Müggelheimer Bote
11. Jahrgang, Ausgabe 11/2004
November 2004
Müggelheimer Bote

Inhalt
Großer Flughafen - Große Klagewelle
Erwischt! Polizeidieb stellte Diebe vom Müggelturm
Bilder aus dem Südosten Berlins und anderswo
Willkommen im Freilandlabor Kaniswall
Zuckeräpfel, Märchenwald und Lampionumzug
Arbeit und Vergnügen: Eine erfolgreiche Kombination
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Jugendclub Mügge
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Geschichten aus dem Müggelwald

Geschichten aus dem Müggelwald

Charlie, der Kofferausräumer

von Ingrid Zweiniger

Charlie der rote Kater war wieder einmal traurig, denn immer, wenn dieser große flache Kasten in der Stube stand, dann war Frauchen eines Tages verschwunden. Verschwunden für viele, viele Tage.

„Ich glaube, die Menschen sagen verreisen dazu, wenn sie mit diesem Kasten das Haus verlassen.”

Für Charlie begann dann eine Zeit, die ihm nicht gefiel. Er bekam zwar jeden Tag sein Fresschen, auch Streicheleinheiten, ohne Frage, aber ein Leben ohne Frauchen, nein, das war nicht schön. Das war sogar super, mega traurig. Und Charlie wollte nicht traurig sein. Also musste er sich etwas einfallen lassen.

„Ich werde zu Strolch gehen. Hat sich herumgesprochen, dass der viel weiß. Vielleicht hat er eine Idee.”

Es war nicht weit. Strolch wohnte gleich um die Ecke. Aber Strolch war nicht zu Hause. Onkel Susi saß am Zaun.

„Was willst du denn, du roter Kater?” Onkel Susi kannte Charlie nicht und fauchte ihn an.

„Nun beruhige dich, du dicker Kater. Ich wollte zu Strolch”, sagte Charlie. „Was heißt hier dicker Kater”, sagte Onkel Susi, „du bist auch ganz schön pummelig. Aber Spaß beiseite. Strolch ist nicht da, er ist verreist.”

Als Charlie verreist hörte, fragte er Onkel Susi: „Ist der etwa auch mit so einem Kasten unterwegs?”

„Nein”, sagte Onkel Susi, „er ist mit Herrchen und Frauchen in einem Auto unterwegs. Aber was willst du von Strolch, vielleicht kann ich dir auch helfen?”

Charlie erzählte von seinem Kastenproblem oder besser gesagt Kofferproblem.

„Ja, das kenne ich auch”, sagte Onkel Susi, „aber helfen kann ich dir nicht. Ich habe keine Idee, wie du es schaffst, dass dein Frauchen nicht mehr verreist. Gehe doch mal in den Wald, da gibt es viele schlaue Tiere. Vielleicht können die dir helfen.”

„Gute Idee Onkel Susi. Danke!” Und Charlie machte sich auf den Weg in den Wald.

Als er mitten im Wald stand, sah er nur Bäume, aber keine Tiere. „Was soll ich denn nun hier. Hallo Bäume, helft mir, ich suche die Tiere.”

Die Bäume fingen an zu rauschen. Sie wackelten mit ihren Baumkronen. „Es hört sich an, als wenn sie mir sagen wollten, ich soll noch ein bisschen warten”, dachte Charlie.

Er setzte sich unter eine große, dicke Kiefer. Und richtig, nach einer Weile hörte er ein lautes Grunzen. Eine Rotte Wildschweine kam auf ihn zu.

„Oh, jetzt aber nichts wie rauf auf den Baum, die sehen ja zum Fürchten aus.”

„Hallo, komm runter. Du brauchst keine Angst zu haben. Die Bäume haben uns gesagt, du brauchst einen Rat.” Charlie kletterte vom Baum herunter und fragte die Wildschweine: „Habt ihr eine Idee, wie ich Frauchen dazu bringe, das sie nicht mehr verreist?”

Nein, die Wildschweine hatten keine Idee, oder doch, sie hatten eine Idee. „Wir schicken dir den Fuchs, der ist schlau und der kann dir bestimmt helfen. Warte hier.”

„Danke”, rief Charlie. Nach einer Weile kam der Fuchs. „Ich habe schon gehört, was du willst. Ich kann dir helfen. Aber auch du musst ein bisschen was tun. Also ich denke, der Koffer ist das Wichtigste. Mit dem Koffer musst du etwas machen. Ich weiß auch schon was. Aber jetzt bist du erst einmal dran.”

„Na, was soll ich denn machen? Soll ich mich reinsetzen, so dass Frauchen mich mitnehmen muss?” „Nein!”

„Oder soll ich ihn kaputt machen, zerkratzen?” „Nein, man macht keine Sachen kaputt.”

„Na was dann? Mir fällt nichts mehr ein.”

„Also pass auf”, sagte der Fuchs, „meine Idee: Wenn Frauchen den Koffer gepackt hat, dann schmeißt du alle Sachen wieder raus, denn ohne Sachen kann sie nicht verreisen.”

„Prima”, sagte Charlie, „das gefällt mir. Danke lieber Fuchs.”

Als eines Tages der Koffer wieder im Zimmer stand, da wusste Charlie, das Frauchen verreisen wollte. Frauchen war fleißig. Sie schleppte viele Sachen herbei und legte sie in den Koffer. Darauf hatte Charlie nur gewartet. Als Frauchen das Zimmer verlassen hatte, fing er an den Koffer auszuräumen. Alles flog durch das Zimmer. Pullover, Socken, Hemden, Hosen und viele andere Dinge, die Charlie gar nicht kannte.

Aber dann kam Frauchen. Charlie kroch unters Sofa, weil Frauchen so schimpfte. Und während sie weiter schimpfte, packte sie die Sachen wieder in den Koffer und machte den Deckel zu. Und nun war alles vorbei. Die Sachen waren drin, der Koffer war zu und am nächsten Tag war Frauchen weg.

Charlie hat sich mittlerweile daran gewöhnt, dass Frauchen ab und zu verreist. Und Frauchen hat sich dran gewöhnt, dass Charlie vor jeder Reise den Koffer ausräumt. So haben beide ihren Spaß am Rande des Müggelwaldes.