Müggelheimer Bote
10. Jahrgang, Ausgabe 07/2004
Juli 2004
Müggelheimer Bote

Inhalt
Gnadenstoß für die Gaststätte am Teufelssee
Fünf festlich-fetzige Tage sind zu Ende
Musik und Literatur am Abend
Angerfest mit altem Handwerk und Superstimmung auf den Winzerhöfen
Was tut sich beim Großflughafen?
BVBB mobilisierte seine Kräfte: Menschenkette gegen Schönefeld
Fluglärmproblematik: Antwort des Senats
Europawahl: Müggelheimer verweisen SPD auf Rang 3
Eine Bootsfahrt die ist lustig...
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Müggelheimer Bote
 

Musik und Literatur am Abend - ein Kirchenkonzert mit Seltenheitswert

von Gisela Winkelmann

In der 200 Jahre alten Dorfkirche am Anger steht in diesem Jubiläumsjahr ein besonders vielfältiges Programm auf dem Plan. Im Juni reichte die Palette vom Rock-Konzert über Chor- und Instrumentalkonzerte bis zur Puppentheater-Vorführung.

Es ist schon einige Zeit her, dass ich mir einmal ein Konzert in der sakralen Stätte Müggelheims gönnte. Gut erinnerte ich mich aber an die wohlklingende Orgel des Gotteshauses. Daher war ich nicht enttäuscht, dass das für den 12. Juni angekündigte Klavierkonzert von der Orgel kam. Für die Musik zeigte sich der bekannte Komponist und Pianist Michael Stöckigt verantwortlich. Pfarrer Jochen Schmidt (im Ruhestand) bereicherte das Programm mit literarischen Anekdoten aus mehreren Jahrhunderten. Von tiefgründig bis humorvoll reichte die Palette bekannter Autoren wie Eva Strittmatter, Theodor Fontane und anderen. Auch philosophische Gedanken wurden zitiert. Es ging um generelle Lebensfragen, die auch auf unsere heutige schnelllebige Zeit zutrafen.

Eine bekannte Glosse aus Preußen war „Man sollte nicht zu schnell sein”: Sie handelt von der 1838 eingerichteten Eisenbahnlinie Berlin - Potsdam (die erste Eisenbahnstrecke Deutschlands entstand 1835 und verlief von Nürnberg nach Fürth), die der damalige Kronprinz Friedrich Wilhelm IV. nicht so recht wahrnehmen wollte. Er ritt lieber von Berlin nach Potsdam. Auf die Verheißung, doch schon um 11 Uhr in Potsdam sein zu können, antwortete der Kronprinz nur: „Was soll ich denn nur um 11 Uhr schon in Potsdam?” Zwei Jahre später, 1840, als sein Vater Friedrich Wilhelm III. starb und er König von Preußen wurde, konnte er sich solchen Fauxpas nicht mehr erlauben, zumal die Eisenbahn Furore machte.

Das Publikum in der Kirche hatte viel zu schmunzeln. Zwischendurch spielte Michael Stöckigt frei und improvisierte etwas gewöhnungsbedürftige, eigenwillige Stücke an der Orgel. Tiefste Basstöne und die spitzesten, schrillsten Dissonanzen erklangen. Ab und zu etwas Sonorität vom Instrument.
Pfarrer Siegfried Menthel sagte zum Schluss: „Das war eine musikalische Welturaufführung, die durch die freie Improvisation in der gleichen Form auch nicht wiederholt werden kann.” Somit besaß die Veranstaltung Seltenheitswert.

Die freundlich anmutende Müggelheimer Kirche mit den frischen Blumen und den leuchtenden Kerzen erhellte dann zum Ende der Darbietungen, als die abendliche Strahlenflut der Sonne durch die bunten, bleiverglasten Fenster schien, auch die Gemüter der Besucher. Und so wurde gerne für die Kinder einer Schule im entfernten Äthiopien ein Obolus gegeben.