Müggelheimer Bote
8. Jahrgang, Ausgabe 12/2001  
Dezember 2001 Home  |  Archiv  |  Impressum


Breite Proteste gegen Pläne für den Müggelsee

Fahrrinnenregelung soll nach Willen des Schiffahrtsamtes aufgehoben werden

Der Große Müggelsee gilt für Sonnenanbeter und Bootsfahrer als Erholungsort schlechthin. Doch jetzt ist er - wieder einmal - ins Gerede gekommen. Die seit 1992 bestehende Fahrrinnenregelung, die ein Fahren von Motorbooten nur auf der mit Tonnen markierten Strecke erlaubt, soll nach Willen des Berliner Wasser- und Schifffahrtsamtes (BWS) zur nächsten Saison abgeschafft werden. Doch das Vorhaben stößt auf breite Proteste.

Berlins „größte Badewanne” ist Deutschlands einzige Bundeswasserstraße, die Motorboote nur innerhalb einer bestimmten Markierung passieren dürfen. Das Für und Wider wird in der Öffentlichkeit, wie auch jüngst beim Politischen Frühschoppen der SPD, heftig diskutiert. Anwohner, Naturliebhaber und Sportler protestieren, wohingegen sich der Motorsportverband vehement für die Aufhebung der Regelung aussprach. Ihr Argument: Motorboote fielen dann nicht mehr so auf, da sie sich besser verteilen würden.

Winterliche Idylle am Großen Müggelsee, die Ruhe vor dem Sturm? Foto: Jacobius
Für die Bürgerinitiative Müggelsee (BI) kommt das Vorhaben einer Ohrfeige gleich. Sie hat die Fahrrinnenregelung damals mit auf den Weg gebracht. „Sie kommt der Erholung zugute, denn die Lärmbelästigung am Ufer bleibt gering“, heißt es von der BI. Zudem könnten Paddler, Ruderer, Segler und Surfer ungefährdet außerhalb der 200 Meter breiten Fahrrinne ihrem Sport nachkommen. Verhältnisse wie auf dem Wannsee, laut und rücksichtslos, würden sie nicht haben wollen.

Seit Saisonbeginn diesen Jahres gibt es bereits eine weitere Ausnahmeregelung. Das Dorint-Hotel und die Gaststätte Rübezahl können jetzt auch von Privatbooten angelaufen werden. Bisher besaßen nur die Fahrgastschiffe und Trainerboote der Sportvereine eine Ausnahmegenehmigung für das Fahren außerhalb der Fahrrinne.

„Es gibt diese Ausnahmen, andere wollen das gleiche Recht”, begründet Michael Putschke, Leiter des Dezernats Schifffahrt bei der Schifffahrtsdirektion Ost. Außerdem sei der Aufwand mit den Tonnen aufwändig und kostspielig. Auch die damaligen Gründe wie Röhrichtschutz und Trinkwassergewinnung seien nicht mehr aktuell, wie ihm von der Senatsumweltverwaltung bestätigt worden sei. Experten sprechen hingegen vom Gegenteil. Der Zustand des Röhrichtgürtels sei schlecht. Eine Ursache dafür seien die Motorbootwellen, die das Ufer unterspülten. Auch das Institut für Gewässerökologie am Nordufer des Sees schlägt Alarm: Im Jahr 1990 habe es im See noch 25 verschiedene Wasserpflanzenarten gegeben. Heute seien es nur noch sieben. Das Befahren des Ufergürtels müsse unterbunden werden.

Mike Klaus vom BWS hält dagegen: „Die Röhrichtbestände sind durch Palisaden geschützt.” Außerdem solle der wirtschaftliche Aspekt nicht vergessen werden. „Es wird ständig davon gesprochen, dass der Wassertourismus gefördert werden muss. Das wäre jetzt eine Möglichkeit.”

Auch der Tourismusverein Treptow-Köpenick scheint diesem Argument zu folgen. Sagte doch Geschäftsführerin Katrin Reiche-Kurz beim Frühschoppen: „Die Fahrrinne muss weg, alternative Lösungen her.” Beispielsweise wäre eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf zwölf Stundenkilometer denkbar. Auch Bürgermeister Klaus Ulbricht sah bei der Veranstaltung die Fahrrinnenregelung als nicht haltbar an. Es müsse aber an verkehrsberuhigte Zonen, Geschwindigkeitsbegrenzungen und einen festgelegten Abstand zum Ufer gedacht werden.

Ein absoluter Gegner der Pläne ist Lutz Böhm, Chef des Waldrestaurants Müggelhort: „Die Fahrrinnenregelung muss bleiben. Auf keinen Fall darf der Müggelsee ganz freigegeben werden.” Für ihn und seine Gäste sei es jetzt schon oft unerträglich, wenn die Motorboote an der Terrasse vorbei rasen würden. „Es muss viel stärker darauf geachtet werden, dass Geschwindigkeitsbegrenzungen eingehalten werden. Das heißt, es sind viel mehr Kontrollen nötig. Nicht nur auf dem See, sondern vor allem auch in den Kanälen.” Die Sonderregelungen für Dorint und Rübezahl hält er für den Wassertourismus in Ordnung, mehr Ausnahmen solle es aber nicht geben. „Es wäre auch gut, wenn der Verleih von Booten auf Elektro- oder Solarboote umgestellt würde. Außerdem könnte man vielleicht über ein Motorboot freies Wochenende pro Monat auf dem Müggelsee nachdenken oder Motorbootfreie Zeiten, ähnlich Schleusenzeiten einführen.”

Für das Beibehalten der Fahrrinnenregelung sprechen sich auch der Umweltkreis der evangelischen Kirche Müggelheim, die Bürgervereine Friedrichshagen und Allendeviertel und sogar die Berliner Wasserbetriebe saus. sip

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