Müggelheimer Bote
7. Jahrgang, Ausgabe 05/2001  
Mai 2001 Home  |  Archiv  |  Impressum


Seit 20 Jahren Musik zum Wohle der Dritten Welt

Seit 20 Jahren gibt es Kirchenkonzerte in den Dorfkirchen von Müggelheim und Schmöckwitz. Seit 20 Jahren werden mit dem eingenommenen Geld Projekte der dritten Welt unterstützt. Doch die musikalischen Abende im Sommerhalbjahr haben etwas besonderes: Die Künstler treten umsonst auf, die Besucher spenden statt eines Eintritts für Projekte in Äthiopien.

Alles fing 1980 an, als der Müggelheimer Flötist Richard Waage die Idee hatte, mit einem befreundeten Harfentrio ein kostenloses Weihnachtskonzert zu geben. "Die Kirche war knüppelvoll. Schon im Vorfeld hatten wir uns überlegt, das gespendete Geld an ein Dritte Welt Projekt zu spenden", erinnert sich Pfarrer Siegfried Menthel. „Nach diesem grandiosen Auftakt wollten wir daraus eine Regelmäßigkeit machen. Es sollte aber etwas anderes sein, als die Solidaritätsaktionen der DDR, wo man immer befürchten musste, dass das gesammelte Geld in Waffen umgesetzt wird”, sagt Menthel. Deswegen sei anfangs nie Geld in die armen Länder geflossen, stattdessen Spielsachen, Blindenschreibmaschinen und auch mal Sportsachen, „was halt so benötigt wurde”. Unterstützt wurde eine Schule für südafrikanische Flüchtlingskinder in Tansania.

In den 80er-Jahre unterstützten die Kirchengemeinde ein Dorfentwicklungsprojekt in Naluyanda/Sambia - erstmals mit Geld da es in Kirchenregie lag. „Nach der Wende hieß es dann, das Naluyanda nun genug unterstützt worden sei. Da 1991 eine große Hungersnot in Äthiopien herrschte, kamen wir darauf über die Berliner Mission dort ein Projekt zu unterstützen”, sagt der Pfarrer.

Für Äthiopien sprach auch die Tatsache, dass der Staatssicherheitsdienst der DDR dort jahrelang sein Unwesen getrieben hatte. Menthel: „Dort hatte die Stasi ihr größtes Überwachungssystem installiert, unterdrückte und überwachte die Christen aufs schärfste. Wir wollten jetzt zeigen, dass aus dem Osten Deutschlands auch andere Beiträge als solche kommen können.” In der äthiopischen Stadt Chanka entstanden Brunnen, wurden eine Schule und ein Kindergarten unterstützt.

6000 bis 10 000 Mark kamen pro Jahr durch die Konzerte zusammen - nur durch die Spendenbereitschaft der Zuschauer. Noch immer treten die Künstler kostenlos auf, um den guten Zweck zu unterstützen. Pfarrer Menthel kann inzwischen auf einen festen Stamm an Künstlern zurückgreifen, die jedes Jahr aufs neue in Müggelheim und Schmöckwitz auftreten. Beispielsweise Susanne Ehrhardt mit ihrer Blockflöte, Michael Stöckigt auf dem Klavier, aber auch die Kammermusikgruppe „Musica Antiqua Coepenicciensis” mit altertümlicher Musik.

„Wir wollen die Konzertreihe auf jeden Fall weiter fortsetzen. Drei Gründe sind ausschlaggebend. Wir wollen die Schwellenangst in die Kirche überwinden helfen, Angebote für Urlauber schaffen und etwas für die 3. Welt tun, was nicht aus schlechtem Gewissen erfolgt”, begründet Siegfried Menthel.

Er war im Februar erstmals in Äthiopien und hat sich ein Bild von der geleisteten Hilfe in Chanka gemacht. „Ich bin ganz beklommen hingefahren, weil ich nicht wusste, was mich erwartet und voller Enthusiasmus zurückgekommen”, berichtet er. Zwar würde einen die Armut förmlich anspringen, aber umso wichtiger seien die bisher geleisteten Hilfsprojekte gewesen. Die von Termiten zerfressenen, halb zerfallenen Lehmhäuser stünden in hartem Kontrast zu den Massivbauten der Entwicklungshilfe. Der größte Wunsch der dortigen Kirchengemeinde war, dass die Gemeinden füreinander beten, die Mitglieder sich Briefe schreiben und auch mal besuchen. „Das wollen wir auch umsetzen”, verspricht Menthel.

Start der sommerlichen Kirchenkonzerte ist am 5. Mai um 18 Uhr in Müggelheim mit dem Frauenchor Planika der slovenischen Katholischen Gemeinde Berlin. In Schmöckwitz bestreitet das Schmöckwitzer Kammerorchester das Eröffnungskonzert am 6. Mai um 19 Uhr. sip

Diese Seite drucken  |  Seitenanfang