Ostern 2006

von Siegfried Menthel

Reich beschenkt sind wir Mitte März aus Äthiopien heimgekehrt. Beschenkt mit der Freundlichkeit und dem Lachen vieler Menschen. Das ist wirklich das dominierende Grundgefühl. Die schmerzenden Anblicke, die jeder Tag für uns bereithielt, werden wir aber auch nicht so schnell vergessen: Menschen, gezeichnet von Armut und körperlichen Behinderungen, die wegen des fast vollständig fehlenden Sozialsystems auf der Straße sitzen und betteln. Das nicht zu übersehen, sondern hinzusehen, führt nicht dazu im Unglück zu ertrinken, sondern - seltsame Verwandlung - weckt Kräfte, bestärkt das Gefühl von Zusammengehörigkeit, schenkt Freude.

Was geht hier vor?

Im Neuen Testament ist der Wunsch zu lesen, mit dem der Verfasser des Epheserbriefes seine Leser prüft: „Gott gebe euch erleuchtete Augen des Herzens, damit ihr erkennt, zu welcher Hoffnung ihr von ihm berufen seid, wie reich die Herrlichkeit seines überschwenglichen Erbes ist.“ (Epheserbrief, Kapitel 1, Vers 18)

Erleuchtete Augen des Herzens - das ist ein schöner Wunsch. „Man sieht nur mit dem Herzen gut“, weiß der Kleine Prinz.

Ein Blick von Innen her, aus der Liebe heraus, ist gemeint. Liebe sieht mehr.

Ich glaube, dass wir Gott auch in uns tragen und mit seinen Augen auf die Welt und die Menschen blicken können. So erfüllt sich dann der Wunsch um die erleuchteten Augen des Herzens. Und was sehen wir?

Für einen inspirierenden Augenblick leuchtet über dem armen Menschen vor uns, sowie über den knappen Ressourcen von Herzensgüte ringsum, ein Wiedererkennen: Ist nicht Christus auch als armer Mensch gekommen und hat er uns nicht angekündigt, uns in den Armen wiederzubegegnen?

Wir dürfen davon ausgehen, dass Gott liebevoll auf alle Geschöpfe blickt. Wenn wir die Armen nicht übersehen, sondern auf sie zugehen, entdecken wir, dass von ihnen unendlich viel mehr zu sagen ist, als dass sie arm sind. Sie sind aus Liebe ins Leben gerufen, wie wir auch. Jeder hat seine eigene kostbare Geschichte. Und über jedem Menschenleben leuchtet die Verheißung, auf ewig bei Gott geborgen zu sein.

Daraus folgt nicht, dass wir die Hände in den Schoß legen und abwarten was passiert. Das ist unmöglich, wenn Gott die Augen unseres Herzens erleuchtet. Dann werden wir uns liebevoll einander zuwenden.

Für mich ist das ein Signal des neuen Lebens. Christus ist auferstanden und begegnet uns von neuem. Er löst uns aus Angst und Erschrecken. Wir werden beweglich und dankbar.

Das wünsche ich Ihnen, die Sie diese Zeilen lesen, dass die Augen Ihres Herzens erleuchtet werden und Sie aufstehen können aus dem, was Sie niederdrückt.

Neulich fand ich diesen afrikanischen Segen: Der Herr segne dich. Er erfülle deine Füße mit Tanz und deine Arme mit Kraft. Er erfülle dein Herz mit Zärtlichkeit und deine Augen mit Lachen. Er erfülle deine Ohren mit Musik und deine Nase mit Wohlgerüchen. Er erfülle deinen Mund mit Jubel und deine Seele mit Freude.

Kirchentermine im April