Müggelheimer Bote
7. Jahrgang, Ausgabe 07/2001  
Juli 2001 Home  |  Archiv  |  Impressum


Schönefeld: Es bleibt spannend!

Lärmmedizinisches Gutachten von Fachleuten kritisiert

Seit dem 31. Mai werden in der Rathenauhalle in Oberschöneweide, Wilhelminenhofstr. 83-85, die privaten Einwender gegen das Projekt Großflughafen Schönefeld angehört. Sie denken, das geht Sie nichts an? Im Gegenteil: Wenn Sie im vergangenen Jahr eine Einwendung gegen den geplanten Ausbau des Verkehrsflughafens Berlin-Schönefeld abgeliefert haben, sollten Sie jetzt unbedingt auch Ihr Recht zur Teilnahme an dieser Anhörung wahrnehmen! Es ist die letzte Möglichkeit, Ihre Sorgen, Ängste und Bedenken gegen das Vorhaben nochmals vortragen und damit den Ausgang des Planfeststellungsverfahrens unmittelbar beeinflussen zu können.

Sie glauben immer noch, Sie bekommen von der Behörde eine Einladung mit Goldrand? Da können Sie aber lange warten! Die Anhörungsbehörde verschickt keine individuellen Einladungen an jeden Einwender. Sie hat den Termin rechtzeitig in Berliner Tageszeitungen öffentlich bekanntgemacht und damit dem Gesetz entsprochen. Auch eine schriftliche Erwiderung des Vorhabensträgers oder der Behörde werden Sie nicht bekommen, selbst wenn Sie das in Ihrer Einwendung gefordert hatten. Worauf warten Sie also noch? Fragen Sie Ihren Nachbarn, verabreden Sie sich mit Ihren Bekannten, nehmen Sie Ihre Kinder an die Hand und holen Sie sich eine kostenlose Nachhilfelektion in bundesdeutsch-demokratischer Verwaltungsbürokratie, bei der es vor allem um eines geht: um Ihre Zukunft!

Zugegeben, auch mir fällt es schwer, der Anhörungsbehörde und dem Vorhabenträger unvoreingenommen gegenüberzutreten und Vertrauen zu den Repräsentanten zu haben. Viel zu oft erlebt man, daß blutleere Bürokraten und Planer sich hinter platten, nichtssagenden Erklärungen verstecken. Das sollte Sie jedoch nicht hindern, von Ihren Rechten Gebrauch zu machen. Denken Sie daran: es sind immerhin Ihre Grundrechte, um die es hier geht, und dazu zählen Ihr Leben, Ihre Gesundheit! Bei den Politikern und Planern geht es dagegen nur ums Geld, um nichts sonst!

Der BVBB hat in den ersten Wochen der Anhörung bereits zahlreiche Veränderungen zur Tagesordnung, zum Rederecht und zum zeitlichen Ablauf durchgesetzt. Auch wichtige Details des Projektes kamen zur Sprache. Zum Beispiel ist auch von der Anhörungsbehörde erkannt worden, dass die gemeinsame Empfehlung vom 28. Mai 1996 (meist fälschlich als „Konsensbeschluss” bezeichnet) keine rechtlich verbindliche Grundlage für die Planungen sein kann. Und ich darf Ihnen versichern, es warten noch zahlreiche weitere Anträge darauf, den Verhandlungsleiter, Herrn Leyerle, und den Vorhabenträger gehörig in Schwierigkeiten zu bringen. Vielleicht wird sogar der weitere Verlauf der Anhörung empfindlich davon beeinflusst! Dabei sind sicher vor allem die zahlreichen Ungereimtheiten bei den Themen Lärm, Schadstoffe, Altlasten sowie Katastrophenrisiko zu nennen.

