Müggelheimer Bote
9. Jahrgang, Ausgabe 01/2003
Januar 2003

Inhalt
Traum von der Müggeltherme geplatzt?
Agenda 21 - Aktionen von uns für das 21. Jahrhundert
Sportlergrößen: Der Speerwerfer Detlef Michel
Das war das Jahr 2002 in Müggelheim
Was wünschen Sie sich fürs neue Jahr?
Neujahrsgrüße
Buchpräsentation: Pferde bei den Olympischen Spielen
Weitere Meldungen
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Kommentar
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Müggelheimer Bote
 
Sportlergrößen in Müggelheim I

Der Speerwerfer Detlef Michel - Mit links zu großen Weiten aufgebrochen

von Gisela Winkelmann

Michel 1980 beim Leichtathletik-Länderkampf in Großbritannien. Foto: privat

Es ist schon ein gewaltiger Unterschied ob unsereins Sportveranstaltungen im Stadion verfolgt, oder Zuhause vor dem Fernseher mitfiebert: Denn wieviel Mühe und Schweiß es den Sportler gekostet hat, diese Bestleistungen zu erbringen, wird oft übersehen. Der Weg zum Erfolg ist meist hart und steinig. Wir wollen Ihnen in einer lockeren Serie ehemalige Sportgrößen vorstellen, die heute in Müggelheim leben. Ihr Leben damals und heute, ihren Werdegang und ihre sportlichen Erfolge. Der erste Teil ist dem Speerwerfer Detlef Michel gewidmet.

Der gebürtige Müggelheimer Detlef Michel kann auf eine 30-jährige Laufbahn als Speerwerfer im Hochleistungssport zurückblicken (1965-1995). Erfolgreich!

Die ersten Leichtathletik-Weltmeisterschaften fanden 1983 in Helsinki statt. Schon nach zwei Würfen mit seinem Speer stand bereits fest: Der Berliner Detlef Michel wird mit geworfenen 89,48 Metern unübertroffener Weltmeister. Er holte für sich und sein Land in Helsinki die Goldmedaille im Speerwurf. Der damals 27-Jährige war überglücklich. Doch seine absolute Bestleistung brachte er beim XXI. Olympischen Tag im Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark (ebenfalls 1983) mit einer Weite von 96,72 Metern. „Begonnen hat alles mit einem Aufruf in der Berliner Zeitung. Gesucht wurden sportinteressierte junge Talente. Von 100 Berliner Schülern zählte ich im Lauf, im Sprung und beim Wurf zu den 20 besten“, erinnert Michel sich. Damals war er acht Jahre alt. Der Grünauer Sportlehrer Kurt Kohn trainierte ihn im Rahmen der Jugendförderung. Dreimal in der Woche stand allgemeines Training auf dem Plan. „1964 wurde bei einer Sichtung der Berliner Schüler im Schlagball-Weitwurf der Trainer vom TSC Berlin auf mich aufmerksam - Peter Börner. 1965 trat ich dem TSC bei und Peter Börner machte mich zum Wurfexperten”, sagt Detlef Michel. Börner trainierte und begleitete ihn während seiner gesamten sportlichen Laufbahn. Mit dem Hochleistungssport und der Teilnahme an internationalen Wettkämpfen hörte der Speerwerfer 1990 auf. Danach nahm er nur noch an nationalen Turnieren teil und begann mit dem Abtrainieren.

Detlef Michel denkt gerne an seine Speerwerferkarriere zurück. Foto: Winkelmann

Der gelernte Gas- und Wasserinstallateur konnte sich nach seiner Lehre ausschließlich dem Hochleistungssport widmen.

Erstaunlicherweise wirft Michel seinen Speer mit links, er ist Linkshänder.

Einige Daten und Fakten
Erster Erfolg 1965: mit 10 Jahren Sieger der Kreisspartakiade im heutigen FEZ
1969: Deutscher Meister B-Jugend im Speerwerfen (69 Meter)
1974: Spartakiade-Sieger Kinder und Jugend (national), 75,70 Meter
darauf folgten 10 Berliner Meistertitel
und 8 DDR-Meistertitel
1975: Europacup in Nizza (4. Platz)
1978: 4. Platz Europameisterschaft in Prag
1979: Völkerspartakiade in Moskau (1. Platz)
1981: Europacup in Zagreb (1. Platz) Weltcup in Rom (2. Platz)
1982: Meisterschaft in Athen (3. Platz)
1983: Europacup in London (1. Platz); Weltmeister in Helsinki und XXI. Olympischer Tag Berlin (96,72 Meter)
1986: Europameisterschaft in Stuttgart (2. Platz)
1988 Olympiateilnehmer Seoul (Korea)
1990: Berliner Meister, Norddeutscher Meister, dann Beginn mit dem Abtraining

Die sportlichen Gene müssen wohl in der Familie liegen. Vater Michel war Ringer und Boxer. Mehr als 1000 Zeitungsartikel über die sportlichen Erfolge seines Sohnes hat er archiviert. Mit 250 internationalen und nationalen Urkunden könnte Detlef Michel seine Wände drapieren. Etwa 130 Medaillen sind in 30 Sportlerjahren im Speerwerfen zusammengekommen.

Durch den Sport kam er in fast alle Länder der Welt. Kanada, Kuba, Algerien, Marokko, Mexiko, die Städte Los Angeles, Seoul, um nur einige Wettkampforte zu nennen. „70 Prozent der Sportler gehörten damals der staatsgetreuen Partei an. Ich gehörte zu den restlichen 30 Prozent. So geschah es in den 70er-Jahren, dass ich und auch andere Sportler wieder aus dem Flugzeug nach Oslo aussteigen mussten - aus eben diesem Grund. Auch etliche andere Starts im kapitalistischen Ausland wurden mir aufgrund dieser Parteilosigkeit gestrichen.”

Doch in Mexiko war er dabei, als die erste Sportdelegation der DDR vom damaligen Staatspräsidenten Gonzales empfangen wurde. „Auf mexikanische Staatskosten lud er uns in den luxuriösen Badeort Acapulco ein. Auf einer mexikanischen Hacienda trafen wir einen Auswanderer aus Rostock. Er hatte es dort zum Millionär geschafft”, erinnert sich der Sportler. In Kuba erfuhren die Sportler Ehrungen von Fidel Castro. In der damaligen Sowjetunion begrüßte sie Gorbatschow. „Unsere Mannschaft bestand aus Kugel-, Hammer-, Speer- und Discuswerfern, die der DDR höchste Erfolge und Anerkennung brachten”, erinnert sich Detlef Michel.

Auch auf seine staatliche Auszeichnung kann er stolz sein. Er wurde „Verdienter Meister des Sports” und erhielt den Vaterländischen Verdienstorden. „Für jugendliche Sportler waren es gute Bedingungen in der DDR”, weiß Michel aus eigener Erfahrung. Gerne denkt er an seine sportlichen Aktivitäten zurück. Regelmäßig treffen sich die „Sportler von einst” in geselliger Runde.

Unsportlich ist der heute 47-Jährige garantiert nicht geworden. Er stemmt in seinem Fitnessraum Gewichte unterschiedlicher Dimension. Das gepflegte Anwesen in Müggelheim lässt auf viel Umsicht schließen. Seine Ehefrau und die beiden Söhne wissen die innerliche Sanftheit des 1,84 Meter großen Muskelmannes zu schätzen. Nicht zuletzt auch Hündin Biggi, die sich gerne wie ein Kuscheltier an ihr Herrchen anschmust.