Müggelheimer Bote
9. Jahrgang, Ausgabe 7/2003
Juli 2003
Müggelheimer Bote

Inhalt
Strandvergnügen wird zum Strand-Ekel
Odyssee einer Straßenumbenennung
BVBB: Was wieder einmal gesagt werden muss...
Ferienzeit = Einbruchzeit
Sommerrätsel: Wie gut kennen Sie Müggelheim?
Sportlergrößen: Johanna und Werner Kähne
Skurriles im Dorfclub: Werke von "Dagobert"
Weitere Meldungen
Gedanken aus Müggelheim
Aus der BVV
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Heimatverein
Kleinanzeigen
Kirche
Serie für den Natur- und Gartenfreund
Geschichten aus dem Müggelwald
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Müggelheimer Bote
 

Ehemalige Sportlergrößen in Müggelheim VI

Gutes Gespann: Johanna und Werner Kähne als erfolgreiche Sportler in harmonischer Ehe

von Gisela Winkelmann

Auf vier Jahrzehnte Ehe, mit allen Höhen und Tiefen schaut das Ehepaar Kähne in diesem Jahr zurück. Beide verschrieben sich seit frühester Jugend dem Kanu-Sport und erbrachten für ihr Land größte sportliche Erfolge. „In einer Zeit, als die DDR um Anerkennung rang, waren wir Sportler die Diplomaten im Trainingsanzug”, erinnert sich der heute 69jährige Werner Kähne.

Johanna und Werner Kähne harmonieren im Sport und in der Ehe. Foto: Winkelmann

Johanna nahm an internationalen Regatten teil, wie 1961/62 die Europameisterschaften in Poznan, Gdansk, Prag und Linz. Im K II (zweier Kanu) errang sie über 500 Meter immer den 1. Platz. Eine österreichische Zeitung kommentierte damals: „Die sympathischen DDR-Paddler sind keine Staatsamateure, ein tägliches Training von zwei Stunden nach der Arbeitszeit ist das Geheimnis ihrer Erfolge.”

Unabhängig voneinander begannen die gelernte Bankkauffrau Johanna in Mittweida und der damalige Tischlerlehrling Werner aus dem Berliner Friedrichshain, sich für den Kanusport zu begeistern. Sie begegneten sich oft bei Regatten in Berlin. Johanna Kähne: „Seit 1955 paddelte ich im Verein BSG Einheit in Mittweida. Die malerische Landschaft zu beiden Ufern des Flusses Zchopau, die Burg Kriebstein, die gewaltige Talsperre in der Nähe beeindruckten mich. Die Freizeit so zu genießen, aber auch bei Wind und Wellen auf dem Wasser zu sein, spornte zu größeren sportlichen Leistungen an.”

Schon 1956 paddelte sie für die BSG-Rotation Berlin. In Gatow holte sie zwei Berliner Meistertitel und einen Vizemeister. Von 1957 bis 1962 war die Sportlerin an der DHfK in Leipzig tätig. Bis 1964 gehörte sie der Nationalmannschaft an. Trainiert wurde die Frauenmannschaft damals von Silber-Medaillen-Gewinner im Kanu bei den Olympischen Spielen 1936, Willi Horn.

Gesamtdeutsche Mannschaften gab es noch bis 1957, erst danach wurde die DDR-Mannschaft gegründet. Damals, wie 1958, erhielten die Sportler noch Zusatz-Lebensmittelkarten für Milch, Butter und Fleisch. Als 22-Jähriger nahm Werner Kähne an den bayerischen Meisterschaften teil und errang dreimal den 1. Platz. „In einer bayerischen Wirtschaft schien der Wirt uns Berlinern nicht gewogen zu sein. Er orderte nette Schnittchen für die Mannschaft, das waren dann Stullen dünn mit Margarine draufgekratzt. Mit solch einer Kost hätten wir mit Sicherheit keine Leistungen bringen können. Der Wirt staunte nicht schlecht, als wir dann mit unseren Selbstverpflegungspäckchen zurückkamen”, so der Kanute. Seine Vereine waren: SG Berliner Bär (ab 1952) und SC Einheit Berlin (ab 1954).

Johanna Kähne 1959 in Grünau. Foto: privat

Platzierungen und Siege
Johanna Kähne

1956: 2 x Berliner Meister (Gatow) 1957- 1962: 8x DDR-Meister im Kanu-Rennsport; div. Vizemeistertitel
große Hamburger Regatta
1. Platz, KI 3000 m
Norddeutsche Hannover-Regatta 1. Platz, KIV 500m
Wuppertaler Stadtregatta,
1. Platz KII 500m

Werner Kähne
1955: Bad Schandau-Dresden 43 km, 8x Platz 1, 4x Platz 2, 1x Platz 3
1956: Bayerische Meisterschaften 3x 1. Platz im KI, ebenso wie in der Staffel KIV 1000m
1957: 8x Berliner Meister, 6x Berliner Vizemeister im K II 10 000m, KIV 1000m und KI 4x500m
1958- 1960: Berliner Meisterschaften: Insg. 20x 1. Platz, 6x 2. Platz, 3x 3. Platz

Der Tischlergeselle absolvierte von 1961 bis 1965 ein Sport- und Geschichtsstudium an der Humboldt-Universität. Dazwischen ist er Trainer bei Motor Köpenick in Müggelheim. Später arbeitet Kähne als Sportlehrer an der „Hauptmann-von-Köpenick-Schule an der Borgmannstraße. Noch heute treffen sich die ehemaligen Kanuten alle zwei Jahre und das gleich zwei Tage lang. Der Gesprächsstoff geht kaum aus. Auch unangenehme Erinnerungen kommen dann wieder hoch, wie die Schikanen der DDR-Grenzer. „Auf der Fahrt zur Hamburger Regatta 1959 wurde mein Kanu-Partner an der Grenze aus dem Bus geholt. Er wurde wie ein Schwerverbrecher behandelt, sogar mit der Waffe zur Toilette begleitet. Der KII musste schließlich in einen KI umgemeldet werden in Hamburg, da mein Partner nicht ausreisen durfte. Letztlich wurde ich dann im KI über 10 000 Meter Sieger. Und in Braunschweig ging unsere Mannschaft erstmals mit dem neuen Staatsemblem an den Start. Innerhalb kürzester Zeit mussten wir unter BGS-Begleitung abreisen“, erinnert sich Werner Kähne an die alten Zeiten.

Der ersten gemeinsamen Urlaub verbrachten Johanna und Werner Kähne auf der Insel Hiddensee. Hier wurde bald an eine gemeinsame Zukunft gedacht. Sie bekamen insgesamt drei Töchter und sind heute stolze Großeltern von zwei Enkelkindern. Die Familie lebt seit 1966 in Müggelheim, genießt den Ruhestand und ihren blühenden Garten im Sommer.