Milliardendesaster BER – kein Ende ohne Widerstand

Am 12. Dezember tagte – begleitet von einem lautstarken, aber medial (weisungsgemäß) kaum beachteten Protest der Berliner und Brandenburger Bürgerinitiativen – der Aufsichtsrat des BER.

Welche Bilanz hätte diese Sitzung für das zurückliegende Jahr ziehen müssen?

Die Kosten stiegen von 4,3 Milliarden auf 5,4 Milliarden und zusätzliche 2,2 Milliarden sind (vorläufig) schon angekündigt. Von den 150.000 Mängeln, die Flughafenchef Hartmut Mehdorn bei Amtsantritt verkündet hatte, sind im Dezember 2014 80 Prozent noch nicht beseitigt. Von den Brandschutzmängeln sind bisher sogar nur 15 Prozent erledigt.

Prognosen besagen, dass dann, wenn der BER jemals eröffnet wird, er bereits zu klein ist. Die Lufthansa will für die zwar im Planfeststellungsbeschluss erlaubten, aber noch nicht gebauten Ergänzungsterminals, sogenannte Satelliten, noch vor der Eröffnung Tunnel bauen, was eine weitere Verzögerung nach sich ziehen würde. Mehrere verantwortliche Manager wurden gefeuert wie der Technikchef Großmann wegen Korruption, Bereichsleiter Siegle wegen Illoyalität und Projektleiterin Töpfer wegen Unfähigkeit. Die Brandschutzanlage wurde zudem von einem Hochstapler geplant. Wo leben wir eigentlich?

Die alles entscheidende Frage der Öffentlichkeit nach dem Eröffnungstermin beantworteten Mehdorn und Technikchef Jörg Marks mit einem "Terminband" bis Herbst 2017, was bedeutet, es könnte irgendwann nach dem Probebetrieb 2018 geflogen werden. Zwei Tage danach schmeißt Mehdorn das Handtuch und will nur noch bis Mitte 2015 weiterwursteln. Bereits jetzt sei dadurch ein "Entscheidungsvakuum" entstanden, wie Anwälte der Flughafengesellschaft feststellen.

Das heißt, man offeriert dem Aufsichtsrat die vage Möglichkeit, dass sieben Jahre (!) nach dem geplatzten Eröffnungstermin vielleicht der neue Flughafen in Betrieb gehen kann. In sieben Jahren wurden schon weitaus größere Flughäfen gebaut, beispielsweise von 2006-2013 der in Dubai.

Was macht der Aufsichtsrat? Statt die Reißleine zu ziehen, einzusehen, dass an dem von Anfang an am falschen Standort in Schönefeld geplanten Flughafen nie ein funktionierendes, ohne Subventionen existierendes Drehkreuz für die deutsche Hauptstadt entstehen kann; statt die Chance für einen Neustart an einem geeigneten Standort mit privaten Investoren zu nutzen, wechselt er lediglich weitere Aufsichtsratsmitglieder aus und stimmt dem "Terminband" zu. Inzwischen ist kaum noch jemand da, der 2012 Verantwortung trug. Eine Chance für ein Umdenken allerdings ist durch diese Neubesetzungen bisher nicht zu erkennen.

Obwohl, Alternativen gäbe es genug in Schönefeld: Messe- und Ausstellungszentrum, oder Wissenschafts- und Forschungszentrum (vielleicht mit einer Forschungszentrale für Brandschutzeinrichtungen), oder Erholungs- Freizeit-, Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen, oder ähnliches.

Angesichts der momentanen Lage kann ich nachvollziehen, dass auch betroffene Bürger gegenwärtig wenig Lust haben, sich an Protesten zu beteiligen und erst einmal abwarten wollen. Ich bringe sogar Verständnis auf, dass angesichts der medialen Kampagnen nichtbetroffene Berliner glauben, dass wir uns nur mit extravaganten Schallschutzeinrichtungen gesundstoßen wollen, was meilenweit jenseits der Realität liegt, wie jeder Müggelheimer weiß.

Aber immer weniger verstehe ich, dass es offensichtlich so wenige Menschen stört, dass an diesem BER Jahr für Jahr Milliarden verschwendet werden, dass allein die Verzögerung der Eröffnung jährlich eine halbe Milliarde Euro kostet, während der Sanierungstau in den Schulen immer unerträglicher wird, und sich immer mehr Brücken und Straßen in einem katastrophalen Zustand befinden. Regelrecht wütend macht es mich, dass deutsche Gerichte Flugrouten absegnen, mit der Begründung sie schaden weder Mensch noch Umwelt; dass sie die erdrückenden Ergebnisse von medizinischen Studien über die Gesundheitsgefährdung durch Fluglärm vor allem nachts und bei Kindern, im Interesse der Lobby der Fluggesellschaften kleinreden; dass sie die Verletzung der DIN Normen für Lüfter durch die Flughafengesellschaft dulden und dass sie Versagern, wie dem ehemaligen flughafenchef Rainer Schwarz, der wie er jetzt selbst sagt, eigentlich für nichts verantwortlich war, aus formalen Gründen Millionen Steuergelder als Abfindung zugestehen. In meinen Augen wird hier Unrecht zu Recht. Wie sagte doch Bertolt Brecht: "Wo Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht!"

In diesem Sinne wünsche ich uns ein widerständiges Jahr 2015. Norbert Gustmann, Sprecherrat der BIM