Müggelheimer Bote
7. Jahrgang, Ausgabe 12/2000  
Dezember 2000 Home  |  Archiv  |  Impressum


Persönlichkeiten, eine unregelmäßige Serie (XIII)

Drucker mit Leib und Seele: Wolfgang Arnoldi

Paul Arnoldi war der Gründer der Stein- und Zinkdruckerei an der Admiralstraße in Berlin. 1913 ahnte der Meister noch nicht, dass sein Sohn Walter und sein Enkel Wolfgang einmal in seine Fußstapfen treten würden.

1930 übernahm der Sohn den Druckereibtrieb. Die Betrieb entwickelte sich - durch immer mehr gute Aufträge - sehr positiv. 25 Angestellte waren nötig, um die Aufträge rasch zu bearbeiten. Eine der namhaftesten Künstlerinnen war Käthe Kollwitz, dieihre Werke dort drucken ließ.

Ein jähes Ende bereitete ein Bombenangriff am 3. Februar 1945. Das Wohnhaus und die Druckerei wurden von zwei Sprengbomben getroffen, die Familie im Keller verschüttet. Doch sie konnte gerettet werden. Die Familie ging zu Fuß durch das zerbombte Berlin nach Müggelheim wo die Großmutter lebte. Dort, am Krampenburger Weg, konnten sie wohnen. Schon bald wurde in der Laube im Garten eine alte, aus dem alten Betrieb ausgelagerte Druckmaschine aufgestellt. Auch eine Handpresse konnte erworben und aufgestellt werden. So begann gleich nach Kriegsende der Druckbetrieb - allerdings in Handbetrieb, denn es gab keinen Strom.

Die ersten Druckaufträge kamen von der russischen Kommandatur in Müggelheim: „Propusse” sprich Sonderausweise und die ersten Lebensmittelkarten für Müggelheim wurden gedruckt. Später zog die „Laubendruckerei” ins Souterrain des Wohnhauses um.

1947 begann Wolfgang Arnoldi die Druckerlehre bei seinem Vater. Er war ein strenger Lehrmeister. So musste der Sohn beispielsweise alle Bauten im Ort, wie Häuser und Schuppen , für die farbige Ortskarte, die anlässlich der 200-Jahr-Feier als Einlage zur Chronik gedruckt wurde, kontrollieren und korrigieren. Die Karte und die kolorierten Postkarten entstanden in der Druckerei Arnoldi. Dieser farbige Ortsplan ist noch heute in der Drogerie Adolphsen zu erwerben.

Später wurden dann modernere Druckmaschinen erworben und für spezielle Arbeiten auch mit Ergänzungsgeräten komplettiert. Die Flachdruckerei war nun so gut ausgestattet, dass sich vielseitige Bearbeitungsmöglichkeiten des Druckens boten. Leider fehlte des öfteren geeignetes Papier, da dieses in DDR-Zeiten zugeteilt wurde.

Von klein auf war Wolfgang Arnoldi, wie bereits Großvater und Vater, ein begeisterter Segler. Er war auch Kampfrichter beim Segeln (Meisterklasse) und schiedste bei internationalen Segelwettfahrten. In der Müggelheimer Freiwilligen Feuerwehr war er von 1947 insgesamt 15 Jahre - davon auch ein Jahr als Wehrleiter. 1954 heiratete der Drucker, zwei Jahre später wurde Sohn Jörg geboren. 1958 machte Wolfgang Arnoldi seine Meisterprüfung und übernahm 1964 den Betrieb von seinem Vater.

Schon von jeher hatte es sich bei Künstlern herumgesprochen, dass ihre Werke in der Flachdruckerei Arnoldi gut bearbeitet wurden. Namhafte Künstler wie Charlotte E. Pauli und Prof. J.M. Avenarius ließen dort drucken. In der DDR-Zeit kamen dann Künstler wie Manfred Butzmann, Elisabeth Shaw, Gerhard Lahr, Hans Ticha, Dieter Goltzsche, Ingo Arnold, Claus Vonderverth um nur einige zu nennen. Insgesamt waren es mehr als 350 Künstler, deren Grafiken oder Collagen mit viel Akribie von Arnoldi gedruckt wurden.

Der künstlerische Kleinoffsetdruck hat als Druckträger eine Aluminiumplatte. Sie ist leicht, es kann seitenrichtig und sofort, ohne langwierige Vorbereitungen vom Künstler direkt darauf gezeichnet werden. Algraphie ist der Fachausdruck für dieses moderne Flachdruckverfahren.

