Müggelheimer Bote
10. Jahrgang, Ausgabe 04/2004
April 2004
Müggelheimer Bote

Inhalt
Schloss Köpenick öffnet am 27. Mai
Wilde Schweine unterwegs
Gute Beteiligung beim diesjährigen Waldputz
Unterwegs mit dem Bus X69
Sportlergrößen: Der Schwimmer Michael Nickel
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Geschichten aus dem Müggelwald

Paulchens Ferien mit Pitti bei Opa

„Versprochen ist versprochen”, sagte Paulchen morgens beim Kuscheln im Bett zwischen seinen Eltern. „Ja, ja”, sagte der Vater, „aber mit dem Auto so weit zu Opa zu fahren, ist doch gar nicht schön.” “„Aber bei Opa ist es schön”, sagte Paulchen, „und ich habe frei und Opa wartet auf mich.” „Das stimmt”, sagte die Mutter und stand als erste aus dem Bett auf. Dann sprang Paulchen aus dem Bett und zum Fenster. Der Himmel war grau und auf der Straße hatten sich Pfützen gebildet. „Hm” machte Paulchen und tapste barfuß in sein Zimmer. „Hallo mein Pittichen, wir fahren heute zu Opa.” Und wie zur Antwort kreischte der blaue Wellensittich in seinem Käfig.

Für Paul ging heute alles viel zu langsam. Frühstücken, seinen kleinen Rucksack packen, eine Tüte mit Obst für Opa und der Käfig mit dem Wellensittich, welchem eine alte Tischdecke über gehängt wurde, standen bereit. Dann ging es mit den Dingen die Treppe hinunter, ins Auto und ab ging die Fahrt durch die Straßen der großen Stadt.

Vorsichtig fuhr Vater durch das Dorf und die riesigen Pfützen. Dann waren sie bei Opa vor der Gartentür. „Endlich” sagte Paulchen, sprang als erster aus dem Auto und klingelte. Da kam der Opa um die Hausecke, aber laut bellend war dann doch Dackel Toni als erster am Gartentor. „Da seid ihr ja, alles gesund und munter?” Die Eltern und Opa begrüßten sich und Toni sprang an Paulchen hoch. „Opi, sieh mal wer heute mitgekommen ist.” Paulchen wuchtete den Vogelkäfig aus dem Auto. „Gleich, gleich”, sagte er und nahm Paulchen den Käfig mit der Decke ab. „Erst mal rein in die gute Stube”, sagte Opa und ging allen voran.

Nachdem alle Kaffee getrunken hatten, waren die Eltern nach Hause gefahren und Paulchen war nun bei seinem geliebten Opa. Der Käfig mit Pitti bekam einen Platz auf der Kommode und alles wurde ausgepackt. „Was ist denn das?” fragte Opa und hielt eine Schale mit kleinen, rosa, stachligen Früchten in den Händen. „Das sind Litschis” sagte Paulchen. „Die esse ich gerne, denn sie sind süß.” Als alles ausgepackt war, sagte auf einmal Paulchen: „Mist!” Opa drehte sich um. „Was ist los?” „Wir haben das Futter für Pitti vergessen.” „Hm” sagte Opa, kratzte sich an seinen grauen Bartstoppeln und sah zur Kuckucksuhr. „Junge mach schnell, zieh dich an, wir gehen zu meinem Freund Kulla.” Opa hatte noch seine Einkaufstasche gegriffen und schon gingen sie den kleinen, schmalen Wiesenweg entlang.

Dann standen sie vor dem Gartentor eines noch kleineren Häuschen als das von Opa. Sie gingen gleich zur Haustür und Opa klopfte laut an. Bald danach wurde sie geöffnet und ein kleiner, rundherum dicker Mann stand in der Tür. „Das ist aber ein seltener Besuch”, sagte er. Paulchen sah auf den Mann und dachte: „Nun weiß ich auch, warum Opa ihn Kulla nennt.” Opa besprach mit ihm das Problem, darauf zog dieser sich seine Joppe an, nahm die Schlüssel und schon stapften sie alle drei durch die Wiesenwege bis zu seinem Trabbi. „Oh, cool”, rief Paulchen, „jetzt fahren wir mit einem Trabbi ins Dorf.” Paulchen kletterte nach hinten und Opa saß neben seinem Freund. Rhumm, rhumm, heulte der Motor auf und weiter ging es mit tak, tak, tak. Für Paulchen waren das völlig neue, laute Geräusche und holpernd setzte sich der Trabbi in Bewegung.

