Wenn Kinder krank werden, ist oft guter Rat teuer!

von MR Dr. Rolf Förster

Warum ist das so? Hauptsächlich, weil Hausärzte, die ja eigentlich Familienärzte sein sollten, meistens Kinder unter 14 Jahren kaum noch behandeln. Es werden erfreulicherweise mehr Kinder geboren, die Kinderärzte sind aber überlastet und den Eltern bleibt oft nichts weiter übrig, als mit kranken Kindern die überforderten Rettungsstellen der Krankenhäuser zu bevölkern mit stundenlangen Wartezeiten.
Hier deshalb ein paar Hinweise und Ratschläge eines erfahrenen Arztes, der sich auch gut mit Kinderkrankheiten auskennt: Wenn Ihnen bei Ihrem Kind etwas komisch vorkommt, wahrscheinlich kränkelt es, aber: noch trinkt und isst es gut, hat kein Fieber, klagt nicht über Schmerzen, lacht und spielt dafür, atmet ruhig, z.B. durch die Nase oder mit Schnuller im Mund, reagiert adäquat, antwortet, beschäftigt sich mit seinem Spielzeug oder lässt sich ablenken vom Kranksein, dürfte es insgesamt zwar krank, aber nicht lebensbedrohlich erkrankt sein. Also erst mal den Verlauf beobachten.
Sogenannte „Red Flags“, also Symptome und Krankheitszeichen, die volle Aufmerksamkeit und Achtungszeichen setzen sollten, die uns eben aufhorchen lassen, sind beispielsweise wenn Babys unter einem Jahr, noch schlimmer unter einem halben Jahr, Fieber haben (über 38°C ), dann ist meist „etwas im Busch“. Wenn dann Säuglinge nichts mehr trinken wollen, sich nicht beruhigen lassen oder auffallend still sind – ab zum Kinderarzt. Nichtansprechbarkeit, sogenannte Lethargie, oder Bewusstseinseintrübungen, sind absolute Alarmzeichen. Bei Atemnot, fehlender Stimme, Säuglinge, die nicht mal mehr schreien, vielleicht noch sogenannte Einziehungen, also sichtbare Atmung an den Rippen oder oberhalb des Brustbeines zeigen, sehr schnelle Atmung und quietschende oder feinknisternde Geräusche aufweisen, auffallende Blässe oder Dunkelfärbung des Gesichtes (Zyanose) – das sind Notfälle, egal in welchem Alter. Sofort die 112 anrufen! Klar sind kranke Kinder müde, wenn sie aber nicht aufweckbar sind, sich gar nicht mit Spielen oder Ablenkung aufmuntern lassen, muss das eben zu denken geben!
Kinder mit Schmerzen sollten dies nicht aushalten müssen, denn es gibt ja Mittel wie Paracetamol und Ibuprofen. Natürlich dürfen diese Schmerzmittel bei Kindern mit z.B. Ohrenschmerzen, erst einmal verabreicht werden, bevor man am anderen Morgen zum Arzt geht. Wenn aber die Schmerzen an Kopf, Bauch, Rücken, v.a. auch nach Stürzen, die Kinder derartig einnehmen, dass die erwähnten Schmerzmittel nichts mehr ausrichten und die Kinder sich nicht mehr beruhigen lassen, Säuglinge nichts mehr trinken wollen und große Kinder sich vor Schmerzen nicht mehr bewegen, auch das auffällige stille Kind: ab zum Doktor.
Ausschläge: Hier sind nicht irgendwelche Pickelchen gemeint, auch nicht Ausschläge bei Windpocken, Ringelröteln oder Scharlach – dies sind eigentlich keine dermatologischen Notfälle, sondern haben Zeit bis zur nächsten Sprechstunde. Ausschläge, die echte Sorgen machen, sind sogenannte Petechien (Einblutungen in der Haut), erkennbar daran, dass die Rötung auch bei Druck auf die Haut nicht verschwindet, sie blasst nicht ab. Hier kann sich eine schwere Sepsis ausbilden, wie sie bei Hirnhautentzündungen vorkommt: Ein Notfall!
Allgemein gilt: Ist der Kinderarzt bei diesen sogenannten „Red Flags“ nicht erreichbar, ab in die nächste Notfallklinik oder – insbesondere bei Atemnot, nicht Ansprechbarkeit oder Verdacht auf Hirnhautentzündung – die 112 wählen!
Im Allgemeinen muss man natürlich bei Fieber durch Erkältungsinfekte nicht in Panik verfallen. Hier einige Tipps zur häuslichen Behandlungsmöglichkeiten. Weitere Tipps und die neuestes Richtlinien bei Verbrühungen und Verbrennungen, später.

