Müggelheimer Bote
10. Jahrgang, Ausgabe 04/2004
April 2004
Müggelheimer Bote

Inhalt
Schloss Köpenick öffnet am 27. Mai
Wilde Schweine unterwegs
Gute Beteiligung beim diesjährigen Waldputz
Unterwegs mit dem Bus X69
Sportlergrößen: Der Schwimmer Michael Nickel
Weitere Meldungen
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Müggelheimer Bote
 

Wilde Schweine in der Hauptstadt unterwegs

von Florian Möllers

Sommer in Berliner Vorgärten: Blüten in wunderbaren Farben, dazwischen buntbemützte Gartenzwerge; Frösche quaken, an der Vogeltränke baden Singvögel, ab und zu flitzt ein Eichhörnchen über den Gartenzaun. Keine Frage: Die Hauptstädter genießen die Nähe zur Natur und freuen sich über alles, was da so kreucht und fleucht. Naja, fast alles. Kritisch wird‘s bei den borstenbewehrten Wühltrupps, die in etlichen Berliner Vororten grunzend auf links drehen, was zuvor im heimischen Garten gewachsen ist. „Naturnahes Wohnen” erhält da eine ganz neue Dimension. Und so mancher Heimgesuchte wird sich fragen: Was wollen die Wutzen überhaupt in der Stadt?

Wildschweine hat es in Berlin immer schon gegeben. Zugegeben, nach dem Mauerfall nahm ihre Zahl noch einmal zu. Plötzlich waren für Ossi- wie Wessischweine die Wege frei durch die grünen Adern der Stadt: durch Grabenanlagen, Kanäle, Parks, Seen und Alleestraßen. Und sie fanden hier alles, was sie brauchten. An erster Stelle: Nahrung. Viele Wildschweinfans in Berlin meinen, dass die Tiere Hunger leiden und verfüttern, was die Küche hergibt. Das ist Unsinn und hat zur Folge, dass Wildschweine sich solche Futterplätze einprägen und immer wieder aufsuchen. Genauso die Stellen, wo Anwohner Gartenabfälle und verdorbenes Obst und Gemüse in den Wald karren. Hier finden die Schweine Würmer und Schnecken in Massen. Der Abstecher in das Wurmparadies „gut bewässerter Garten” ist da genauso vorprogrammiert wie aufdringliches Betteln am Garagenweg.

Angst muss man deswegen nicht haben. Wildschweine sind ausgesprochen friedliche Tiere. „Aber da hat doch neulich eins den Hund von . . .” Na, wie würden Sie denn reagieren, wenn Sie jemand kläffend bestürmt oder gar Ihren Nachwuchs bedroht?

Spätestens dann wird klar, dass Sie durch Fütterei und Menschenkontakt nicht zu Schoßhündchen geworden sind. Sie sind sehr schnell und haben genug Kraft, einen 40-Kilo-Hund einige Meter durch die Luft zu schleudern. Respekt ist also angebracht. Gleichzeitig gehören Wildschweine zu den intelligentesten - den lern- und anpassungsfähigsten - Tieren. Und wo sie im Gegensatz zu ihren „wilden” Artgenossen noch nicht einmal bejagt werden dürfen (Abschuss ist im Siedlungsgebiet der Stadt nur in Ausnahmefällen gestattet), bleiben sie so lange, wie ihre Grundbedürfnisse an Nahrung, Deckung und Wasser gedeckt sind. Wir müssen uns also mit den borstigen Nachbarn arrangieren. Mit etwas weniger Tierliebe und etwas mehr Toleranz dürfte das im weltoffenen Berlin aber kein Problem sein - oder?


Buchtipp

160 Seiten spannende Bilder und Geschichten rund um Wildschweine in ganz Europa - mit Schwerpunkt Berlin - gibt es in dem Bildband „Wildschweine” (Kosmos Verlag) von Florian Möllers. Mehr Infos unter www.florianmoellers.com