Müggelheimer Bote
10. Jahrgang, Ausgabe 04/2004
April 2004
Müggelheimer Bote

Inhalt
Schloss Köpenick öffnet am 27. Mai
Wilde Schweine unterwegs
Gute Beteiligung beim diesjährigen Waldputz
Unterwegs mit dem Bus X69
Sportlergrößen: Der Schwimmer Michael Nickel
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Sportlergrößen in Müggelheim

Trotz Behinderung immer sportlich aktiv: Der Schwimmer Michael Nickel

von Gisela Winkelmann

Schon im zweiten Lebensjahr, 1959, stellten die Ärzte bei dem Kleinkind Michael die Diagnose: spinale Kinderlähmung. Das war für die Eltern und den aufgeweckten Michael zunächst sicherlich nicht leicht. Wie tapfer und zielstrebig, bis hin zu großen sportlichen Erfolgen er sein Leben meistert, soll dieser Beitrag belegen.

Aufgewachsen ist der heute 47jährige Schwimmsportler in Berlin-Karlshorst. Um auch am Schulsport teilnehmen zu können, besuchte er die Körperbehindertenschule in Friedrichshain. Seine guten schulischen Leistungen ließen es zu, dass er auch außerhalb des Schulsports in verschiedenen Vereinen trainierte.

Michael Nickel mit Sohn Christoph beim Müggelseeschwimmen 1997. F: privat

Vier Jahre lang, von 1968 bis 1972, war er im Ruderverein „Medizin Buch”. Sitzvolleyball betrieb er von 1973 bis ’77. Doch der Schwimmsport begeisterte ihn so sehr, dass er ihn von 1974 an parallel ausübte, zunächst im EAW-Treptow und seit 1991 beim BSV Nordost. Die guten Platzierungen im nationalen und internationalen Vergleich zeugen von seinem sportlichen Einsatz. Dabei blieb die berufliche Laufbahn nicht auf der Strecke. Der ehrgeizige Sportler absolvierte das Abitur, wurde Elektronikfacharbeiter und studierte anschließend an der Fachhochschule in Mittweida mit dem Abschluss eines Dipl.-Ing. für Elektronik. In seinem Beruf ist Nickel noch heute erfolgreich tätig.

Seine Ehefrau Steffi heiratete er 1986. Familie Nickel lebt mit ihrem Sohn Christoph seit 1995 in Müggelheim. Auch Christoph ist ein begeisterter Schwimmer. Vater und Sohn nehmen alljährlich am Müggelsee-Schwimmen von Rahnsdorf nach Friedrichshagen teil. „Wir sind keine Sieger, befinden uns aber meist im vorderen Mittelfeld”, so Vater Nickel. Im Urlaub zieht es die Familie bevorzugt in nordische Länder. Dänemark und Schweden sind mit dem kleinen Campinganhänger häufige Ziele.

Der Schwimmer ist immer noch sportlich aktiv. F: wi.

Ein besonderes Erlebnis war für Michael Nickel 1990 die Teilnahme an der Behinderten-Europameisterschaft in Assen (Holland). Dort errang er den 7. Platz im 100-Meter-Rückenschwimmen. „Dabeisein war für unsere ostdeutsche Mannschaft damals bedeutender, als riesige Wettkampfdaten. Die internationale Konkurrenz war enorm. Wettkämpfe im Reiten, Segeln, Leichtathletik, Schwimmen, Basket- und Volleyball, Kugelstoßen, Bogenschießen und Rollstuhl-Marathon wurden dort ausgetragen. Da ich zum erstenmal die Gelegenheit hatte ins westliche Ausland zu reisen, nahm ich die Familie gleich mit. Natürlich wohnten wir im Campinganhänger auf dem Zeltplatz in Assen”, erinnert er sich schmunzelnd.

Der holländische Behindertensportverband sammelte für die DDR-Mannschaft Geld, so dass sie sich im Land umsehen konnten. „Unvergessen sind mir die Grachtenfahrten durch Amsterdam mit einer Stadtbesichtigung und der Vincent van Gogh-Ausstellung geblieben. Die Holländer zeigten sich von ihrer gastfreundlichsten Seite, eine, die man in Deutschland kaum kennt”, erzählt Michael Nickel. Diese Europameisterschaft war die erste und einzige, an der eine Behindertenmannschaft der ehemaligen DDR im westlichen Ausland teilnehmen durfte. Sein Unverständnis an dem Desinteresse der DDR-Obrigkeit am internationalen Geschehen im Behindertensport, äußerte Nickel in einem Brief an den Präsidenten des DTSB und den Reporter Heinz Forian Oertel. „Selbst an der Behindertenolympiade 1988 in Seoul durften wir nicht teilnehmen. Auf meine Schreiben bekam ich nur lapidare Antworten”, ärgert sich der Müggelheimer noch heute.

Der große, freundliche Schwimmer Michael Nickel lässt sich seinen Optimismus nicht nehmen. Wöchentlich trainiert er in der Arena an der Landsberger Allee, außerdem im Trainingslager Lindow oder in Bad Blankenburg bei Jena. Im Sommer geht es mit dem eigenen Boot von den Berliner Seen aus nach Mecklenburg, sogar in Südschweden wurde schon, immer mit der Familie, vor Anker gegangen. Der flexible Sportler Michael Nicken ist nicht nur im, sondern auch auf dem Wasser richtungsweisend - genauso, wie im Leben.


Die größten Erfolge des Schwimmers

1976 - DDR-Meisterschaft: 2. Platz (50 m Rücken)
1983 - DDR-Meisterschaft: 3x 2. Platz (50 +100 m Rücken, 100 m Freistil), 3. Platz (50 m Freistil)
1984 - DDR-Meisterschaft: 2x 3. Platz (50 +100 m Rücken)
1985 - DDR-Meisterschaft: 3. Platz (100 m Rücken)
1988 - DDR-Meisterschaft: 2x 3. Platz (50+100 m Rücken)
1989 - DDR-Meisterschaft: 1. Platz (100 m Brust), 4x 2. Platz (50+100 m Rücken, 100 m Freistil, 50 m Schmetterling), 2x 3. Platz (50 m Brust, Lagenstaffel)
1990 - Internationale Deutsche Meisterschaften: 1. Platz (50 m Rücken) World Championships and Games for disabled, Assen: 7. Platz (100 m Rücken)
1991 - Internationale Deutsche Meisterschaften: 2x 1. Platz (50 + 100 m Rücken), 2. Platz (200 m Lagen), 4x 3. Platz (200 + 400m Freistil, 50 m Brust, Lagenstaffel)
1993 - Internationale Deutsche Meisterschaften: 2. Platz (400 m Freistil), 2x 3. Platz (100 m Rücken, 200 m Freistil)
2002 - Deutsche Kurzbahnmeisterschaften: 3. Platz (Lagenstaffel)