Umweltabgabe am BER– was ist das?

von Norbert Gustmann, Vorsitzender BIM e.V.

Können Sie sich eigentlich tatsächlich vorstellen, wie es sein wird, wenn der Flughafen wirklich mit vollem Flugverkehr irgendwann einmal eröffnet? Wenn durchschnittlich alle zwei bis drei Minuten ein Flugzeug startend oder landend unser (dann ehemals) wunderschönes Naherholungsgebiet, unsere (dann noch weiter entwerteten) Grundstücke, Wohnungen, Gärten, Spiel- und öffentliche Plätze überquert? Und zwar in noch geringerer Höhe als bisher, weil ja die Nordbahn des BER um ein Fünftel in Richtung Osten (also Bohnsdorf und Müggelheim) verlängert wird? Und in welchem Umfang sich damit unsere Lebensqualität verschlechtern wird? Auch wenn wir wissen, es ist der falsche Standort gegen den wir auch weiter kämpfen, macht es keinen Sinn, die Augen davor zu verschließen, dass die Eröffnung des BER auf uns zukommt.

Die BürgerInitiatveMüggelheim e.V. hat deshalb auf ihrer diesjährigen Vollversammlung beschlossen, allen Fragen der Lebensqualität in Müggelheim größere Aufmerksamkeit zu widmen:

  • Fragen der gesundheitlichen Gefährdung durch Lärm, Feinstaub, giftige Immissionen,
  • Fragen der Einschränkungen des sozialen Lebens im Ortsteil, der Veränderung von Lebensgewohnheiten, die bisher geprägt sind vom Leben in und mit der Natur im Freien,
  • Fragen der Gefährdung wirtschaftlicher Sicherheit durch einbrechende Grundstückwerte und fehlende Einnahmen aus dem Tourismus in der bisher beliebten Müggelseeregion,
  • Fragen der Auswirkungen auf unsere Umwelt, die Genießbarkeit der Früchte in unseren Gärten usw.

Und uns trieb auch die Frage um, wollen wir dem tatenlos entgegensehen oder gibt es Möglichkeiten, wenigstens einige der Auswirkungen zu mildern?

Die Antwort ist immer die gleiche, ja, aber es kostet Geld und dieses Geld wird von der Politik für Projekte wie den Flughafen verschleudert und nicht für Maßnahmen, die die Folgen des verdichteten Flugverkehrs für die Betroffenen verringern.

Deshalb hat die BIM e.V. auf der Ortsteilkonferenz mit Unterstützung der Ortsgruppe des BVBB unter großer Zustimmung der absoluten Mehrheit der Anwesenden vorgeschlagen, Geldquellen für die betroffenen Bürger im Umfeld des Flughafens zu erschließen.

Wir schlagen eine Umweltabgabe vor.

Das bedeutet, jeder Passagier, der am BER abfliegt oder ankommt muss bei den Fluggesellschaften einen Obolus entrichten, den diese eins zu eins zum Beispiel an eine Stiftung weitergeben muss. Diese wiederum fördert und bezahlt mit diesem Geld in den betroffenen Gemeinden und Ortsteilen Projekte, die einen gewissen Ausgleich für verlorene Lebensqualität schaffen können. Die Stiftung wird von Vertretern der Bürger und Bürgerinitiativen dieser Gemeinden und Ortsteile gegründet und von ihnen demokratisch verwaltet. Utopie? Keineswegs, es gibt Beispiele, wie am Flughafen in Wien und genau das wollen wir ganz gründlich studieren und auswerten.

Immerhin nach Besuchen von Vertretern der Flughäfen Amsterdam und Wien in Schönefeld geistert auch im Dialogforum des BER unter dem Begriff "BER-Taler" eine solche Abgabe herum. Nur sie wird mit immer haarsträubenderen Argumenten abgewiegelt, verschoben. Man gewinnt den Eindruck, es handelt sich lediglich um eine Alibi-Diskussion in einem Geheimklub unter Ausschluss der betroffenen Öffentlichkeit.

Genau das wollen wir uns nicht länger gefallen lassen und öffentlichen Druck ausüben, die Sache gemeinsam mit anderen betroffenen Gemeinden und Ortsteilen in unsere eigenen Hände nehmen.

Immerhin, wenn wir beispielsweise von jedem Passagier tagsüber nur 50 Cent und nachts einen Euro verlangen, dann sind das bei 30 Millionen Passagieren jedes Jahr mehr als 15 Millionen Euro, die den Ortsteilen und Gemeinden zur Verfügung stünden. Ist es zu viel verlangt, dass jeder Passagier, der ja auch auf Kosten unserer schwindenden Lebensqualität fliegen will, an die Betroffenen für Hin- und Rückflug einen Euro zahlt?

