Müggelheimer Bote
9. Jahrgang, Ausgabe 3/2003
März 2003
Müggelheimer Bote

Inhalt
Eltern von Schulanfängern sind besorgt
Ein Bekenntnis zum Frieden
Klootscheeten - ein holländischer Freizeitspaß erobert Müggelheim
Aufstieg und Fall der ehemaligen Gaststätte Krampenburg
Superstar Willi ohne Konkurrenz
Schönefeld: Entscheidung zur Privatisierung immer noch offen
Sportlergrößen: Radrennfahrer "Hanne" Weihe
Weitere Meldungen
Gedanken aus Müggelheim
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Heimatverein
Aus der BVV
Serie für den Natur- und Gartenfreund
Geschichten aus dem Müggelwald
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Müggelheimer Bote
 
Geschichten aus dem Müggelwald

Getroffen

Da stehen sie sich nun gegenüber und sehen sich heute zum ersten Mal. Obwohl sie sich auch schon früher hätten treffen können – oder wie bisher ja auch – nie! Doch sie haben sich getroffen und bekommen vor Staunen den Mund nicht zu.

Sie wohnt schon lange hier am Rande des Müggelwaldes, kennt jeden Winkel seit ihrer Kindheit ganz genau. Auch ihre Kinder sind hier groß geworden. Mit ihrer Familie wohnt sie in einem älteren, sehr liebevoll gestalteten Haus. Wie fast alle „alten Hasen“ des Ortes registriert sie die „Neuzugänge“. Auch sie hat neue Nachbarn. Es scheint eine junge Familie mit Kindern zu sein. Deren Haus erscheint gegen ihres prächtig und schöner. Sie ist aber keinesfalls neidisch. Ganz im Gegenteil, sie würde gern einmal mit den „Neuen von nebenan“ ins Gespräch kommen. Doch die Leute scheinen nicht sehr an einem Kontakt interessiert zu sein. Und da die Nachbarn offensichtlich einen sehr weiten Weg bis zur Arbeit haben, denn sie fahren sehr früh und kommen erst spät, ergeben sich keine Zufallsbegegnungen. Erst kürzlich bemerkte ihr Mann beim Abendessen, dass diese Leute von nebenan scheinbar nichts mit ihnen zu tun haben wollen. Wahrscheinlich wirken wir auf sie mit unserem einfachen Haus sehr primitiv, vermutete er. Vielleicht haben sie auch besseren Umgang und wollen gepflegtere Gesellschaft, die eben zu ihrem komfortablen Haus passt, brummt er in den Raum.

Und jetzt steht sie da, sortiert ihr Portemonnaie in die Handtasche, weil sie einen Einschreibebrief aufgegeben hat. Genau jetzt streift sie der große Zufall, so als würde er einen Stein ins Wasser geworfen haben, der nun auf der Oberfläche Kreise zu schlagen beginnt. Sie hört, wie eine junge Frau hinter ihr nach einem abzuholenden Paket verlangt und dabei laut und deutlich ihre Straße und Hausnummer ansagt. – Es ist aber auch ihre Anschrift, nur dass die Hausnummer um eine Zahl geringer ausfällt. Ohne dass sie es hätte steuern können geht sie auf die junge Frau zu, schüttelt ihre Hand und sagt: „Da sind wir ja Nachbarn!“

Alles im Gesicht der jungen Frau beginnt zu lächeln. Fast hätte sie ihr Paket vergessen, als die Worte aus ihr nur so heraussprudeln. „Und wir - ich meine mein Mann und ich – dachten schon, dass sie „Alteingesessene“ uns Neue nicht haben wollen, also ablehnen, weil doch unser Haus um einiges größer als das ihre ist, und nun einen Teil ihres Gartens beschattet... Also kurz: wir dachten eben, sie mögen uns nicht und trauten uns nicht, sie anzusprechen.“

Und erst die recht derbe Bemerkung hinter ihnen wartender Kunden, ob sie hier Wurzeln schlagen wollen, brachte die beiden Frauen darauf, sich zu Hause zu verabreden. Heike Schmidt