Müggelheimer Bote
12. Jahrgang, Ausgabe 2/2006
Februar 2006
Müggelheimer Bote

Inhalt
Keiner will den Müggelturm
Johannes Zwingenberger - und sein Geheimnis vom Jungbleiben
Schönefeld: Großer Andrang für Leipzig
Ehrung für Irene Kruschke
Kultur-Wochenende: Staunen, Stimmung, Stil
Immer mehr Schlaganfall-Patienten
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Serie für den Natur- und Gartenfreund

Wie die Siedlung sich entwickelte - „Haiga“ 2. Teil

von Marianne Schäfer

Mit der Gründung des Siedlervereins und der Festlegung der Statuten 1937, fanden sich immer mehr Interessenten für ein Grundstück in der Heiga. Alle Grundstückskäufer an der östlichen Seite des Krampenburger Weges hatten die Probleme mit der unterschiedlichen Hanglage. Böschungen wurden abgestützt, Terrassen gemauert, ebene Flächen planiert. Alles schwere Arbeiten ohne die Technik die wir heute kennen.

Die wichtigste Zuwegung, der Hallgarter Steig, wurde in Gemeinschaftsarbeit mit Bauschutt und Schlacke befestigt. Um einen geraden, stark abschüssigen Weg zu vermeiden, wurde er mit zwei leichten Schwingungen angelegt. Rechts und links des Steiges wurden Rotfichten gepflanzt. An einigen Stellen sind die Fichten nicht angegangen, hier wurden Süßkirschen nachgepflanzt.

Fast am Ende der Heiga war die Böschung am höchsten. Eine halbrunde Kehle, darunter eine ebene Fläche. Hier wurden zu Beginn der Parzellenverkäufe sehr viele Obstbäume gepflanzt, ebenso an der unzerteilten Uferpromenade. Wenn die hochstämmigen Obstbäume blühten, muss es wie im Garten Eden gewesen sein. Wer diese Bäume gepflanzt hat, konnte ich nicht genau ermitteln. Ich vermute, dass es der Gärtner Kleinert war, welcher als einer der ersten Siedler, möglicherweise im späteren Hetschold Haus, im Gründerzeit-Stil, gelebt hat. Ich habe noch die wunderbaren Knubberkirschen am Hallgarter Steig gepflückt und auch von den Äpfeln und Birnen an der Uferpromenade gegessen.

Im Frühling 1920 kam der Kaufmann Karl Hartwig aus Berlin, in die Heiga. Sah den steilen Hang, die Große Krampe war nicht weit und schnell war sein Konzept klar, hier wird die Hartwig-Quelle sprudeln. Am 21. Juni 1920 hat er sich erstmals um den Kauf des Geländes bemüht. Im Mai 1928 war seine Aktiengesellschaft eingetragen. An der Stelle, wo heute wieder das nach dem Brand 1945 errichtete Makowski Haus steht, war einst ein sehr hübsches Haus im Bayerischen Stil mit oben umlaufendem Balkon. Hier hatte Hartwig seine „Halle“ für die Kurgäste. Im Sommer konnten die Gäste an Stehtischen das Quellgetränk genießen. Dazu hatte er die herrlichen Obstbäume in entsprechender Höhe absägen lassen und Tischplatten aufgesetzt. „Mensch sei helle, trink Hartwig-Quelle“ war sei Werbespruch. Dem müssen viele gefolgt sein, denn dem Konkurrent Fachinger war das Unternehmen ein Dorn im Auge. Er klagte Hartwig wegen Betruges an. Offensichtlich wurde der Betrug auch aufgedeckt. Neben dem Haus mit der Trinkhalle stand ein Pumpenhaus. Darin war eine sehr große Einkolbenpumpe. Diese pumpte das Wasser bis hoch auf den Höhenrücken, drückte es durch die Rohre. Und dann sprudelte das Krampenwasser als Hartwigquelle wieder ans Tageslicht. Wurde in Flaschen abgefüllt und auch frisch aus der Quelle an die Kurgäste ausgeschenkt.

Inzwischen sind viele Jahre vergangen. Damals zogen die neuen Grundstücksbesitzer erst als Untermieter zu Familien deren Haus schon länger stand, um mit ihren Angehörigen in der Nähe ihrer Arbeitsstelle zu sein. Die einstigen Holzhäusern, aus den Zeiten in denen es auch schon viele arbeitslose Männer gab, sind inzwischen baulich sehr verändert worden. So ist beispielsweise das Haus, in dem meine Freundin wohnte, nachträglich unterkellert worden. Dann wurde eine Veranda angebaut und das Haus mit Lingolit-Platten, welche dann verputzt wurden, „ winterfest“ gemacht. Erst in den 70er Jahren wurde dieses Haus ummauert und aufgestockt.

Ich kann mich erinnern, dass wir bei Onkel Hetschold gewohnt haben. Onkel Hetschold war Bäckermeister und meine Mutter hat in seiner Küche das Mittagessen für uns alle gekocht, aber gebacken hat er selber. Im Haus duftete es nach Kuchen oder frischem Brot aber auch nach Zigarrenrauch, denn die Zigarre von Onkel Hetschold ging nie aus. In seinem Garten standen auch alte, große Obstbäume und diese standen auf einer Wiese, in der ganz viele kleine Frösche hüpften. Meine Schwester und ich hatten je eine kleine Gießkanne. Das Wasser schöpften wir aus der Regentonne, welche dicht am Haus tief in die Erde eingegraben war. Plötzlich fiel meine kleine Schwester kopfüber in die Tonne. Ich konnte sie gerade noch über Wasser halten und habe laut geschrieen. Unsere Mutter kam angerannt und hat sie aus der Tonne gezogen.

Ich kenne die Heiga, die steile Treppe aus Rüdersdorfer Kalkstein, den Poetensteig, im Winter die tolle Rodelbahn die uns der Hallgarter Steig bot und besonders die schöne Uferpromenade mit der kleinen Badestelle wo wir im Sommer alle Schwimmen gelernt haben. Hier habe ich meine Kindheit verbracht, eine glückliche Zeit.