Paulchen besah sich während der Fahrt das Auto von innen. Es war alles klein, eng und niedrig und höllisch laut. Dann sah er sich nach hinten um. Da entdeckte er das Tollste. Direkt vor der Rückscheibe saß ein kleiner, brauner Dackel, der unentwegt mit dem Kopf nickte. „Och, was ist das?” fragte Paulchen. „Das ist mein Wackel-Dackel”, sagte der Freund von Opa. Dann waren sie im Dorf, gingen in die kleine Kaufhalle und kauften für Pitti eine ganze Tüte Futter und Opa stellte noch zwei Flaschen Bier an der Kasse hin. „Das haben wir gerade noch geschafft, bevor alle Geschäfte geschlossen haben”, sagte Opas Freund Kulla, als er sich hinter das Steuer zwängte und gleich ging es zurück.

In Kullas Häuschen angekommen, setzten sich die Männer an den Tisch, jeder die Flasche Bier vor sich und hatten viel zu erzählen. Paulchen versuchte derweil mit dem dicken, roten Kater zu spielen, aber der wollte nicht spielen, sondern lieber raus in den Garten. Gut dachte Paul, öffnete die Tür und jups war der Kater draußen. Ehe Paul die Tür zu gemacht hatte, war der Kater schon verschwunden.

Dicht am Haus stand ein Schuppen. Die Tür war nur angelehnt also konnte er da mal rein sehen. Da waren Kohlen und gehacktes Holz gestapelt. Kisten, Tontöpfe und jede Menge Gerümpel. Daneben war noch ein Schuppen. Hier waren ein Fahrrad, und Gartengeräte, aber nichts vom Kater zu sehen. Paulchen stromerte weiter durch den Garten. Vor einer Hecke stand ein kleines Gewächshaus. Aus der braune, frischen Erde der Tischbeete sprossen erste grüne Spitzen von ich weiß nicht was. Unter den Tischen lagen Tontöpfe, Gießkannen und kleine Kisten.

Da rief ihn der Opa. „Wir wollen uns verabschieden.” Paul gab Kulla die Hand und bedankte sich, dass er im Trabbi mitfahren durfte. Kulla schmunzelte und seine braunen Augen sahen ihn sehr freundlich an. Dann ging Opa mit Paul rüber in sein Häuschen.

Am nächsten Morgen staunte Paulchen, als er aus dem kleinen Fenster im Dachgiebel von Opas Häuschen sah. Die Sonne hatte sich einen Weg durch die Wolken gebahnt und ließ nun die Regentropfen auf Bäumen und Gräsern zauberhaft glitzern. Am Schönsten jedoch sahen die ersten blühenden Obstbäume aus. Aus den Wiesen duftete es nach Frühling. Es war wie in einem Zauberland. „Opi, bist du schon aufgestanden?” „Na klar”, hörte er es von unten. Schnell schlüpfte er in seine Hausschuhe und kam die kleine Stiege runter. „Guten Morgen Opi und guten Morgen Pitti”, rief Paulchen. Der Opa rasierte gerade seinen Bart und dieser war ganz voll Seifenschaum. Obwohl Pitti schon mächtig krakeelte, sah er fasziniert dem Opa zu. Dann zog er die Tischdecke von Pittis Käfig und sagte, sein Gesicht ganz dicht am Käfig: „Pitti, guter Pitti”. Immer wieder: „Pitti guter Pitti”. Der Wellensittich legte das Köpfchen etwas schief und blinzelte mit den kleinen hellgelben Äuglein. Dann klopfte er mit dem Schnabel an die Gitterstäbe und plötzlich hörte Paulchen wie sein Pitti, ziemlich gequetscht „Pitti, Pitti” sagte. „Opi”, sagte Paulchen, „hast du das eben gehört? Er hat das erste mal Pitti gesagt.” „Hm”, machte der Opa, „ich hab‘s genau gehört, aber nun fix waschen und Zähne putzen und so weiter, denn wir haben viel zu tun.“

