Gedanken aus Müggelheim
von
Simone Jacobius
Meine Güte, war letztes Wochenende wieder was los - rund 600 000 Menschen drängten sich in den Geschäften rund um Kurfürstendamm und Tauentzien - und das nachts!!! Immer dann, wenn etwas Besonderes geboten wird, sind die Berliner zur Stelle. Sei es der Sonntagsverkauf oder das Mitternachtsshopping. Vater, Mutter, Kind - vielleicht noch der Hund - stürmen die Geschäfte, als würde es etwas umsonst geben. Doch das ist nicht so, zu verschenken hat heute keiner mehr etwas. Es muss an der Athmosphäre liegen. Zumindest beim Mitternachtsshopping, wenn Musiker und Kleinkünstler ihren Beitrag zum Einkaufs-Entertainment liefern.
Für die Verkäufer(innen) werden diese Sonderöffnungszeiten bestimmt nicht toll sein - dachte ich. Doch einmal nachgefragt, musste ich umdenken. Eine Verkäuferin, nein mehrere - allerdings nicht im weltstädtischen Müggelheim - meinte, das Arbeiten würde ihr nachts richtig Spaß machen. Die Kunden seien entspannter, würden Scherze machen, hätten Zeit und müssten nicht der Hektik des Tages gehorchen. Die Befragten meinten, sie würden gerne nachts arbeiten. Und sie haben Recht: Ich merkte es an mir selbst, wie entspannt ich durch die Geschäfte bummelte - die Uhr tickte einfach nicht im Hintergrund. Von daher kann ich es nur begrüßen, dass die Ladenöffnungszeiten in Berlin und Brandenburg jetzt gelockert werden.
Und selbst hier, in unserem großstädtischen Müggelheim wurden ja während der Fußballweltmeisterschaft die Öffnungszeiten bis in die Nacht hinein erweitert - und auch sonntags konnte man da regelmäßig und jetzt noch ab und zu im Ort einkaufen. Da brennt dann die Luft. Große und kleine Müggelheimer stürzen sich in das Getümmel und wollen die 10 Prozent Sonntagsrabatt abfassen. Bei den Mengen, die dann in den Einkaufswagen wegtransportiert werden, hat man nicht das Gefühl, als würde die Wirtschaft am Boden liegen. Nein, bei den vollen Wagen muss sie sich erheben wie Phönix aus der Asche.
Doch woran liegt es, dass selbst wir Müggelheimer nicht resistent sind gegen diese Einkaufswut? Liegt es an dem Rabatt; haben so viele Menschen wirklich wichtige Dinge vergessen einzukaufen, die sie noch für den Nachmittagskaffee mit Tante Erna benötigen; oder lieben sie es einfach, dieses "Außer-der-Reihe-Feeling"?
Darüber könnte man jetzt lange spekulieren, sogar ganze Charakterstudien anfertigen. Aber dafür habe ich jetzt leider keine Zeit - ich muss noch schnell einkaufen, die Läden schließen gleich.
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