Müggelheimer Bote
8. Jahrgang, Ausgabe 09/2002
September 2002

Inhalt
Richtfest in Neu-Helgoland
Dritter Supermarkt sorgt für Unruhe
Termine: Erntefest und Heimatverein
Resolution des Umweltkreises
Neue Schulleiterin steht für Konsequenz und Kooperation
Offener Brief an die BVG
Müggelheim spendet für die Flutopfer!
Weitere Meldungen
Gedanken aus Müggelheim
Nachrichten aus Gosen
Müggeclub
Kleinanzeigen
Serie für den Natur- und Gartenfreund
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Müggelheimer Bote
 

Gedanken aus Müggelheim

von Dr. Horst König


Zuerst war es nur über den „Buschfunk“ zu erfahren: In Müggelheim soll noch ein neuer „Supermarkt“ errichtet werden, der dritte neben Superspar und Norma. Die Errichtung von Norma habe ich - und mit mir sicher viele Müggelheimer - sehr begrüßt; denn eine zweite Einkaufmöglichkeit neben Superspar erspart so manchem den Weg nach Gosen oder anderswohin. Aber wozu noch ein dritter Supermarkt? Aus meiner Sicht scheint er schon aus praktischen Erwägungen keinesfalls nötig, ja sogar unsinnig. Doch was noch viel wichtiger ist: Ein weiterer Supermarkt ändert den Charakter unseres Ortes noch mehr in unerwünschte Richtung.
Meine Meinung dazu ist natürlich geprägt durch die langjährige Mitarbeit im Umweltkreis in der evangelischen Kirchengemeinde Müggelheim. Dort bemühen wir uns seit langem, einen kleinen Beitrag zu leisten zur Erhaltung des Charakters unseres Ortsteils als ländliche Siedlung am Rande der Großstadt, gekennzeichnet durch Wald und Wasser. So haben wir uns u. a. auch dafür eingesetzt, dass bestimmte Grundsätze für die Bautätigkeit eingehalten werden. Und nun dieser geplante Neubau eines dritten Supermarktes! Schon das Gerücht veranlasste uns, bei der Verwaltung eine entsprechende Nachfrage zu starten, die leider bisher (Stand 21.8.) ohne Antwort blieb. Stattdessen entdeckte ich jedoch gestern auf den Gelände neben Norma ein Schild, das die Errichtung des neuen Plus-Supermarktes ankündigt; also kein Gerücht! Die Frage ist: Wer erteilte die Genehmigung, musste er sie unbedingt erteilen? Und was halten die verantwortlichen Einreicher davon? Denken sie wieder nur mal an ihren eigenen Vorteil?
Und so muss ich wieder an die erste Begegnung von Sultan Saladin und Nathan aus Lessings „Nathan” (III.5.) denken, der mich schon in der Schule beeindruckt hat. Dort heißt es:
S.: Du nennst dich Nathan?
N.: Ja.
S.: Den weisen Nathan?
N.: Nein.
S.: Wohl! Nennst du dich nicht, nennt dich das Volk.
N.: Kann sein, das Volk!
S.: Du glaubst doch nicht, dass ich verächtlich von des Volkes Stimme denke? - Ich habe längst gewünscht, den Mann zu kennen, den es den Weisen nennt.
N.: Und wenn es ihn zum Spott so nennte? Wenn dem Volke weise nichts weiter wär‘ als klug? Und klug nur der, der sich auf seinen Vorteil gut versteht?
S.: Auf seinen wahren Vorteil meinst du doch?
N.: Dann freilich wär‘ der Eigennützigste der Klügste. Dann wär‘ freilich klug und weise nur eins.
S.: Ich höre dich erweisen, was Du widersprechen willst. – Der Menschen wahre Vorteile, die das Volk nicht kennt, kennst du. Hast du zu kennen wenigstens gesucht, hast drüber nachgedacht ...
Es ist die Unterscheidung zwischen Vorteil und wahrem Vorteil, also zwischen klug und weise, die mich beeindruckt. So sollten Entscheidungen nicht von den Klugen, sondern von den Weisen getroffen werden. Ein dritter Supermarkt - jedenfalls als Neubau (das BHG-Gelände steht leer) - ist ganz gewiss keine weise Entscheidung! Von wahrem Vorteil wäre ein Verhalten im Sinne des Agenda-Prozesses und der Nachhaltigkeit, doch darüber nachgedacht haben die an dieser Entscheidung Beteiligten wohl nicht. Wozu dann Johannesburg?!


Gedenken an den 11. September

Am 11. September jähren sich zum ersten Mal die schrecklichen Ereignisse, die die Welt in ihren Grundfugen erschütterte. Nichts schien mehr, wie es einmal war nach diesem 11. September 2001, als zwei Flugzeuge das World-Trade-Center in New York zum Einstürzen brachten, das unter sich hunderte von Menschen begrub. Auch bei Müggelheimern sorgte das Ereignis damals für tiefe Betroffenheit. Heike Schmidt hat aus ihrer Betroffenheit heraus und der Sorge darüber, wie ihre Kinder mit den Ereignissen umgehen, ein Gedicht geschrieben. Anlässlich des Jahrestages stellen wir es Ihnen vor.

Die dunkelste Macht
Ganz ratlos fragte mich abends mein Kind,
ob Ängste am Tage begraben sind.
Und ob sie des Nachts, wenn jeder schliefe,
jemand heraus lässt aus dieser Tiefe.

Es bat mich innig, dass ich es wecke,
bevor die Angst seinen Kopf zudecke.
Vergessen will es den Flugzeugunfall.
Im Traum brennen die Türme tausendmal.

Im Jahrtausend bester Heilverfahren,
als Pocken und Anthrax Geschichte waren,
stülpt sich Furcht vor Unheil über die Zeit.
Das Leben verliert an Unbeschwertheit.

Die Sorgen vor Terror sind blitzschnell entfacht.
Die Angst vor der Angst ist die dunkelste Macht.