Müggelheimer Bote
7. Jahrgang, Ausgabe 02/2001  
Februar 2001 Home  |  Archiv  |  Impressum


Darf eine Hospizhelferin weinen?

Erfahrungsbericht einer ehrenamtlichen Hospizhelferin über Sterbebegleitung

Meine erste Begegnung mit dem Tod hatte ich Anfang der vierten Klasse. Während der Sommerferien starb ein Mädchen an Leukämie. Uns Mitschülern wurde nur der Fakt mitgeteilt, aber wir erhielten keine Erklärungen. Mit den Fragen über den Tod waren wir allein und die Umgebung hilflos. Zur Beerdigung durfte ich nicht mit. Meine Mutter sagte: „Der Tod ist nichts Schönes.“ Bis zum Tod meines Großvaters dachte ich, sterben sei eine leichte Angelegenheit. Das „Wissen“ darüber schöpfte ich aus meinen Lieblingsopern, in denen die Heldinnen vor ihrem Tod noch großartige Arien sangen. Großvater jedoch starb lange und qualvoll an Lungenkrebs. Er war Waldarbeiter und Nichtraucher. Damals war ich 22 Jahre.

Heute ist der Tod immer noch ein Tabuthema in der Gesellschaft. Er wird aus dem Leben verdrängt. Vielfach herrscht die Meinung, wer sich mit dem Thema Sterben und Tod beschäftigt, der ist nicht ganz dicht oder macht dies aus beruflichen Gründen.

Bereits vor einigen Jahren setzte ich mich intensiver mit dem Sterben auseinander. Erstens hatte ich Angst, alleine sterben zu müssen. Mit dem neuen Wissen ausgerüstet weiß ich, dass dies nicht so sein muß. Zweitens gab es auch berufliche Gründe. Ich arbeitete in einem Heim, in dem geistigbehinderte Erwachsene wohnen. Es ist ihr zu Hause. Leider wurde die Diskussion um das Sterben im Heim von den Mitarbeitern nicht angenommen, da die Meinung sich durchgesetzt hatte, wer stirbt muss ins Krankenhaus oder ins Pflegeheim. Das tat mir weh, aber ich stand mit meiner Meinung allein da, dass die Bewohner das Recht haben, in ihrem Heim sterben zu dürfen.

Eines Tages vor fast einem Jahr stand ein kleiner Artikel über die Hospizinitiative der Stephanus-Stiftung in der Zeitung. Dort war die Rede von der Ausbildung zur ehrenamtlichen Hospizhelferin. Das fand mein Interesse. Ich rief an, stellte mich vor und am 18. März 2000 fand das erste Seminar statt. Es waren viele Teilnehmer anwesend. Doch schon zum zweiten Seminar kamen weniger, die dann aber bis zum Schluss blieben.

Während der Ausbildung überwog natürlich die Theorie. Das Material, das wir zu jedem Seminar erhielten, wurde von mal zu mal weniger. Die Einstimmung auf jeden Seminartag war anders. Ich war schon gespannt, was kommen würde: ein Gespräch zu zweit, ein Portrait zeichnen, eine Visitenkarte anfertigen . . . Dabei lernten wir uns immer besser gegenseitig kennen. Aber auch unseren eigenen Körper spürten wir immer besser. Wir erfuhren beispielsweise, wie Geräusche auf uns wirken, wenn wir ganz still liegen und nur auf einen Punkt an der Decke starren.

Ganz besonders beeindruckt hat mich der persönliche Lebensbogen. Er stellt eine Bilanz dar und weist auch in die Zukunft, das heißt, wir sprachen über den eigenen Sterbeprozess. Jeder berichtete ohne Scheu, das von großem Vertrauen innerhalb der Gruppe zeugt.

Schon während der Ausbildung konnte ich Erfahrungen in der Hospizhilfe sammeln. Interessant war die Frage, die dabei auftauchte: „Darf eine Hospizhelferin weinen?“ Ja, sie darf.

Die Seminartage waren meist sehr anstrengend. Es wurde viel gelacht, doch flossen auch Tränen. Und dann fieberte ich schon wieder dem kommenden Zusammensein entgegen. So ging es auch den anderen Teilnehmern.

Die Praxis wird zeigen, wie wir unser Wissen umsetzen können. Wir werden unsere Grenzen erkennen müssen. Die Gruppe wird weiter helfen, Probleme zu lösen und Fragen zu beantworten. Ich freue mich auf die neue Herausforderung.

Ehrenamtliche Hospizhelferin Monika Burock

Neuer Lehrgang zum Hospizhelfer im März

Die Hospizinitiative der Stephanus-Stiftung bietet Menschen eine Ausbildung zum ehrenamtlichen Hospizhelfer an. Wenn Sie sich praktisch dafür einsetzen möchten, wenn Sie es auf sich nehmen wollen, Kranke, Sterbende und ihre Angehörigen zu besuchen und ihnen zur Seite zu stehen, wenn Sie Lebensqualität erhöhen möchten und menschwürdiges Sterben nicht nur wichtig finden, sondern auch praktizierbar, dann lassen Sie sich mit allem Theoretischen und Praktischen vertraut machen, was man dazu so braucht.

Am Dienstag, dem 6. März um 18 Uhr, findet ein Informationsabend über die Ausbildung zum ehrenamtliche Hospizhelfer im Ev. Altenpflegeheim „Daniel Vergara” der Stephanus-Stiftung; Salvador-Allende-Straße 91 statt.

Der nächste einjährige Lehrgang beginnt am 17. März. Hauptbestandteil der Ausbildung sind die monatlichen Treffen am Samstag. Nach dem erfolgreichen Abschluss des Lehrgangs erhalten die Teilnehmer ein Zertifikat als „Ehrenamtlicher Hospizhelfer”.

Sterben soll wieder zum Leben gehören – das ist das Anliegen der Hospizinitiative der Stephanus-Stiftung. Die ehrenamtlichen Hospizhelfer besuchen Kranke, Sterbende und Angehörige und stehen ihnen zur Seite. Für diese Tätigkeit bedarf es Männer und Frauen, die sich für ein menschenwürdiges Sterben einsetzen wollen und es auf sich nehmen, die Lebensqualität Sterbender zu erhöhen.

Nähere Informationen erhalten Sie bei Schwester Kathrin Schuster oder Schwester Elke Gartenschläger unter Tel: 654 50 26.

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