Müggelheimer Bote
8. Jahrgang, Ausgabe 09/2001  
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Geschichten aus dem Müggelwald

Die Kompottbäume

„Mama, Mama wir möchten Kompott haben. Mama, wann gibt es endlich Kompott?” Die Wildschweinmutter war ratlos. Immer wieder nervten sie ihre fünf Kinder mit dem Ruf: „Mama, Mama, wir möchten Kompott haben!”

Für eine Wildschweinmutter war es nicht einfach, diesen Wunsch zu erfüllen. Im Müggelwald gab es alles, was Wildschweinen schmeckte. Würmer, kleine Käfer, feine Wurzeln, im Herbst und Winter Eicheln und noch vieles mehr. Aber Kompott, das gab es nicht.

Was war denn überhaupt Kompott?

Die Wildschweinmutter dachte darüber nach. Ich werde die Kinder einfach mal fragen, was sie sich darunter vorstellen.

„Kommt mal alle her, ihr Radautüten”, rief die Wildschweinmutter. Sie waren gerade alle in einer Wildschweinsuhle und amüsierten sich köstlich. Keiner hörte die Mutter rufen. Sie tobten durch die Pfützen und durch die Pampe. Alle waren laut und fröhlich.

„Hört ihr nicht, ich warte auf euch. Kommt bitte sofort zu mir.” Die Wildschweinkinder hörten die Mutter und rannten los. Wenn Mutter rief, musste man gehorchen. „Kompott, meine lieben Kinder, Kompott, das ist hier die Frage. Was versteht ihr unter Kompott?”

Die Wildschweinkinder sahen sich an und lachten verschmitzt. „Pass auf Mama. Wir haben vor ein paar Tagen eine große Fliege getroffen und die hat uns erzählt, in einem Garten am Rande des Müggelwaldes stehen Bäume und an diesen Bäumen hängt Kompott.”

Die Wildscheinmutter war sprachlos. „Das habe ich noch nie gehört und gesehen habe ich diese Kompottbäume auch noch nie. Woher weiß denn die Fliege, dass das Kompott ist?”

„Na die Fliege hat den Menschen zugehört, die in diesem Garten wohnen und da hat die Frau zu dem Mann gesagt: Ich freu mich schon, wenn alles reif ist und ich Kompott kochen kann.”

„Also”, sagte die Wildschweinmutter, „ich mache euch einen Vorschlag. Heute Nacht gehen wir dort hin und sehen uns die Kompottbäume an.”

„Juchhu, juchhu” schrien die Wildschweinkinder, „wir besuchen die Kompottbäume.” Und gerade heute wollte der Tag kein Ende nehmen. Es dauerte besonders lange bis die Nacht kam. Als es richtig dunkel war, machten sich alle auf den Weg. Eine Wildschweinmutter und fünf Wildschweinkinder.

Es war kein weiter Weg. Der Garten war bald gefunden. Alles grün, viele bunte Blumen, einige Bäume, die sonst nicht im Müggelwald herumstanden und ein riesengroßer hoher Zaun. Alle liefen den Zaun entlang und guckten in den Garten.

„Guck mal Mama, da stehen die Kompottbäume. Da, auf der Wiese. Siehst du sie? Sie haben kleine grüne und kleine gelb-rote Kugeln dran hängen.” Die Wildschweinkinder waren außer Rand und band. Sie grunzten fröhlich in die dunkle Nacht. Dann war plötzlich Ruhe.

„Mama, wie kommen wir denn durch den Zaun?”

„Mama wird das machen. Seid ruhig und habt einen Augenblick Geduld.” Und da Mama groß und stark war, dauerte es nicht lange, bis das Loch im Zaun so groß war, dass alle durchkrauchen konnten.

Drei Bäume voller Kompott. Das hatten die Wildschweine nicht erwartet. Nun begann ein wildes Fressen. Wenn die Wildschweinkinder an das Kompott nicht herankamen, weil es zu hoch hing, dann kam Mama und brach die Äste mit dem Kompott einfach ab.

Alle grunzten und schmatzten durcheinander. Bald waren die kleinen Wildschweinbäuche dick und rund. Sie machten sich müde und satt, aber unheimlich glücklich auf den Heimweg.

Als sie in der nächsten Nacht wieder Kompott fressen wollten, war das Loch im Zaun zu. Mama gab sich die größte Mühe, aber der Zaun hielt dicht. Kompott gab es nicht mehr. Traurig zogen sie von dannen.

Könnt ihr euch denken, was ein Kompottbaum ist?

Es ist ein Apfelbaum. Ingrid Zweiniger

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