Müggelheimer Bote
7. Jahrgang, Ausgabe 08/2001  
August 2001 Home  |  Archiv  |  Impressum


 

Schule schlägt Alarm: Gewaltbereitschaft unter Kindern nimmt bedrohliche Ausmaße an

Müggelheims Eltern und Lehrer schlagen Alarm: Die Gewaltbereitschaft an der Grundschule ist in den vergangenen Jahren erheblich gestiegen. „Es ist noch nicht so, dass die Kinder mit Messern um sich schmeißen, aber so, dass wir erkennen, es gibt Probleme, die wir rechtzeitig angehen wollen, bevor es eskaliert“, bringt es Gesamtelternvertreter Gunnar Heyne auf den Punkt.

An der Müggelheimer Grundschule haben sie weniger mit Diebstählen zu tun, auch Sachbeschädigung gibt es so gut wie keine mehr. „Inzwischen haben aber die üblichen Raufereien eine andere Dimension eingenommen. Da wird gewürgt, wird auf Kinder eingetreten und geschlagen, die schon auf dem Boden liegen“, sagt Heyne. Allerdings hätte es schon einige Dritt- und Viertklässler gegeben, die außerhalb der Schule mit Messern gesehen worden seien. Kinder haben sich fast erwürgt, weil einer dem anderen nicht zu Gefallen war. Sticheleien und Provokationen, bis das gepiesackte Kind nur noch Rot sieht, sind an der Tagesordnung.

Das Problem, dass Elternvertreter und Pädagogen haben: Grundsätzlich glauben die Eltern solcher Raufbolden erstmal ihren Kindern. Schuld waren immer die anderen. „Die Eltern auffälliger Kinder sind auch grundsätzlich nicht bei den Elternversammlungen, so dass man das Thema dort nie ausdiskutieren kann“, bedauert Heyne. Die mangelnde Bereitschaft der Eltern, auf das eigene Kind einzuwirken, führe dazu, dass Lehrer keine Ursachenforschung betreiben könnten. Das zöge wiederum nach sich, dass sie nur unzureichend auf das Verhalten der Kinder reagieren könnten.

„Wir wollen unser idyllisches Flair hier erhalten und nicht in eine soziale Problemlage hineinschlittern”, begründet Heyne die Suche nach Lösungsansätzen.

Das Problem dabei: Kinder müssen für andere Sachen interessiert werden, müssen die Möglichkeit haben sich auszutoben. Doch das ist in Müggelheim so gut wie kaum möglich - jedenfalls nicht gesteuert. „Wir haben weder einen vernünftigen Schulhof, auf dem die Kinder sich austoben können, noch genügend Vereine für den Nachmittag in Müggelheim”, sorgt sich der Vater von drei Kindern. Vor allem die begehrten Ballsportarten fänden im Ort überhaupt nicht statt. Doch Kinder müssen beschäftigt werden und an neue Interessen herangeführt werden, wenn sie nicht auf dumme Gedanken kommen sollen.

Als erstes wird jetzt die Schulhofgestaltung vorangetrieben. Dazu beitragen soll wieder ein Arbeitseinsatz von Eltern und Lehrern Anfang Oktober. Vor allem richtige Spielgeräte fehlen. Über den Förderverein soll zumindest eine Hangrutsche gekauft werden. Außerdem sucht Heyne nach weiteren Fördertöpfen, auf die zurückgegriffen werden könnte.

„Wir suchen aber noch nach weiteren Ideen, um diese Gewalt-Ansätze im Keim zu ersticken. Wer uns sagen kann, wie wir auf die entsprechenden Kinder einwirken, oder was wir ihnen hier noch an Beschäftigungen bieten könnten, sollte sich bitte melden“, ruft Heyne auf.

Einige Dinge gibt es bereits in Müggelheim, aber noch viel zu wenige. Vor allem solch beliebte Sportarten wie Fußball oder Leichtathletik finden hier nicht statt.

Was es bisher gibt: Kanu, Segeln, Akrobatik, Tennis, Kampfsport, die Jugendfeuerwehr, den Jugendclub Mügge und wenige Kurse der Musikschule (Gitarre, Flöte, Früherziehung). Alles in allem nicht ausreichend, um Kinder innerhalb Müggelheims ohne weite Fahrwege sinnvoll zu beschäftigen. Vielleicht gibt es die Möglichkeit auch hier Fußball anzubieten, zumindest, wenn der Sportplatz fertig ist. Keramikkurse, Malzirkel oder ähnliches für Kinder wären auch Möglichkeiten. Vielleicht könnte man auch mit den Förstern über einen ausgewiesenen Fahrrad-Trail sprechen, der die Möglichkeit bietet, sich offiziell zweirädig im Wald auszutoben, eventuell sogar als geführte Gruppe.

Also: Ideen sind gefragt, sorgen Sie mit Engagement und Courage dafür, dass Müggelheim nicht zum sozialen Randgebiet wird. „Wir gehören zwar offiziell zu Berlin, aber in Wirklichkeit kümmert es keinen, was hier draußen passiert”, kritisiert Heyne und ruft zur Selbsthilfe auf. sip

Diese Seite drucken  |  Seitenanfang