Müggelheimer Bote
7. Jahrgang, Ausgabe 01/2001  
Januar 2001 Home  |  Archiv  |  Impressum


Diepgen gut im Zeitplan?

Bemerkungen zu einem Interview

Bereits seit 1996 ist Herr Diepgen mit seinem Flughafen stets im Zeitplan. Daran ändern auch die bisher erfolglosen Privatisierungsversuche und die Verschiebung der Erörterung um mehr als ein halbes Jahr nichts. Und weil sich Herr Diepgen beim Thema Flughafen gern an den Realitäten orientiert, korrigiert er einfach nach jeder Verzögerung seinen Zeitplan und schon stimmt für ihn die Welt im Rathaus wieder!

Was Herr Diepgen in seinem kürzlich dem Flughafenmagazin „Gate 21” gegebenen Interview außerdem an Weisheiten zur Flugverkehrspolitik von sich gab, entspricht dem Niveau des sogenannten Konsensbeschlusses von 1996: öffentlich-rechtlich völlig unverbindlich, in schöne Worte verpackt und geprägt von provinzieller Inkompetenz.

Wir orientieren uns ebenfalls an den Realitäten, doch wir sehen andere als Herr Diepgen: Kein Baurecht, kein Geld, kein Grund und Boden, kein Investor, keine Chance auf uneingeschränkten Nachtflug sowie fehlerhafte und methodisch höchst zweifelhafte Planungsunterlagen. Mit unserer Beurteilung der Realitäten sind wir allerdings nicht so allein wie Herr Diepgen mit der seinen.

Die zuständigen Regierungsbehörden in Berlin und Brandenburg sehen das Projekt ebenfalls weitaus realistischer als Herr Diepgen. Würde er sich deren Stellungnahmen ansehen, er käme aus dem Staunen nicht heraus. Mit kritischer Distanz und fachlicher Sorgfalt hat zum Beispiel Herrn Strieders Behörde ihre Bedenken gegen die Details des Projektes geltend gemacht. Auch das Brandenburgische Umweltministerium sieht eine Reihe von grundsätzlichen Problemen, die der verfahrensführenden Behörde wohl noch einiges Kopfzerbrechen bereiten werden. Nicht zuletzt kommen unabhängige deutsche Lärmwirkungsforscher in ihren Stellungnahmen, die sie pikanterweise im Auftrag von Regierungsbehörden angefertigt haben, zu vernichtenden Urteilen über die lärmmedizinischen Gutachten des Antrags. Und diesen Einschätzungen der Wissenschaftler schließen sich auch ihre Auftraggeber an!

Man kann nur vermuten, daß Herr Diepgen dieses Material entweder nicht kennt oder dessen Brisanz absichtlich ignoriert. Wer wie er noch immer glaubt, der Flughafen könne mit den vorgelegten Planungsunterlagen wie beantragt gebaut werden, läuft sehenden Auges ins offene Messer! Die Zeiten, in denen in Deutschland Flughafenunternehmen mit Hilfe von Politikern schrankenlos ihre gigantomanischen Ausbaupläne auf Kosten der Gesundheit von Menschen durchsetzen konnten, sind endgültig vorbei. Seit dem Frankfurter Mediationsverfahren, seit den Grundsatzurteilen höchster deutscher Gerichte zum Nachtflug und seit dem Eckwertepapier der Bundesregierung zur Novellierung des Fluglärmgesetzes wird es für die Behörden schwierig. Mit den Aussagen inkompetenter und gewissenloser Gutachter lässt sich in Zukunft kein Planfeststellungsbeschluss mehr verabschieden, der auch vor dem Bundesverwaltungsgericht bestehen kann. Mit Sicherheit wird daher in diesem Planfeststellungsverfahren mancher dieser Gutachter endlich sein verdientes Waterloo finden!

