Der entmündigte Bürger

Lebhafte Diskussion über die Zukunft Müggelheims

von Bernhard Jurisch

Die Zukunft Müggelheims war Thema einer Diskussion, zu der der Ortsverband Köpenick der CDU am 11. April in den Dorfklub „Alte Schule” eingeladen hatte. Ausgangspunkt der lebhaften Diskussion war die viel gescholtene Entmündigung der Gemeinden und ihrer Bürger durch die Zentralisierung der Verwaltungen in allen Bundesländern: In den letzten Jahren wurde mehr als 20.000 Gemeinden die Selbstverwaltung entzogen; wurden mehr als 300.000 ehrenamtlich tätigen Bürgermeistern und Gemeinderäten ihre Aufgaben genommen und ihnen damit bedeutet, dass sie überflüssig seien, weil „man“ es zentral viel effizienter und kostengünstiger machen könne.
Das Kostenargument ist durch viele Gutachten zu diesem Thema widerlegt; was die Effizienz betrifft, so sorgte die Schilderung eines Mitglieds der BVV Tempelhof im Tagesspiegel für Gelächter und Kopfschütteln: Nach den gesetzlichen Bestimmungen löst der Antrag auf einen Zebrastreifen an einer gefährlichen Kreuzung einen Verwaltungsvorgang in 16 Schritten unter Einbeziehung einer Vielzahl von Behörden und Gremien aus, mit einer Dauer von über drei Jahren! Kosteneinsparungen sind marginal; dafür aber die gesellschaftlichen Schäden durch die Entfremdung der Bürger von ihren Heimatorten unermesslich groß. Wo sich früher der Bürgermeister gemeinsam mit einigen Ratsmitgliedern die wacklige Friedhofsmauer oder die Gefährlichkeit einer Straße ansah und der Rat dann kurzerhand einen Beschluss zur Vergabe des Auftrags fasste, setzt sich heute eine anonyme, für den Bürger nicht mehr einsehbare Maschinerie in Gang, bei der dann niemand mehr verantwortlich ist. Kein Wunder, dass die Bürger den Eindruck bekommen, dass sich niemand um ihre Belange kümmert.
Müggelheim ist ein gutes Beispiel, weil hier eine räumlich abgegrenzte, geschlossene Gemeinde vorliegt, die eben nicht nach der Eingemeindung in dem Meer der Großstadt aufgegangen ist. Zum Rathaus Köpenick muss man acht Kilometer durch den Wald. Wer kennt dort Müggelheim und wer kümmert sich? Gibt es einen Ortsentwicklungsplan, der die drohenden Beeinträchtigungen durch den BER nach dessen Eröffnung ausgleicht? Das im vergangenen Jahr vom Bezirksamt veröffentlichte „Bezirksregionenprofil Müggelheim“ beruhte auf einer im Jahr 2015 veranstalteten Ortsteilkonferenz unter Beteiligung der örtlichen Vereine und Bürger. Es ist aber die Schilderung eines Idylls ohne größere Probleme. Die unbestreitbaren Beeinträchtigungen durch Flug-
lärm und Ultrafeinstaub, die unsere Gärten unbenutzbar machen werden, bleiben außer Betracht. Es erscheint lebensfremd, dem Ort touristische Attraktivität zuzuschreiben und hierin große Entwicklungschancen zu sehen.
Bemängelt wurde in der Diskussion, dass es an einem stadtplanerischen Konzept für die Entwicklung des Ortes fehle. Dass jeder Investor hier noch das Xte Einkaufszentrum ohne städtebauliche Vorgaben wie z.B. Kleinzelligkeit der Bauten statt riesiger Hallen von architektonischer Belanglosigkeit in die noch verfügbaren Grundstücke setzen kann. Der Anger als Kern des Ortes wird weiterhin vernachlässigt; die Seitenstraßen sind nach wie vor in desaströsem Zustand. Irgendwelche konkreten Maßnahmen oder auch nur Projekte sind nicht zu erkennen.
Wie schon in der Konferenz 2015 kam erneut die Forderung nach einem Ansprechpartner für die Belange der Bürger auf. Sollte man nicht einen „Gemeinderat“ gründen, der als solcher Ansprechpartner dient, Vorschläge diskutiert und dann in die Gremien der BVV einbringt? Das Problem hierbei ist, wie bei allem bürgerschaftlichen Engagement, ob die Bürger bereit sind, sich daran zu beteiligen. Forderungen aufstellen ist eine Sache, etwas dafür zu tun eine ganz andere!
Eine Vielzahl von Anregungen aus dem Kreis der Teilnehmer wurde von Ralph Korbus, Mitglied der BVV, aufgenommen und in die Ausschüsse der BVV eingebracht. Wichtig ist aber, was wir selbst dafür tun, um den Ort zur Heimat zu machen. Wer Ideen hat oder mitmachen will, sollte sich melden.