Serie für den Natur- und Gartenfreund

Winter oder Frühling

von Marianne Schäfer

Strahlend blauer Himmel, Sonnenschein oder kalter Wind, grau und wolkenverhangen, eventuell noch etwas Schnee. Der alte Berliner würde sagen: Na wat denn nu, rinn in de Pantoffeln oder in de Stiefel? Tapfer haben sich die Schneeglöckchen, Krokusse und auch die Winterlinge aus der Erde geschoben und bimmeln so leise im Wind. Fest geschlossen sind noch ihre Blütchen. Die Blütenkätzchen der gewöhnlichen Hasel haben schon begonnen, ihre baumelnden Schwänzchen gelb zu färben. Sobald die Sonne die Luft etwas erwärmt, schweben gelbe Pollenschleier durch die Luft. Winterjasmin öffnet seine Knospen mit den gelben Blüten an geschützten Hausecken. Gelbe Priemeln und gelbe Osterglocken werden im Blumengeschäft angeboten. Der Frühling beginnt mit Gelb!

Der fehlende Schnee hat aber einige Pflanzen auch nicht von den eisigen Winden schützen können. Empfindliche Polsterstauden zum Beispiel, leiden oder vertrocknen. Immer wieder sieht man in dem Garten nach, ob nicht etwas zu tun ist. Noch könnte man Obstbäume in Fasson schneiden, Heckenwuchs korrigieren. Vogelnistkästen säubern, indem man das alte Nest raus nimmt und danach innen, allen Staub sauber ausbürstet. Der Kompost kann umgesetzt werden.

Wir Müggelheimer haben ein Problem: Wir brauchen für unsere Gärten, in unserem Ort eine Baumschule oder einen Pflanzenmarkt. Viele Dinge die man im Garten so braucht, wie Obst- und Zierbäume, Sträucher, Stauden, Ziergräser, Blumenzwiebeln, Samen, Dünger, Erden, Geräte, nichts ist hier in Müggelheim zu kaufen. Jetzt wäre Pflanzzeit! Wer seinen Garten liebt, der möchte vielleicht eine neue Hecke pflanzen, oder ein paar Rankpflanzen um eine Terrasse zu begrünen. Etliche Grundstücke sind neu bebaut worden, der gesamte Garten müsste gestaltet werden. Auch in der näheren Umgebung gibt es keinen Pflanzenhandel. Nicht in Gosen, Neu-Zittau und in Köpenick. So eine Situation hat es seit beinahe 100 Jahren hier nicht mehr gegeben! Ich erinnere mich: Wilhelm Köther hatte eine kleine Baumschule. Er veredelte sogar seine Obstbäume selber. Bei ihm hatte 1938 mein Vater die ersten Spalier-Obstbäume gekauft. Luise Köther hatte eine kleine Gärtnerei. Besonders für einjährige Pflanzen, wie Sommerblumen oder Gemüsepflanzen. Vor der Schule, an der Odernheimer Straße war die Gärtnerei von Knelke. Dieser Gärtner hatte Gewächshäuser und Frühbeetkästen. Daher konnte man da auch Topfblumen und Schnittblumen kaufen. So wie es jetzt ist, kann es nicht weiter gehen! Es hat doch nicht jeder Müggelheimer ein Auto!

Noch etwas hat sich in Müggelheim verändert: Das ist unser Wald. Der uns umgebende Kiefernwald hat uns bisher eindeutig vor großen Wetterextremen geschützt. Ich bin erschrocken wie durchsichtig der Wald nun geworden ist. Ganz eindeutig festzustellen ist, dass der Wald vorher viel Lärm und Staub abgefangen hat. Der Straßen- und der Luftverkehr ist bereits stärker geworden und wird noch wesentlich stärker werden. Es wird viele Jahre dauern, bis der Kiefernwald zu einem Mischwald, so wie er vor tausenden von Jahren in ganz Europa war, heran gewachsen ist und Schutz bietet.

Ein Waldspaziergang ist wohl nun längere Zeit so gut wie unmöglich. Markante Waldbäume, welche wegweisend waren, sind einfach nicht mehr da. Die Waldwege sind besonders für ältere Bürger nicht mehr begehbar. Er war mit seinem Dasein ein großes Erholungsgebiet, welches jetzt überall auf einmal unbegehbar ist. Warum musste das gleichzeitig in allen Revieren sein bis hin zum Grunewald? Ich trauere dem Gewesenen nach, weil ich weiß, dass es viele Jahre dauern wird, bis wir wieder sagen werden: Unser lieber, schöner Wald!