Vielleicht „hilft” uns aber auch unfreiwillig der lärmmedizinische Gutachter Jansen weiter. Er muß am 10. Juli vor dem Oberverwaltungsgericht in Hamburg zu den Vorwürfen von Prof. Maschke Stellung nehmen. Dieser hatte nicht nur behauptet, dass die von Jansen seit Jahrzehnten vertretenen Ansichten zur Gesundheitsgefährdung durch Fluglärm durch eine falsche Auswertung der gewonnenen Messergebnisse zustande gekommen seien, sondern dies auch wissenschaftlich sorgfältig begründet. Dieser Vorwurf hätte, wenn er bestätigt und vom Gericht akzeptiert wird, für die Flughafenplanung in Deutschland erhebliche Konsequenzen. Zunächst würde das Verfahren in Hamburg, in dem es um den Planfeststellungsbeschluss zum Ausbau des Flughafens geht, eine völlig unerwartete Wende nehmen. Viel interessanter ist jedoch, daß derselbe lärmmedizinische Gutachter Jansen mit denselben Ansichten zur Gesundheitsgefährdung durch Fluglärm in seinem hiesigen lärmmedizinischen Gutachten M8 argumentiert. Was wird wohl die Anhörungsbehörde hier in Schöneweide machen, wenn das Oberverwaltungsgericht in Hamburg zu der Einsicht kommt, das lärmmedizinische Gutachten auf Grundlage dieser Ansichten Jansens sei fehlerhaft und deshalb nicht verwendbar?

Ich bin mir nicht sicher, ob der Vorhabenträger sich des Risikos bewusst war, als er den umstrittensten Lärmwissenschaftler Deutschlands mit der Anfertigung des lärmmedizinischen Gutachtens für Schönefeld beauftragte. Was ich aber genau weiß: Es wird höchste Zeit, daß in der Lärmwirkungsforschung beim Fluglärm endlich die Wissenschaftler Gehör finden, die sich neben der Gesundheitsgefährdung auch ernsthaft mit dem Gedanken der Gesundheitsvorsorge beschäftigen. Mit den zweifelhaften Aussagen des Lärmwissenschaftlers Jansen zur Gesundheitsgefährdung sind die geplanten Flughäfen bisher stets gebaut worden. Wir brauchen aber Aussagen von Wissenschaftlern darüber, an welchen Stellen wegen der nötigen Gesundheitsvorsorge Flughäfen eben gerade nicht gebaut oder betrieben werden können!

Das Verfahren bleibt, wie Sie sehen, auf jeden Fall weiterhin spannend! Ich wünsche mir, daß möglichst viele von Ihnen erkennen, wie man uns an der Nase herumführen möchte. Lassen Sie sich ermutigen, Widerstand zu leisten, auch wenn unsere Banner, Aufkleber und gelben NEIN-Schilder immer wieder abgerissen werden. Denken Sie daran, dass es immer Menschen gibt, die Politikern und ihren Versprechungen nur allzuleicht auf den Leim gehen, weil ihnen das eigene Nachdenken zu anstrengend ist.

Anstelle eines Schlusswortes: Eine Frau hat mir kürzlich auf dem Angerfest ihr Verständnis von Demokratie erklärt. Das gefiel mir und ich will es Ihnen nicht vorenthalten: „Es reicht nicht, über Demokratie zu reden. Demokratie muss man machen!” Ich bin sicher, wir sehen uns – bei der Anhörung in Oberschöneweide! Gunnar Suhrbier, BVBB Müggelheim, FON 65 94 27 53 Infos zur Anhörung:

vom BVBB: Büro Oberschöneweide FON 53 780 851

http:/www.planfeststellungs-verfahren.net

E-Mail: webmaster@bvbb-ev.de

von der Anhörungsbehörde:FON 551 508 88

http://www.planfeststellung.net

Infos, Fakten, Hintergründe und Ideen: Jeweils am zweiten Donnerstag jedes Monats um 18.30 Uhr, das nächste Mal also am 12. Juli, trifft sich die Gruppe Müggelheim des BVBB im Dorfklub.

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