Müggelheimer Bote
8. Jahrgang, Ausgabe 09/2001  
September 2001 Home  |  Archiv  |  Impressum


Billig geplant, billig gebaut, teuer saniert!

„Mit uns haben Sie keine Probleme, es geht alles seinen Gang. Ihnen wird es Freude bereiten mit uns zu bauen.” Mit diesen einstimmenden Äußerungen wird der zukünftige Bauherr von einem gut gekleideten Herrn im Vertriebsbüro einer Hausbaufirma empfangen.

Das Ambiente des Büros trägt dazu bei, dass jetzt ein Überzeugungsgespräch auf höchstem Niveau gestartet wird. Der Bauherr ist beeindruckt und weiß nicht so richtig, wie er seine schon lange vorbereiteten Fragen an den Mann bringen soll. Der Vertriebsexperte, lange geschult auf dem Gebiet der Kundenakquisition, bemerkt natürlich sofort, dass sein Auftritt überzeugte und veranlasst durch eine gut aussehende Mitarbeiterin, dass der Gast mit einer Tasse wohlriechenden Kaffees verwöhnt wird . . .

„Ist das eine angenehme Atmosphäre”, denkt sich der angehende Kunde und lehnt sich entspannt in den designergestylten Sessel zurück. Bis hierher ist die Vorgehensweise in bester Ordnung.

Das Gespräch wird nach einiger Zeit zweckorientierter, denn der Erfolg steht kurz vor der Tür, nur die Unterschrift auf dem Vertrag fehlt noch. „Wie ist das mit den Nebenkosten für die Planung des Hauses?”, fragt der Kunde respektvoll. Auch das ist bei uns überhaupt kein Problem, denn die Architektenkosten sind beispielsweise im Hauspreis enthalten! Die Antwort ist für den Kunden beeindruckend.

Auf weitere in Frage kommende Nebenkosten, wie Erschließung oder Kosten für Prüfingenieur, Vermessungsingenieur, Baugutachter und die Zusatzkosten für Abdichtungsmaßnahmen wird nicht so gerne eingegangen. Wichtiger sind die Wünsche des Bauherren bezüglich der Raumplanung. Viele Hausanbieter verfügen nicht über die Möglichkeit einer freien Planung, sind an standardisierte Lösungen gebunden. Der Bauherr hat meistens wenig Gelegenheit, seine individuellen Wünsche umzusetzen.

Es werden eine Vielzahl von Grundrissen angesehen. Dabei gibt sich der Verkäufer, der nicht über ausreichende Erfahrung architektonischer Leistungen geschweige denn bauplanerischer und bauordnungsrechtlicher Verordnungen verfügt, die größte Mühe, endlich die Grundrisslösung als Bestandteil des Vertrages unter Dach und Fach zu bringen.

Schließlich ist das Ziel erreicht, der Vertrag im Kasten und der zukünftige Bauherr verlässt erst einmal beruhigt das Verkaufsbüro. Es ist gelungen, den Kunden mit einer modifizierten Standardlösung in eine „Schublade” zu packen.

Die vorgenannte Schilderung eines Sachverhalts resultiert aus mehreren Unterhaltungen von mir mit Bauherren.

So kann es doch nicht gehen!

Ein Haus ist ein gewaltiges Stück Lebenswerk. Ein solches Vorhaben muss mit Respekt, Verantwortung, Ethik und Rücksichtnahme auf die Persönlichkeit behandelt werden, mehr oder weniger sensibel. Das kann in einem solchen, wie von mir geschilderten „Verkaufsgespräch” nie erreicht werden.

Unterstützen möchte ich meine Gedanken mit folgendem Zitat, das ich neulich in einer Zeitschrift las: „Das eigene Haus ist ein teures Gut, von dem man sich nur schwer, wie von einem Stück eigenem Leben trennt. Das eigene Haus ist eben ein Porträt und das Miethaus eine Schablone“.

Jetzt sind diejenigen gefragt, die mit ihrem Fachwissen und ihren Erfahrungen dazu beitragen können, die verantwortungsvolle Aufgabe einer Hausplanung zu meistern: Bauingenieure und Architekten.

Renommierte Baufirmen haben neben ihrem Verkaufsexperten, der sich im Wesentlichen um den kaufmännischen Teil kümmert, einen Architekten oder Bauingenieur zur Seite. Doch in letzter Zeit geht die Entwicklung dahin, dass der Berufsstand des „Planungsverantwortlichen” immer mehr ausgegrenzt wird. Planungsleistungen werden, falls benötigt, immer mehr zur Ware, die man handeln kann, wie auf einem orientalischen Basar.

Im Interesse der Planungsqualität, im Interesse der Baukultur und im Interesse des Berufsstandes der Architekten und Bauingenieure ist es höchste Zeit darüber nachzudenken, dass Bauherr und Planer wieder gemeinsam altbewährte Vorgehensweisen die Grundlage für eine erfolgsorientierte Lösung des Lebenswerkes „Haus” werden lassen.

Ohne Fleiß kein Preis!

Die verantwortungsvolle Aufgabe des Planers muss natürlich auch belohnt werden. Das Honorar basiert auf einer gesetzlichen Gebührenverordnung (HOAI) die auch respektiert werden sollte. Bauherren und Architekten/Ingenieure, die gemeinsam bewusst die Mindestanforderungen der Gebührenordnung unterschreiten, steuern dazu bei, dass letztlich die Qualität der Planung wesentlich darunter leidet. „Die HOAI ist nach wie vor geltendes Preisrecht und wird es auch in Zukunft bleiben. Es ist zum Vorteil der Bauherren, die erkannt haben, dass Architekten und Ingenieure - fair behandelt- in ihrem Sinne und im Sinne einer positiven Projektentwicklung tätig sind“, meinen Cornelius Hertling, Architektenkammer Berlin und Horst Franke, Baukammer Berlin.

Diejenigen, die diese Grundsätze nicht beachten, wollen billig planen, billig bauen und werden im Schadensfall teuer sanieren.

Für Fragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung (Tel.: 659 88 08).

Christian Zwingenberger, Bauingenieur

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