Über die Glückwünsche des Regierenden Bürgermeisters zu unserem Organisationserfolg freuen wir uns. Allerdings sind wir kein Turnverein, sondern eine der mitgliederstärksten umweltpolitischen Gruppen in der Region Berlin-Brandenburg, was Herrn Diepgen inzwischen hinlänglich bekannt ist. Dass er von „sportlicher Hochachtung” spricht, wenn sich Bürger um ihre Grundrechte, um Leben, Gesundheit und den Zustand der Umwelt Sorgen machen, zeugt nicht von staatsmännischem Format, sondern ist eine offene Beleidigung für Zehntausende von Betroffenen! Diese Bürger nehmen ihr vom Gesetzgeber verbrieftes und vom Grundgesetz geschütztes Recht zur Beteiligung an einem Verwaltungsverfahren wahr. Von einem Regierenden Bürgermeister, der außerdem das Justizressort besetzt, sollte man einen sensibleren Umgang mit demokratischen Rechtsnormen erwarten dürfen. Das politische Porzellan, das er mit solchen Worten zerschlägt, bezahlt er früher oder später selbst!

Dass Diepgen betont, die Flughafengesellschaft werde jede Einwendung ernst nehmen und beantworten, lässt auf eine weitere bemerkenswerte Fehleinschätzung der verwaltungsrechtlichen Details eines Planfeststellungsverfahrens schließen. Die Einwendungen und Stellungnahmen richten sich an die verfahrensführende Behörde aus Brandenburg und nicht etwa an den Antragsteller. Der ist wie jeder Einwender lediglich ein Verfahrensbeteiligter. Wenn sich solche politisch motivierten Bevormundungen der Behörde auch während der Erörterungen zeigen, darf man auf die Einhaltung der verwaltungsrechtlichen Grundsätze im weiteren Verlauf des Verfahrens und auch auf die bei der Anhörungsbehörde vorhandene Sachkenntnis gespannt sein.

Für wie dumm hält der Regierende Bürgermeister die Bürger in Berlin und Brandenburg? Glaubt er wirklich, auf seine Beurteilung der Sachlage fällt noch jemand herein? Die gebetsmühlenartig wiederkehrenden Beteuerungen der Verantwortlichen, 2007 werde in Schönefeld der Großflughafen BBI eröffnet, wirken angesichts der Realität nur noch wie ein Feigenblatt. Sie versuchen damit schamhaft, ihre dilettantische Fehleinschätzung von 1996 zu bemänteln und den mit dem Scheitern des Projektes drohenden Gesichtsverlust hinauszuzögern.

Lediglich Herr Stolpe hat inzwischen eingeräumt, dass sein Engagement hinsichtlich des Standortes für den BBI einer der großen Fehler seiner bisherigen Amtszeit war. Götz Herberg hat sicherheitshalber darum gebeten, eine entsprechende Frage zum geplanten Standort vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss in Potsdam gar nicht erst beantworten zu müssen. Mit seinem Schweigen sagte der Geschäftsführer der Flughafen-Holding mehr als sein Chef Diepgen in einem ganzen Interview. Aber etwas anderes war von einem Interview mit Herrn Diepgen auch nicht zu erwarten. Gunnar Suhrbier, BVBB Müggelheim

Info-Abend des BVBB

Beginnend am Donnerstag, dem 11. Januar 2001 um 18.30 Uhr wird die Gruppe Müggelheim des BVBB regelmäßig jeweils am zweiten Donnerstag im Monat zur selben Zeit im Dorfklub einen Info-Abend durchführen. Alle interessierten Mitglieder und Gäste sind eingeladen, sich über Aktuelles zu informieren, mit anderen Bürgern zu diskutieren und unsere Arbeit zu unterstützen. Es ist ein wichtiges Ziel dieser Abende, die Vereinsarbeit des BVBB in Müggelheim zu beleben und weitere Mitglieder für eine aktive Mitarbeit zu gewinnen. Deshalb freuen wir uns über jeden, der sich mit uns für eine lebenswerte Zukunft in Müggelheim engagiert!

Infos: BVBB Müggelheim FON 65 94 27 53

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