Müggelheimer Bote
7. Jahrgang, Ausgabe 06/2001  
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Geschichten aus dem Müggelwald

Die Vertreibung von der grünen Wiese

„So, dann woll‘n wir mal. Alle ran an die Arbeit. Wenn wir fleißig sind, haben wir es bald geschafft.”

Vater Maulwurf hatte ein schönes Fleckchen Erde für seine Familie gefunden.

Als er noch in der großen Stadt wohnte, hatte er von den Menschen gehört, dass es am Rande der Stadt einen Ort gab, in dem man gut wohnen konnte. Wald, Wasser, Wiesen und viel Ruhe.

Lange war er mit Mutter Maulwurf durch den Müggelwald gewandert, bis sie endlich am Rande des Müggelwaldes diese schöne Wiese entdeckten.

„Das ist es, Mutter”, sagte Vater Maulwurf, „hier werden wir unser Zuhause bauen und in Ruhe unsere Kinder großziehen.”

Gleich als der Winter verschwunden war, der Boden wieder frostfrei und weich war, fing der Maulwurf an zu buddeln.

Es sollte ein schönes Zuhause werden. Mit seinen großen Grabfüßen schaufelte er die Gänge und Kammern unter der Erde und brachte mit seiner Frau gemeinsam die Erde nach oben.

Viele große und kleine Hügel entstanden. Diese Hügel waren die Luftlöcher und die Eingänge und Ausgänge zu ihrem Wohnhaus. Oder, in der Maulwurfssprache gesagt, zu ihren Wohngängen und Wohnkammern.

Kurz bevor der Frühling kam waren sie fertig. „Mutter, ich bin froh, dass wir es geschafft haben”, sagte Vater Maulwurf, „nun kannst du dir die beste Kammer für die Kinder aussuchen.”

„Weißt du, ich werde die Kammer unter einem Erdhügel nehmen, da ist es schön luftig. Außerdem können die Kinder gleich rein und raus und schleppen uns nicht den ganzen Dreck von draußen durch unsere Wohngänge.”

„Prima”, sagte der Maulwurfvater, „jetzt haben wir ein Maulwurfhaus, von dem ich immer schon geträumt habe. Morgen hole ich noch von den Blumen, den Gräsern und den Bäumen Blütenstaubfarbe und dann können wir alles malern. Die Kinder können helfen und Maulwurf Maxe hat versprochen auch vorbei zu kommen.”

Es wurde ein lustiger Maltag. Alle waren fleißig und hatten ihren Spaß. Die Wohngänge und Wohnkammern sahen nach der Malaktion wunderschön bunt aus. Nur die Erdhügel blieben erdfarbig dunkel auf der grünen Wiese.

Eine klitzekleine Zeit lebte der Maulwurf mit seiner Familie auf der grünen Wiese, oder besser gesagt unter der grünen Wiese. Dann wurde er von den Menschen verjagt.

Menschen finden grüne Wiesen mit Maulwurfshügeln schrecklich in ihrem Garten. Und gerade das hat der Maulwurfsvater nicht gewusst, als er auf der Suche nach einem neuen Zuhause war. Er hatte nicht gewusst, dass diese Wiese in einem Garten war und nicht im Wald.

Nun muss er weitersuchen der kleine Gesell mit dem dunklen Samtfell, der Rüsselschnauze und den großen Grabefüßen. Ich wünsche ihm viel Glück, ihr auch? Ingrid Zweiniger

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