Immer unterwegs: Der Zirkus Hoppla Hopp – ein Zirkus für Kinder zum Anfassen

von Pamela Hauth

Es ist Ende Juni, es ist kühl und es regnet. Genau zu dieser Zeit baut der Zirkus Hoppla Hopp auf der Müggelheimer Kirchenwiese sein Zelt auf. Ich spreche mit dem Chef und Papa Sven Rogall vor seinem Zirkuswagen. Herr Rogall ist 39 Jahre alt. Er ist ein Mann vom Zirkus. Auch seine Eltern waren Berliner Zirkusmenschen. "Ich bin im Zirkus groß geworden, ich bin im Wohnwagen aufgewachsen und immer unterwegs, ich kenne nichts anderes", sagt er. Rogall ist eins von acht Geschwistern. Er ist 18 Jahre alt als der elterliche Zirkus in Berlin-Mariendorf Vorstellungen gibt. Dahin kommt gerne ein 15jähriges Mädchen, um die Tiere zu pflegen und zu putzen. Sie verliebt sich in Sven Rogall. "Meine Mutter hatte damals Angst, ich würde vom Zirkus weggehen und mir eine Wohnung suchen, da meine Frau ja aus keiner Zirkusfamilie stammt", sagt er. Aber die junge Frau geht mit ihm. Heute sind die beiden 20 Jahre zusammen und haben vier Kinder (16, 14, 11 und ein Baby 3 Wochen alt), die wie er im Zirkus leben. Mit 31 Jahren gründet Rogall seinen eigenen Zirkus und nennt ihn Hoppla Hopp, der Zirkus zum Anfassen. 

Seine Mutter und seinen Bruder, die noch den elterlichen Zirkus leiten, trifft er nun jedes Jahr im gemeinsamen Winterquartier. Dieses befindet sich auf einem alten LPG Gelände mit asphaltiertem Bodenbelag für die Zirkuswagen und Ställen für die Tiere. Dort wird Neues ausprobiert und so manches repariert. Die Winterpause beginnt am 5. Januar eines jeden Jahres und manchmal geht es Anfang Februar auch schon wieder los. Normalerweise jedoch erst Anfang März. Früher konnten sie länger in der Winterpause bleiben, da mehr Menschen die Vorstellungen besucht haben und die Kosten auch nicht so hoch waren wie heute, sagt er.

Wenn die Winterpause endet, zieht der Zirkus regelmäßig weiter. In diesem Jahr bereits fünf Mal. "Im letzten Jahr waren wir im Juni schon 30 Mal umgezogen. Wegen unseres Babys ist es dieses Jahr weniger. Es werden auch nur noch zehn Umzüge in diesem Jahr kommen", so der Zirkus-Chef. Nächstes Jahr wird es wieder anstrengender, da möchte er nach Dresden, in die Stadt. Da war ich noch nicht, sagt er. Das sich allerdings wegen der häufigen Umzüge weniger Dinge ansammeln, sei nicht das Fall, sagt er mit einem Lächeln. Nahezu alle 14 Tage heißt es, alles einpacken und weiterfahren. Da nur er den Lkw fahren kann, fährt er zehn Mal hin und her. Im nächsten Jahr hat sein Sohn auch einen Führerschein und so muss er selbst dann nur noch halb so oft hin- und herfahren bis alles verladen um umgezogen ist, erzählt er mit Freude und sichtbarer Erleichterung.

Herr Rogall ist genauso wie seine Kinder heute, alle 14 Tage, in eine andere Schule gegangen, immer an dem Ort wo der Zirkus sich gerade befand. Er sagt dazu: "Das war eigentlich ganz praktisch, wenn man den Lehrer nicht mochte, war man nach 14 Tagen wieder weg." Schulfrei ist für die Zirkuskinder allerdings der Zirkusreisetag. Früher, als Rogall noch zu Schule ging, wurde immer im Hausaufgabenheft gestempelt und geschrieben, von wann bis wann er in der Schule war und wie viele Fehltage er hatte. Mittlerweile gibt es eine Stammschule für die Kinder. Sie befindet sich beim Winterquartier. Dort gibt es eine richtige Akte vom Kind, eine Art Schultagebuch. Jede Schule muss einen Lernbericht ausfüllen. Dieser Bericht wird dann an die Stammschule geschickt, dies wird einmal im Jahr zusammengefasst und daraus die Zeugnisse erstellt. Früher war das nicht so. Zeugnisse haben wir nie bekommen, sagt Sven Rogall. In Nordrhein-Westfalen reisen sogar Lehrer mit den Zirkussen mit. In Berlin und Brandenburg gibt es das nicht, weiß er zu erzählen.