Da immer Materialengpässe bestanden und zudem für jeden Druckvorgang eine Druckgenehmigung nötig war, kamen die meisten Aufträge aus der volkseigenen Industrie, beispielsweise vom Funkwerk Köpenick. Die Aufträge waren Geräteskalen, Skalen für Maschinentelegrafen, Schiffsskalen, Skalen für Messgeräte auch für Radio und Funkgeräte. Arnoldi war der einzige in der ehemaligen DDR, der solche Aufträge ausführen konnte. Die Schrift wurde auf Glas oder Plastik gedruckt, jeweils in verschiedenen Sprachen (8000 Skalen jährlich). Schon Großvater Arnoldi konnte diese seltene Technik anwenden. Beispiele für Papierdruck sind unter anderem Speisekarten (auch für Müggelheimer Gaststätten), Geschäftsbögen, Visitenkarten, Kunstblätter. Er bedruckte aber auch Stoff wie Servietten und Wimpel. Selbst Fließ und Seide waren bedruckbar.

Am 1. Dezember 1980 wurde ihm der Titel „Anerkannter Kunsthandwerker” verliehen. Er leitet viele Jahre lag in Treptow einen künstlerischen Druckzirkel.

Wolfgang Arnoldi ist nicht nur ein guter Drucker, sondern er ist selber ein guter Zeichner. Auch seltene Druckverfahren wie den Irisdruck beherrscht er. Am 25. Mai 1983 bekam Wolfgang Arnoldi vom Kulturbund Treptow die „J.R. Becher-Medaille in Bronze” verliehen.

Das Kulturamt Treptow ehrte Arnoldi aufgrund seines Engagements in Treptow zum 85-jährigen Betriebsjubiläum im April 1999 mit einer Ausstellung in den Treptowers: Kunstdruckerzeugnisse von 28 Künstlern, auch seine eigenen künstlerischen Arbeiten, wurden gezeigt. Alles Arbeiten aus seiner Werkstatt.

Seine Druckerei im Souterrain ist zum Teil noch mit Maschinen aus den 40er bis 60er Jahren ausgestattet - alle funktionsfähig. Arnoldi ist zwischen ihnen in seinem Element. Voller Freude erzählt und erklärt er die Funktionsweisen. Noch heute, fast am Ende seiner erfolgreichen Handwerkszeit, ist seine Begeisterung für den Beruf des Druckers spürbar. Ein Beruf, den er immer wieder lernen würde.

Nach 87 Jahren Betriebszeit wird Arnoldi seine Druckerei am 31. Dezember aufgeben. Aus Altersgründen, schließlich ist der Drucker in 3. Generation bereits 69 Jahre alt. Marianne Schäfer

Widmung an Walter Arnoldi,

der „Harut und Marut” auf der Offsetmaschine druckte

Die Maler und die Kupferstecher
vor Zeiten waren eng vereint -
sie tranken beide Leidensbecher
wie das auch heute möglich scheint.
Hat einst ein Maler was gestaltet,
das wirken sollte in die Zeiten,
ward stets die Stecher eingeschaltet,
der Künste Wirkung zu verbreiten.
In Kupfer wurde viel gestochen,
sodann in Holz und auch in Stahl -
und was den Sticheln da entkrochen,
das war nicht immer schön zumal!
„Mein lieber Freund und Kupferstecher”,
konnt‘ ich zur Jugendzeit noch hören,
denn Stecher brachten alle Fächer
der Bildberichte erst zu Ehren.
Man hat sie „Freunde” nennen MÜSSEN.
Mann tat‘s mit Zweifel, Angst, ja Schreck:
Denn ließ ein Stecher Kunst vermissen
galt auch des Malers Kunst als Dr...!
Jetzt sind die Stecher nicht mehr nötig:
Die Lichtbild-Reproduktion
ist prahlend überall erbötig -
das „Zeitbild” höhnt die Künste schon!
Doch wird‘s noch heute Träumer geben
voll Sehnsucht nach dem „stillen Reich” --
Ach, Druckmaschinen stehn daneben
für tausend Zwecke allsogleich!
So bin an - Offset ich geraten,
durch diese Technik nun an - dich!
Und - was wir zwei zusammen taten,
erfreute, ja beglückte mich!
„Die Musen zeitgemäß bedienen!”
sei das Ponnier beim Flaschen-Gluckern:
Was einst als Handwerk ist erschienen,
wird heut geschafft von Offset-Druckern!
Drum laßt uns jede Technik preisen,
die geistiges Gut und Schönheit mehrt!
Was wir dabei als Freunde „schmeißen”,
sei wert, daß alle Welt es ehrt!
7. und 14. Nov. 1952
J.M. Avenarius

Diese Seite drucken  |  Seitenanfang