Beide traten vor die Haustür. Der Dackel Toni schob sich durch ihre Beine und tobte fröhlich im nassen Gras herum, dass die Ohren nur so flatterten. „Und wir Männer müssen nun ein bisschen aufräumen. Der Regen und der Wind gestern habe eine ganze Menge durcheinandergewirbelt.” Er drückte Paulchen einen Besen in die Hand, er selbst nahm eine große Harke. Sie fegten und harkten, den Weg zum Stall, wo die Kaninchen und die Hühner waren, um das Haus herum, zum Gartentor , auf der Wiese. Beide schwitzten und der Opa wischte sich den Schweiß mit einem großen Taschentuch von der Stirn. „Opi, ich hab gar nicht gewusst, dass das so eine schwere Arbeit ist.” „Hm”, machte der Opa nur und sah über die glitzernden Wiesen. Der Himmel war strahlend blau und langsam trocknete die Sonne die nassen Wege und Wiesen. „Nun komm erst mal mein Paulemann, jetzt bekommen die Tiere ihr Futter und dann werden wir frühstücken.”

Als sie beide in der gemütlichen Küche am Tisch beim Frühstück saßen, fragte Paulchen was sie wohl heute machen könnten. Da sagte der Opa: „Du hast doch gestern bei meinem Freund das kleine Gewächshaus gesehen, nicht wahr?” „Ja und?” sagte Paulchen. „Kulla und ich nutzen das Gewächshaus gemeinsam. Gestern haben wir uns beraten, was in diesem Jahr repariert werden muss und was jeder dabei zu tun hat,” sagte der Opa. „Wir beide könnten damit anfangen, neue Aussaat- und Pikierkisten zu bauen. Natürlich nicht den ganzen Tag, jeden Tag werden wir ein bißchen bauen, aber auch ein paar Stunden bei dem schönen Wetter in den Wald oder ans Wasser gehen.”

Und so wurde es gemacht. Wie im vergangenen Jahr wanderten sie an die Spree, um dort die jungen Entenfamilien zu bestaunen, über die Tauchversuche der kleinen Blesshühner zu lachen oder auch beim Anblick der kleinen Schwäne das Märchen vom hässlichen kleinen Entlein zu erzählen. Am Nachmittag wurden im Schuppen Holzbrettchen gemessen, angezeichnet, gesägt und genagelt. Es hat beiden viel Spaß gemacht. Abends, nach dem Abendbrot haben sie noch etwas gespielt oder mit Kulla zusammen ferngesehen. Als die Ferienwoche zu Ende war, waren sie ganz stolz, dass acht Pikierkisten und vier kleine Aussaatkisten fertig geworden waren. Zur verabredeten Zeit kamen die Eltern von Paulchen, um ihren Sohnemann wieder nach Hause zu holen. Freudig erzählte Paulchen ihnen, was er so alles erlebt hatte. Liebevoll verabschiedete sich besonders der Opi von seinem Paulchen und half den Vogelkäfig in das Auto zu stellen. Als die Eltern und Paul schon im Auto saßen, hörten alle, wie unter der alten Tischdecke der Wellensittich „Pitti, Pitti” schwatzte und alle mussten lachen. Der Vater fuhr an und mit viel Winken blieb der Opa mit dem Toni am Gartentor zurück. Zu Hause angekommen sagte Paulchen zu seinem Vater: „Warum haben wir eigentlich keinen Wackeldackel im Auto?” Der Vater sah seinen Sohn verständnislos an: „Wackeldackel?. . .” MS