Denn Hauptziel eines solchen Umweltfonds soll es sein, vor allem jene Bürgerinnen und Bürger in der Region zu unterstützen, die durch den Flugverkehr besonders belastet werden. Wir wollen flughafenunabhängige und nicht von der Wirtschaftslobby bestimmte Untersuchungen zu den Auswirkungen des Flugverkehrs auf Gesundheit und Umwelt und möglicher Gegenmaßnahmen.

Ganz im Sinne des Ausgleichs des Verlustes an Lebensqualität können wir uns vorstellen, gemeinnützige Zwecke zu unterstützen wie:

Freizeitgestaltung, Sport und Erholung. Möglich wären vielleicht Indoorspielplätze, Sporthallen, Bürgerklubs für Jung und Alt usw.

Es geht um Maßnahmen zur Gesundheitsförderung, besonders Altersfürsorge und Gesundheitspflege.

Aber auch um Heimatkunde und Heimatpflege, Kunst und Kultur als wichtige Wohlfühlfaktoren in einem Ort.

Es geht um Projekte des Natur- und Landschaftsschutzes und um Verbesserungen der Infrastruktur, der Vorsorge vor Elementarschäden und anderem.

Was wir mit der Umweltabgabe aber auf keinen Fall wollen ist, die Flughafengesellschaft von ihrer finanziellen Verantwortung für den Schallschutz zu entlasten.

Wir stehen ja noch am Anfang unserer Überlegungen und des Gedankenaustausches mit Ihnen, liebe Müggelheimer. Sie werden mit Ihren Ideen aber auch ihrer Unterstützung für des Vorhabens "Durchsetzung einer Umweltabgabe" in den kommenden Wochen, vielleicht auch Monaten – vor der nächsten Wahl in Berlin – besonders gefragt sein. Es lohnt sich bestimmt auf diese Weise etwas für das Leben in den nächsten Jahren in Müggelheim zu tun, oder?

Vielleicht trägt ja die Diskussion um die Umweltabgabe in der Berliner Öffentlichkeit zu einem Umdenken und bei der Politik zur Umkehr bei.


Bundesregierung will Umweltschutz an Flughäfen verringern

Im Rahmen eines Gesetzes zum Luftverkehrsabkommen USA/EU will die Bundesregierung klammheimlich die bisher geltenden Umweltschutz-Standards in Deutschland, die der Luftverkehrswirtschaft schon lange ein Dorn im Auge sind, absenken. In der Gesetzesvorlage (BT-Drs. 18/5271) heißt es unter Artikel 15 (3) "Bei der Festlegung von Umweltmaßnahmen sind die Umweltschutzstandards für den Luftverkehr zu beachten, die von der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation angenommen und dem ICAO-Abkommen als Anhänge hinzugefügt wurden." Mit anderen Worten: Die Luftverkehrsindustrie soll die Standards für den Umweltschutz zukünftig selbst festlegen. D.h., die Bundesregierung macht den "Bock zum Gärtner", da die ICAO in erster Linie dem Luftverkehrswachstum verpflichtet ist.

Eine solche Regelung ist eine Bankrott­erklärung der deutschen Umweltpolitik, die hohen Klimaschutzziele werden konterkariert. Immerhin geht auch das Bundesumweltamt der Bundesregierung davon aus, dass Fliegen "die umweltschädlichste Art sich fortzubewegen ist". Kommt TTIP, bedeutet dies, dass allen Vorschriften, die über die Standards der ICAO hinaus gehen, Schiedsgerichtsverfahren drohen.

Für uns in Müggelheim bedeutet dies einen enormen Rückschritt. Statt höherer Standards, um die wir kämpfen, wird es dann niedrigere geben. Die Politik kann sich dann hinter "internationalen Regeln" verstecken. Protestieren Sie dagegen!

Unterstützen Sie die Petition von Ralf Geißner, Mainz, an die Abgeordneten des Deutschen Bundestages: "Der Deutsche Bundestag soll keiner Änderung des deutschen Umweltstandards für Flughäfen und den Luftverkehr zustimmen" (Drs.18/5271) Schreiben Sie an: Deutscher Bundestag, Sekretariat des Petitionsausschusses, Platz der Republik 1, 11011 Berlin oder finden Sie auf unserer Internetseite: http://www.bi-mueggelheim.de/ den Link zu dieser Petition. Sprecherrat der BIM e.V.