Mit viel Spaß auf Erfolgskurs

Die Müggelheimerin Pauline Jagsch gehört inzwischen zu den Großen im Kanusport und macht Hoffnung auf mehr

Von Simone Jacobius

JAGSCH

Paulines Erfolgsrezept: Spaß an der Sache statt krankhafter Ehrgeiz. So hat sie in diesem Jahr bereits diverse Meister- und Vizemeistertitel errungen. Mal schau'n, was noch kommt...

Auf dem Wasser hat sie sich schon immer wohl gefühlt. „Ich bin in Müggelheim aufgewachsen“, erklärt Pauline Jagsch, warum sie dort in ihrem Element ist. Mit fünf Jahren setzte sie sich erstmals ins Kanu – inzwischen zieren viele Pokale und Medaillen ihr Zimmer. Gerade 2021 war ein ganz großes Jahr für sie: Deutsche Meisterin, Europavizemeisterin, Vizeweltmeisterin...

„Ich komme aus einer Wasserfamilie. Aber für mich war der Kanu-Sport immer nur Spaß. Eigentlich wollte ich nie Leistungssport machen.“ Doch manchmal kommt es anders, aber vielleicht ist genau diese Lockerheit, mit der sie als kleines Mädchen an den Sport heranging, ihr Erfolgsrezept. Aus dem kleinen Mädchen ist inzwischen eine große Frau geworden: 185 Zentimeter groß. „Bei den Mädels kennt man wenige so große Frauen“, sagt sie, das gibt ihr in ihrem Sport von Natur aus eine gewisse Überlegenheit mit. „Rudern wäre noch besser, ich will bloß nicht rückwärts fahren.“

Pauline Jagsch ist eine fröhliche junge Frau. Sie lacht viel und erzählt gerne. Beispielsweise, dass Paddeln für sie am Anfang nur eine reine Freizeitbeschäftigung war. Richtiger Leistungssport war nicht ihr Ding. „Ehrgeizig bin ich schon, aber nicht so verkrampft“, sagt sie. Trotzdem zählte sie in Berlin stets zu den Besten, gewann Meistertitel. 2018 wurde sie deshalb erstmals zum Berliner Verbandstraining eingeladen. Normalerweise sind da nur SportschülerInnen dabei. Nun also auch Pauline, die zu dem Zeitpunkt schon mehrere Berliner Meistertitel gewonnen hatte, aber überrascht war sie damals schon von der Einladung. Am Ende präsentierte sie sich so gut beim Lehrgang, dass sie bei der Jugend Deutschen Meisterschaft starten durfte. 

Seitdem „geht es nur noch bergauf“, berichtet Pauline Jagsch. Und für sie war ab dem Zeitpunkt klar: Sie will Paddeln doch als Leistungssport betreiben mit Sportschule und allem drum und dran. Sie wechselte vom Köpenicker SC zum SC Berlin-Grünau, „weil das der professionellste Verein ist“. Sie besucht seit 2019 die sportbetonte Flatow-Oberschule (bis zum MSA war sie auf dem Emmy-Noether-Gymnasium), trainiert ein- bis zweimal täglich. Das  funktioniert nur, weil sie inzwischen in Grünau im Internat wohnt und nur an den wettkampffreien Wochenenden zu Hause in Müggelheim ist. Nächstes Jahr will sie ihr Abitur machen.

Die Erfolge blieben nicht aus. Gemeinsam mit Mitschülerin Lena Röhlings gewann sie bei den deutschen Jugend-Meisterschaften im K2 Gold, das erste richtige Gänsehaut-Gefühl. „Das war der bisher emotionalste Moment, den ich im Sport erleben durfte. Ich hatte Gänsehaut. Es hat sich so unwirklich angefühlt.“ 

2019 trat sie zum zweiten Mal bei den deutschen Nachwuchs-Meisterschaften an. Sechs Wettbewerbe, sechs Medaillen. „Das hat mir gezeigt, dass ich mich richtig entschieden habe“, erzählt sie. Dann kam auch Ehrgeiz mit ins Spiel. Aber alles ohne sich den ganz großen Druck zu machen, denn bei Pauline geht’s trotz allem noch immer um den Spaß. Dann bringt sie die besten Leistungen. Und seit 2018 hatte sie viel Spaß, da kann auch das Corona-Jahr 2020 nichts gegen machen.

Die Erfolgsserie riss nicht ab, trotz erschwerter Bedingungen durch Corona. So hat sie im Juni bei den Jugend-Europameisterschaften in Posen im K1 über 500 Meter den zweiten Platz erreicht. Außerdem wurde sie im K2 über die gleiche Distanz Dritte in einem Boot mit Gesine Ragwitz. Deshalb wurde sie auch zu Berlins Nachwuchssportlerin des Monats August gewählt. Sie ist inzwischen nur noch einen Hauch von der Leistungsspitze im Damenbereich entfernt.

Ein Leben ohne Kanu kann sich Pauline Jagsch gar nicht vorstellen, auch wenn es irgendwann vielleicht nur noch Freizeit ist. „Es ist faszinierend, so frei zu sein auf dem Wasser, die Umgebung einfach nur genießen zu können”, sagt sie. Ihre Lieblingsstrecke ist übrigens die 500-Meter-Distanz – ein Zwischending aus Sprint, „den ich gar nicht kann”, lacht sie, und Langstrecke.

Natürlich hat sie sich die Wettbewerbe bei den Olympischen Spielen in Tokio angeschaut. Dort nahmen auch etliche Athleten und Athletinnen teil, die zu ihrer Trainingsgruppe unter Lars Kober gehören. Ist das auch ihr Ziel? „Olympia ist das Coolste, was man so erreichen kann“, antwortet Pauline Jagsch, „ich sehe aber auch, wie viel Arbeit dahintersteckt.“ Dennoch: „Wenn es weiter so gut passt, würde ich das auch machen.“ 2024 in Paris könnte sie sich, wenn es gut läuft, schon vorstellen... Mit ganz viel Spaß, versteht sich. Übrigens ist auch Lars Kober eng mit Müggelheim verbunden gewesen. Als er im Sommer 2000 den dritten Platz bei den Olympischen Spielen in Sydney belegte, berichteten wir im Müggelheimer Boten über den „Müggelheimer Jung” (Ausg. 10/2000). Jetzt also über Pauline aus seiner Trainingsgruppe... Wir sind gespannt, was da noch kommt.