Für die Kinder heißt das, morgens in die Schule gehen. Nach Schulschluss gehen sie nach Hause und essen dort Mittag. Am Nachmittag haben sie einen Auftritt im Zirkus. "Meine Kinder sind voll mit dabei. Ich bin stolz darauf", sagt Rogall. Es wird geprobt, dressiert und die 23 Tiere (Ponys, ein Pferd, Kamele, ein Lama, Ziegen, Tauben und ein Hund) wollen versorgt sein. Es gibt immer Arbeit. Jeder hat seine Aufgabe im Zirkus und weiß, was er zu tun hat. Rogall kümmert sich jetzt schon um den nächsten Platz, an dem er mit Hoppla Hopp nach Müggelheim auftritt. Das wird in Stralau/Treptow sein. Er braucht Genehmigungen und Plakatierungen. In Müggelheim wird zeitgleich jeder Briefkasten mit einem Flyer für ihren Aufenthalt hier bestückt und in den Müggelheimer Läden werden Ermäßigungskarten verteilt. Früher war das anders, sagt Herr Rogall, "da kamen die Kinder schon angerannt, wenn der Zirkus in den Ort kam."

Seine Kinder traten meist im Alter von drei bis vier Jahren erstmals mit im Programm auf. Sie laufen dann einfach dem Papa Clown als kleiner Clown hinterher. Sie sehen es bei den Geschwistern und wollen das dann auch. Die kann man dann gar nicht mehr aufhalten, sagt er. Papa Rogall kann selbst viel und bringt es seinen Kindern bei. Außerdem kommt vom ehemaligen Staatszirkus ein Artist und bildet die Kinder aus. Zusätzlich gehen in der Winterpause die Kinder in Hamburg auf eine Artistenschule.

Seine Tiere sind alle in einem Zirkus geboren und von Sven Rogall selbst dressiert worden. Er wünscht sich, dass ihn die Tierschützer in Ruhe lassen würden. "Die machen die Plakate kaputt und erzählen Dinge, die nicht der Wahrheit entsprechen." An jedem ersten Spieltag am jeweils neuen Spielort kommt jemand vom Veterinäramt und überprüft den Platz und die Tiere. Kein Unternehmen in Deutschland, was mit Tieren zu tun hat, wird so streng überprüft wie ein Zirkus, sagt Herr Rogall. Zum Glück gibt es Richtlinien, an die er sich halten kann, sonst wäre es uferlos. Manchen Tierschützern kann man es allerdings nicht recht machen.

Da jeden Mittwoch und Donnerstag Familientag im Zirkus ist, gehe ich mit einem Teil meiner Familie in die Vorstellung. Vor dem Eingang treffe ich eine junge Frau mit ihrer kleinen Tochter. Auf meine Frage, ob sie auch in den Zirkus geht, antwortet sie ganz klar mit einem Nein. Sie sagt, es sei wegen der Tiere. Die tun ihr sehr leid. In der Hand hält sie Mohrrüben für die Tiere vom Zirkus, die sie nur füttern gehen wollte. Bei den Gehegen der Tiere treffe ich sie wieder. Ich frage sie, wie sie die Unterbringung der Tiere und deren Zustand findet. Für sie macht die Unterbringung einen sehr guten Eindruck. Sie holt ihr Geld und meint, sie schaut sich die Vorstellung nun doch an. Mit gemischten Gefühlen geht sie rein. In der Pause frage ich sie, wie sie die Vorstellung und den Umgang mit den Tieren findet und sie ist total begeistert. Sie meint, das ist ein echt toller Zirkus für Kinder und sie selbst fühlt sich in ihre Kinderzeit zurück versetzt. Die Tiere machen einen guten Eindruck, sagt sie. Man sollte nicht gleich urteilen, sondern sich erst mal selbst ein Bild machen, sagt die junge Dame lächelnd, bevor der zweite Teil der Vorstellung beginnt.