Müggelheimer Bote
7. Jahrgang, Ausgabe 12/2000  
Dezember 2000 Home  |  Archiv  |  Impressum


Im Traditionsgeschäft gehen die Lichter aus

Drogerie Adolphsen schließt nach 66 Jahren

Etwas wehmütig ist ihm schon ums Herz, aber trotzdem: Er will nicht mehr. Olaf Adolphsen gibt nach 66 Jahren die von seinem Vater gegründete Drogerie auf, die er seit 1974 führte. Am 29. Dezember gehen endgültig die Lichter in dem kleinen Tante-Emma-Laden an der Odernheimer Straße aus - und der 63-jährige Adolphsen geht in den wohlverdienten Ruhestand.

Firmen-Gründer Paul Adolphsen
„Ich werde meine freie Zeit aus vollen Zügen genießen, Dinge tun, die ich in den letzten 25 Jahren einfach nicht machen konnte”, freut sich der Drogist schon. Jeden Tag war die Nacht für ihn um 4.30 Uhr beendet. Selbst an den Wochenenden stand er seinen Mann hinter dem Ladentisch. Nun will er sich verstärkt seinem Garten , der Fotografie und der Musik widmen.

Eine Sache macht ihm den Abschied aus dem Traditionsgeschäft allerdings leichter: das veränderte Kaufverhalten der Menschen. „Kleine Läden sind gar nicht mehr gefragt. Großmärkte und Einkaufszentren machen sie überall kaputt - nicht nur in unserem Dorf. Das Geschäft lohnt sich einfach nicht mehr.” Grotesk findet er es, wenn Müggelheimer schimpfen, dieser Laden müsste hierher und jene Boutique. „Dabei sind das die Leute, die hier in Müggelheim gar nichts kaufen. Wie soll sich dann ein Geschäft etablieren?”, fragt er sich.

Dennoch werden ihm die Kontakte zu den Menschen fehlen. Schließlich galt die kleine Drogerie mit den kruschteligen alten Regalen auch als „Informations- und Kontaktbörse”. Wer etwas wissen wollte vom Dorf, den neuesten Klatsch genauso wie wichtige Informationen, bekam hier Antwort. Früher traf man sich in der Drogerie noch zum Wäsche mangeln, Kinder konnten für einige Pfennige lose Bonbons kaufen, außerdem gab es - sehr selten geworden inzwischen - bis zuletzt Salzsäure zum Absäuern des Mauerwerks.

Gibt auf: Olaf Adolphsen
Die Drogerie wurde 1934 von Vater Paul Adolphsen gegründet. Der erste Standort war am Müggelheimer Damm, dort wo heute der Elektrobetrieb Spereiter seinen Sitz hat. Klein-Olaf wuchs zwischen den Regalen voller Flaschen und Karamiktöpfen auf, aus denen immer lose abgefüllt wurde. Während des Krieges schmiss Mutter Gertrud den Laden. Als der Spuk vorüber war, bekamen sie einen neuen Laden zugewiesen: an der Haltestelle am Dorfanger. Baubedingt zogen sie dann vor fast zwei Jahren in die sanierte Scheune „um die Ecke”. Mit der Schließung dieses kleinen Krämerladens geht wieder ein Stück altes Müggelheim verloren.

Da der Heimatverein das als gesellschaftliches Ereignis ansieht, wird der Schließtag nicht einfach so vonstatten gehen. Am Vormittag des 29. Dezembers wird der Musiker Lothar Zeihe im Dorfklub aufspielen. Alle alten Kunden, denen Familie Adolphsen herzlich für die erwiesene Treue danken möchte, sind zu einem Glas Glühwein eingeladen. Nachmittags, von 14 Uhr an, musiziert Lars Fiebig vor dem Geschäft mit der Drehorgel. Die Schaufenster werden dekoriert mit historischen Fotos. Übrigens ist den ganzen Dezember hindurch Räumungsverkauf in der Drogerie. sip

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