Müggelheimer Bote
7. Jahrgang, Ausgabe 06/2001  
Juni 2001 Home  |  Archiv  |  Impressum


Leserbrief

Offener Brief eines Müggelheimers an Stadtentwicklungssenator Peter Strieder

Sehr geehrter Herr Strieder,

wie ich den Presseberichten der letzten Tage lese, nehmen Sie den Absturz der Beachcraft am 24.05.2001, in Berlin Neukölln zum Anlass, ein weiteres Mal die sofortige Schließung des Flughafens Berlin – Tempelhof zu fordern.

Die dort zur Zeit stattfindenden Flugbewegungen könne der Flughafen Berlin – Schönefeld ohne Probleme sofort aufnehmen.

Weiterhin sprechen Sie sich dafür aus, in Berlin Schönefeld einen Großflughafen zu bauen, und nach dessen Fertigstellung im Jahr 2007 auch den zweiten innerstädtischen Flughafen Berlin – Tegel zu schließen.

Das alles erfolgt jetzt zusätzlich mit den Argumenten, dass das Unglück zeige, wie gefährdet die Bewohner in den Anflugschneisen der Flughäfen Tempelhof und Tegel sind.

Zu dem von Ihnen geplanten Großflughafen in Berlin – Schönefeld gab es ein ordentliches Raumordnungsverfahren, das mit der klaren Aussage abgeschlossen wurde, dass der Standort Berlin – Schönefeld nicht geeignet ist, der Standort Sperenberg aufgrund der geringsten Gefährdung von Bewohnern Berlins und Brandenburgs sowie weiterer plausibler Gründe jedoch der geeignete sei.

Über dieses Raumordnungsverfahren setzen Sie sich jedoch nonchalant hinweg. Sie argumentieren nach dem Motto: ich werde die Gefährdung der einen vermindern und dafür die anderen gefährden.

In dem zukünftig betroffenen Gebiet, über das nach Ihren Wünschen dann der gesamte Berliner Luftverkehr abgewickelt werden soll, leben und arbeiten Hunderttausende Menschen, hier befinden sich zahllose Schulen, Kindergärten und stark frequentierte Einkaufs- und Erholungszentren - das jedoch scheint Sie nicht zu beeindrucken.

Auch die Tatsache, dass in dem zur Zeit laufenden Planfeststellungsverfahren 133 000 Einwendungen – eine für Deutschland einmalige Zahl – schriftlich vorgelegt wurden, ignorieren Sie bis heute.

Statt dessen versuchen Sie den traurigen Anlass des Absturzes als Argumentationshilfe für Ihre Großflughafenpläne, die weder vom Raumordnungsverfahren gedeckt sind, noch von Hunderttausenden Anwohnern, deren Leben jetzt schon gefährdet ist und dann zehnfach gefährdeter sein wird.

Auch ich betrachte den Flughafen Berlin – Tegel als eine Zumutung für die Bewohner von Reinickendorf und anderer, angrenzender Bezirke. Aber ich komme nicht auf die Idee, ein großes Übel durch ein anderes Übel zu ersetzen.

Nicht nur im Nord -Westen und Süd – Westen der Stadt ist das Leben der Menschen schutzbedürftig, sondern auch im Süd – Osten.

Ich bitte Sie, diese in Ihren Grundzügen menschenverachtenden Betrachtungen zu überdenken, und sich für einen Großflughafen zu entscheiden, der die geringstmögliche Gefährdung von Menschen sichert.

Über eine Antwort wäre ich Ihnen dankbar.

Mit freundlichen Grüßen

Christian Reisinger

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