Müggelheimer Bote
8. Jahrgang, Ausgabe 11/2001  
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Serie für den Natur- und Gartenfreund

Der Türkenturban

Eigentlich viel zu spät habe ich mich entschlossen, noch ein paar Tulpenzwiebeln zu kaufen. Der verregnete September hatte mir die Lust an der Gartenarbeit genommen. Nun habe ich die Netzchen mit dem großen Deckblatt, dem Sortenbild der Zwiebeln zu Hause. Ich öffne sie, halte die Zwiebel in der Hand. Schön glatt, mit einer mittelbraunen Schale umgeben. Die helle Spitze verjüngt sich nach oben. Unten ist die Anlage des Wurzelkranzes zu sehen. Wie viele Jahre ist die Tulpe schon eine europäische Gartenblume und wo kam sie ursprünglich her?

Ich habe in meinen Gartenbüchern gesucht, bis ich die interessante Geschichte der Tulpenverbreitung und Züchtung gefunden habe. Hier schildere ich es Ihnen nur in kurzer Form.

Im Jahre 1554 weilte Ogier Ghislain de Busbequ als Gesandter Kaiser Ferdinands I. am Hofe Suleiman des Prächtigen in Konstantinopel. Dort zeigte man ihm in der Nähe dieser Stadt einige Blumen. Es waren Narzissen, Hyazinthen und solche, die die Türken „tulipam” nannten. Dies ist offensichtlich eine Verwechselung mit dem Wort Turban (thoulypen).

Der eigentliche türkische Name der Tulpe ist „lale” und so wurde sie auch in Persien genannt.

Sehr wahrscheinlich waren Tulpen den Persern als Kulturpflanze bereits um das Jahr 1000 unserer Zeitrechnung bekannt. (Fayencen, Zeichnungen und Literatur). Außerdem gilt als sicher, dass Tulpen in Griechenland und Italien bereits vor dem 16. Jahrhundert bekannt waren.

Die Aufzeichnungen des Schweizer Naturwissenschaftlers Conrad Gesner (1515-1565), von blühenden Tulpen im Garten eines Augsburger Kaufmanns, deren Herkunft aus dem Bestand des Wiener Hofgarten stammen sollte und durch die Aufzeichnungen im „Kreuterbuch” des Johann Kentmann, welcher auch aus Italien zeichnerische Vorlagen mitbrachte, ist belegt, dass es zwei Wege der Tulpe nach Mitteleuropa gab.

1577 blühte eine rote Tulpe in Brüssel, 1582 gelangten Tulpen nach England, 1598 nach Frankreich.

Der flämische Botaniker Clusius ging von Wien, wo er als kaiserlicher Gärtner seit 1573 angestellt war, als Professor für Botanik nach Leyden. Er nahm einige Tulpenzwiebeln mit in seinen Garten und wollte mit diesen Exoten viel Geld verdienen.

Wie es so oft mit Neuheiten ist, avancierte die Tulpe zu „der Modeblume” dieser Zeit. Jeder wollte sie in seinem Garten haben. Besonders war man auf mehrfarbige Raritäten, wie panaschierte also buntstreifige Exemplare aus.

Mit der Nachfrage stiegen die Preise und dieses ganz beträchtlich. Die Tulpe wurde zum Statussymbol (etwa 1620). Eine Zwiebel der damals berühmten Sorte „Semper Augustus” (eine rot-weiße Tulpe mit blauem Anflug an der Basis) kostete 13 000 Gulden. Diesem Wucher in gigantischem Ausmaß setzte die Regierung ein Ende.

Die Blumisten zu Harlem und angrenzende Staaten mußten diesen Handel durch eine Verordnung vom 27. April 1637 einschränken.

Obwohl dadurch die Tulpe etwas in Verruf geraten war, hielt das die Künstler der Zeit nicht davon ab, in ihren Blumen-Stilleben Tulpen abzubilden (fast immer gestreifte oder andere zweifarbige Blüten).

Die Tulpenzucht blieb nicht auf die Niederlande, auf Frankreich und England beschränkt. Auch in der Mark Brandenburg, in der Gegend von Berlin, wurden Tulpen mit Erfolg angebaut. Berlin war bis ins letzte Drittel des 19. Jahrhunderts von Bedeutung.

In dieser Zeit erfuhr die gesamte Tulpenzucht neue Impulse. Ausgesandt von renommierten Züchterfirmen der Niederlande begaben sie sich an die Wiege der Tulpen. Pflanzensammler brachten aus Asien, in der Gegend von Buchara und Taschkent Zwiebeln von anderen wildwachsenden Tulpenarten mit. Diese wurden züchterisch verbessert und bestehen noch heute als aktuelle Tulpenklassen (Wildtulpen oder Botanische Tulpen).

Wahrlich, eine interessante Entwicklung unserer heutigen Tulpen im Garten. Ich bin besonders erfreut darüber, dass sich in meinem Garten wahrscheinlich über 65 Jahre lang, ein paar alte Tulpenzwiebeln an versteckter Stelle gehalten haben. Sie verkörpern diesen alten Typ, wie er auf den Stilleben alter Meister gemalt ist.

Diese liebe ich besonders. MS

Weitere Beiträge aus der Serie für den Natur- und Gartenfreund finden Sie in der Übersicht im Archiv des Müggelheimer Boten!

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