Behandlungshinweise zum fiebernden Kind

Das Auftreten von Fieber bei einem Kind löst verständlicherweise bei Eltern, aber auch zum Teil bei den behandelnden Ärzten, große Sorge aus. Fieber wird definiert als eine rektale Temperatur über 38°C. Die rektale Temperaturmessung bleibt der Goldstandard. Die Ohrtemperaturmessung ist zwar schnell, leichter zu handhaben und angenehmer für die Kinder, aber die Sensitivität ist unzureichend. Fieber ist keine Krankheit, sondern eine in der Evolution konservierte Reaktion des Körpers auf externe oder interne Stimulie. Die Steuerung durch das Zentralnervensystem spricht dafür, dass die Temperaturerhöhung einen Überlebensvorteil darstellt. Eine Erhöhung der Temperatur führt zur Hemmung der Vermehrung von Viren und Bakterien und zu einer positiven Beeinflussung der Immunität gegen die Erreger. Die Temperatur ist in den frühen Morgenstunden am niedrigsten, am höchsten in den frühen Abendstunden. Fieberfrei ist man eben erst, wenn die Abendtemperatur im Normbereich ist.
In den allermeisten Fällen erscheinen fiebernde Kinder wenig beeinträchtigt. Ist es aber der Fall, dass das Kind zyanotisch, kurzatmig oder gar punktförmige Unterhautblutungen aufweist und die rektale Temperatur über 40°C beträgt, also das Kind einen schwer kranken Eindruck macht, ist eine stationäre Aufnahme unumgänglich. Fieber bei Neugeborenen ist eine Seltenheit und gerade bei diesen Kindern ist bei Fieber in zehn Prozent der Fälle mit einer schweren bakteriellen Neugeboreneninfektion zu rechnen und die stationäre Aufnahme erforderlich.
Es ist wichtig, dass die Eltern mehr über eine engmaschige Beobachtung des fiebernden Kindes aufgeklärt werden und auf die Zeichen einer schweren Erkrankung achten (Atmung, Haut, Verhalten und Bewusstseinszustand des Kindes) als auf Normalisierung der Körpertemperatur. Inzwischen wird ein routinemäßiger Einsatz von fiebersenkenden Mitteln (Antipyretika) bei anderweitig unauffälligen Kindern bei Fieber nicht mehr empfohlen! Dafür ist auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr (50-80 ml/kg Körpergewicht) zu achten. Fiebersenkende Mittel behandeln nur die Symptome, die Viruslast und damit die hohe Ansteckungsgefahr durch die erkrankten Kinder bleibt jedoch erhalten. Bettruhe und Auskurierung vor jeglichen Belastungen sind dringend empfehlenswert (z.B. mindestens eine Woche Befreiung vom Schulsport).
Antipyretika, also fiebersenkende Mittel, sollten nur eingesetzt werden, wenn das Kind

  • stark beeinträchtigt ist
  • sehr hohes Fieber hat (mehr als 39°C)
  • nur sehr wenig Flüssigkeit zu sich nimmt
  • Fieberkrämpfe in der Familie bekannt sind.

Antipyretika werden dann nach Gewicht und nicht nach Alter dosiert. Erste Wahl ist dabei das Paracetamol aufgrund der langen Erfahrungen mit der Sicherheit dieses Medikamentes. Die Dosierung beträgt 10-15 mg/kg alle vier bis sechs Stunden. Es wirkt innerhalb von 30-60 Minuten. Rektalverabreichung ist sinnvoll bei Erbrechen oder eingetrübtem Kind. Die Dosierung von Ibuprofen beträgt 10mg/kg Körpergewicht alle sechs Stunden, maximal 40mg/kg pro Tag. Der Haupteffekt wird hier nach drei bis vier Stunden erreicht und hält sechs bis acht Stunden an.
Physikalische Maßnahmen bedeuten eine Zuwendung für das erkrankte Kind und dies trägt zweifellos zur subjektiven Linderung der Beschwerden bei. Allerdings wird von den berühmten Wadenwickeln oder gar kühlen Bädern ohne Verabreichung von Antipyretika abgeraten (außer bei Hitzschlag). Wichtig aber ist die Bettruhe des Kindes in einem nicht überhitzten, ruhigen Raum. Nochmals: Keine Panik, im Allgemeinen ist die Erkenntnis wichtig, dass Fieber dem Kind meist mehr nutzt als schadet und dass fiebersenkende Stoffe die natürliche Funktion des Fiebers vermindern.
Bei Infektsymptomen mit Husten, Schnupfen etc. erst einmal pflanzliche Atemwegstherapeutika benutzen, die sekretlösende, keimhemmende und immunstimulierende Effekte aufweisen. Hier haben sich neben Dampfinhalationen mit maximal 47° C heißem Wasser und kurzfristig abschwellende Kindernasentropfen, die pflanzlichen Kompositionen mit Menthol und Cineol, Myrtol oder Gentiana-Extract bewährt. Ätherische Öle aus Thymian, Melisse, Pfefferminze oder Eucalyptus sind ebenfalls eine Option. Unter einer Kombination aus Phytopharmaka mit beispielsweise Thymian, Efeu oder Primel lassen sich Hustensymptome gut lindern. Senföle entfalten sogar antibakterielle Wirkungen.
Bei trockenem Husten helfen reizlindernde Schleimstoffe wie Spitzwegerich, Isländisches Moos und Eibisch etc. Bei Säuglingen und Kleinkindern dürfen Zubereitungen aus ätherischen Ölen nie im Gesicht aufgetragen werden. Bei den meisten Kindern, die älter als zwei Jahre sind, ist eine symptomatische Therapie mit abwartendem Verhalten bezüglich Antibiotikagabe gerechtfertigt.
Fieber ohne erkennbare Ursache stellt eine besondere Herausforderung dar und sollte durch wiederholte körperliche Untersuchungen von einem mit Kindern erfahrenen Arzt abgeklärt werden. Denken Sie auch an den Extrakt der Zistrose (Tees, Rachensprays, Lutschtabletten), die Kindern zur Infektverhütung verabreicht werden sollten, wenn sie Kontakt zu infektkranken Personen haben oder hatten.
Hinweise zu weiteren Erkrankungen beim Kind demnächst.