinen Bau. Na, du bist doch wohl nicht ganz dicht, denke ich. Also am nächsten Tag wieder durch den Zaun und ran an die Arbeit. Ich bin fast fertig, da kommt der Mensch und schmeißt mich wieder aus meinem Wald raus. Er sagt, ‚das ist mein Grundstück’, und ich fauche ihn an, ‚dass ist mein Wald’.”

Die Bäume fangen an zu lachen. „Ist das eine lustige Geschichte. Hat die auch ein Ende?” „Ja, sie hat ein Ende und zwar ein sehr schönes”, sagt der Dachs.

„Nachdem wir also mehrere Tage gestritten haben, komme ich eines Tages wieder in den Garten, um meine Arbeit am Bau weiterzumachen. Ich warte auf den Menschen, dass er mir, wie jeden Tag, alles wieder zerstört und mich davon jagt. Also, der Mensch kommt. Bleibt vor mir stehen und sagt: ‚Ich habe mir überlegt, dass wir beide einträchtig in Ruhe und Frieden nebeneinander leben werden. Ich bin bereit, meinen Lebensraum mit dir zu teilen. Du darfst auf meinem Grundstück - er meinte damit meinen Wald - deinen Dachsbau errichten. Ich habe mir überlegt, dass du zuerst hier in diesem Wald gelebt hast - jetzt sagte er wieder Wald und nicht Grundstück. Ich hoffe, wir werden gut zusammenleben. Auf gute Nachbarschaft’.”

Die Bäume schrien: „Hurra! Das ist ja eine tolle Geschichte. Und das hast du wirklich alles erlebt? Hurra, hurra, hurra!” Die Bäume umarmten den Dachs. „Grüße den Menschen von uns”, sagten sie. Glücklich lief der Dachs nach Hause in seinen neuen Bau.

Es ist eine wahre Geschichte. So geschehen in dem kleinen Dorf am Rande des Müggelwaldes im Jahr 2000. Ingrid Zweiniger

Viele weitere Geschichten und Märchen aus dem Müggelwald und für Müggelkinder im Überblick finden Sie im Archiv des Müggelheimer Boten!

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