Müggelheimer Bote
10. Jahrgang, Ausgabe 8/2004
August 2004
Müggelheimer Bote

Inhalt
Neue Wasserrettungsstation am Kleinen Müggelsee noch ohne Genehmigung
Per Bike und per Pedes rund um den Müggelsee
Possierliche Tierchen im Vormarsch
Wasser, Wald und Fische - das neue Bezirkswappen
Hickhack um die neue Baumschutzverordnung
Eltern kämpfen für Gesamtschule Neu-Zittau
Weitere Meldungen
Gedanken aus Müggelheim
Aus der BVV
Leserbriefe
Kleinanzeigen
Kirche
Serie für den Natur- und Gartenfreund
Geschichten aus dem Müggelwald
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Müggelheimer Bote
 

Possierliche Tierchen im Vormarsch

Waschbären erobern die Stadtgrenze - und Müggelheim?

von Simone Jacobius

Wenn in den Häusern seiner unfreiwilligen Mitbewohner die Lichter ausgehen, wird er munter: der Waschbär (Procyon Lotor). Aus Löchern, die er ins Dach genagt hat, aus Kaminen, aus Gartenlauben klettert er ins Freie und geht auf Nahrungssuche. Waschbären sind sehr anpassungsfähige und neugierige Tiere. Außerdem sind sie Allesfresser – eine gute Voraussetzung für das Leben in der Stadt.

Kassel kann da bereits ein Lied von singen, auch Buckow in der Märkischen Schweiz hat bereits einschlägige Erfahrungen. In Erkner hat sich die Population schon so vermehrt, dass die possierlichen Tierchen zum Abschuss freigegeben sind. Nur Müggelheim ist noch „verschont“. „Wir haben eine sehr, sehr dürftige Waschbär-Population in unseren Wäldern. Ich bin vielleicht zwei, drei Mal einem begegnet“, erzählt Revierförster George Majumder. Dennoch räumt er ein, dass die Tiere auf dem Vormarsch seien.

Vereinzelte Müggelheimer haben berichtet, dass sie den „Ringelschwanz“ in den Abendstunden auf ihrem Autodach haben ruhen sehen. Majumder warnt vor Verwechslungen: „Der Waschbär hat sehr viel Ähnlichkeit mit dem Marderhund, der auch einen geringelten Schwanz hat.“ Und der Marderhund wiederum sei nicht zu verwechseln mit dem Marder, der weitaus kleiner sei. Marderhunde würden etwa acht Kilo auf die Waage bringen, die kleineren Marder hingegen höchstens zwei.

Der Waschbär gehört zur Familie der Kleinbären und zur Ordnung der Raubtiere. Charakteristisch für ihn ist die etwas gedrungene, bucklige Gestalt, die Gesichtsmaske mit einer über die Augen verlaufenen braunschwarzen Binde und der grau-schwarz quergeringelte Schwanz. Die Farbe des Fells variiert in den unterschiedlichsten Grautönen. Der Kleinbär kann 70 bis 85 Zentimeter lang werden, wovon 20 bis 25 Zentimeter auf den Schwanz entfallen – damit lässt er sich von der Größe her zwischen Katze und Fuchs einordnen. Er ist ein schlechter Sprinter und ein miserabler Springer, aber ein ausgezeichneter Kletterer und Schwimmer. Er ist farbenblind, hat aber einen hervorragenden Geruchssinn, ein gutes Gehör und in den Vorderpfoten eien hochentwickleten Tastsinn.

Der Waschbär stammt ursprünglich aus Nordamerika , wo er hauptsächlich Laub- und Mischwälder mit altem Baumbestand in Wassernähe besiedelt. Als dämmerungs- und nachtaktive Tiere verbringen Waschbären den Tag in schwer zugänglichen Verstecken, wie Baum-, Fels- oder Erdhöhlen. Im Siedlungsbereich versteckt sich der Kleinbär gerne in verlassenen Gebäuden, Scheunen oder Ställen. Aber auch Keller, Garagen, Dachböden und Abwassersysteme werden als Quartier genutzt.

Im Winter halten die Tiere in ihren Verstecken oft wochenlang Winterruhe, werden aber sofort aktiv, wenn der Frost vorbei ist. In Europa begann die Verbeitung des kleinen Raubtiers erst im Jahr 1934 mit der Aussetzung von vier Waschbären in Hessen – zur „Bereicherung der heimischen Fauna“, wie es hieß. Durch Ausreißer und Bombentreffer auf Pelztierzuchtfarmen vermehrten sich die Tiere zügig. Inzwischen wird ihr Bestand in Europa auf einige hunderttausend geschätzt.

Die Zahl der bei der Jagd getöteten Tiere ist in den vergangenen Jahren in Brandenburg deutlich gestiegen. Während 1972 nur ein Waschbär gefangen wurde, wurden bereits Mitte der 90er-Jahre 200 erlegt. Im vergangenen Jahr waren es bereits 3137 - allein die Hälfte in Märkisch-Oderland. Tendenz steigend.

Der Waschbär zählt zu den Allesfressern, im Frühjahr bevorzugt er tierische Nahrung wie Regenwürmer, Schnecken, Insekten, junge Vögel und Mäuse. Im Sommer und Herbst steigt er auf pflanzliche Kost um mit Früchten und Samen.

Auch wenn die Population um Müggelheim ansteigen sollte, besteht kein Grund zur Sorge. Grundsätzlich sind Waschbären nicht agressiv und greifen keine Menschen an. Dennoch bleiben es Wildtieren, die man trotz aller Possierlichkeit nicht anfassen oder anlocken sollte. Man weiß nie, wie sie bei Angst oder Unsicherheit reagieren.

Um sein Grundstück vor unerbetenem „Ringel-Besuch“ zu schützen, gelten ähnliche Regeln, wie bei Wildschweinen: Mülltonnen und Abfälle unzugänglich aufbewahren (mit Spanngummis sichern); Gelbe Säcke erst am Tag der Abholung herausstellen; Fleisch, Fisch, Milchprodukte und Obst nicht auf den Kompost werfen, unproblematisch sind Garten- und Gemüseabfälle; Futter für Haustiere nicht über Nacht im Garten stehen lassen; Fallobst sammeln und reifes Obst ernten; Obstbäume mit einem mindestens ein Meter hohen Blechring am Stamm gegen Hochklettern schützen.

Um sich vor den ungebeten Untermietern zu schützen: mögliche Schlupflöcher schließen; Schornstein mit Metallgitter schützen; Blechabdeckungen mit einer Breite von mindestens einem Meter über den Fallrohren der Regenrinnen anbringen.

Wenn Sie noch mehr Infos über die Waschbären haben möchten: Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Berlin hat eine Broschüre dazu herausgegeben - „Wildtiere im Stadtgebiet“.