Müggelheimer Bote
13. Jahrgang, Ausgabe 11/2006
November 2006
Müggelheimer Bote

Inhalt
Verkehrsinfarkt am Dorfanger?
Original portugisische Stimmung im Dorfanger
Umfrage: So denken die Müggelheimer über ihren Boten!
Wasserretter ziehen Bilanz
Die neue Bauordnung für Berlin
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Müggelheimer Bote
 

Die neue Bauordnung für Berlin

von Diplom-Ingenieur (FH) Christian Zwingenberger

Seit Inkrafttreten der neuen Bauordnung am 1. Februar 2006 vertreten viele Bauwillige die Meinung, endlich sei ein Gesetz verabschiedet worden, das Tür und Tor öffnet, Baumaßnahmen teilweise ohne eine Baugenehmigung realisieren zu können. Achtung, das trifft nicht immer zu und deswegen möchte ich Ihnen ein paar Hinweise geben, die Sie vor Unannehmlichkeiten schützen sollen.

Bevor ich ins Detail gehe, möchte ich erst einmal auf die Gründe eingehen, die den Berliner Senat veranlasst haben, ein neues Gesetzeswerk zu schaffen. „Reformieren“ ist gegenwärtig in Deutschland in aller Munde und die Medien sorgen dafür, dass dieses Thema sich in den Köpfen der Bevölkerung etabliert. Der Berliner Senat hat sein Reformprojekt erfolgreich realisiert: Die neue Bauordnung für Berlin ist da!

Ingeborg Junge-Reyer, Senatorin für Stadtentwicklung, verkündete stolz, mit der neuen Bauordnung für Berlin würden das Verfahrens- und materielle Recht auf die notwendigen Regelungen beschränkt und vereinfacht, bzw. neben der Neufassung der Bauordnung für Berlin seien weitere Gesetzänderungen, mit dem Ziel einer nachhaltigem Erleichterung des Bauens in Berlin umgesetzt worden.

„Erleichterung für das Bauen in Berlin“, für viele Bauherren eine wohltuende Information. Der langersehnte Wunsch die Garage, den Schuppen oder auch den Zaun ohne Baugenehmigung erstellen zu können, ist endlich in Erfüllung gegangen!

So einfach ist das auf keinen Fall zu verstehen! Der Bauwillige ist gut beraten, wenn er sich keinen Planungsfachmann leisten möchte, sich vor Baubeginn zunächst bei der hierfür zuständigen Behörde in aller Regel dem für das Bauplanungsrecht zuständigen Stadtplanungsamt beraten und informieren zu lassen. Es empfiehlt sich, einen einfachen Lageplan des Grundstückes und wenn möglich eine Flurkarte im Maßstab 1: 1000 mitzubringen. Die Flurkarte erhält man beim Vermessungsamt gegen eine kleine Gebühr. Im Verlaufe dieses Gespräches wird er u. a. auch auf die Einhaltung der zu beachtenden Paragraphen in der neuen Bauordnung hingewiesen, § 53 Bauordnung Berlin.

Die Verantwortung liegt beim Bauherren

Im Klartext heißt das, der Bürger ist verpflichtet, dass seine geplante Baumaßnahme den Anforderungen der neuen Bauordnung für Berlin entspricht. Er ist eigenverantwortlich für sein Vorhaben, angefangen von der Planung bis zur Ausführung.

Die Eigenverantwortlichkeit des Bauwilligen über die Einhaltung der bauordnungsmäßigen Gesetzmäßigkeiten oder wie das auch im Fachjargon heißt, die öffentlich-rechtlichen Belange, sind ernst zu nehmen, um später eintretende Unannehmlichkeiten zu vermeiden.

Welche Unannehmlichkeiten könnten es sein?

An erster Stelle steht die zu erwartende Auseinandersetzung mit dem Nachbarn, der schon hinter seiner Gardine lauert und beobachtet, was an seiner Grundstücksgrenze passiert. Er wird in den meisten Fällen das Bauamt aufsuchen und sich nach der Rechtmäßigkeit erkundigen. Das Bauamt ist in der Aufklärungspflicht und somit kommt der Stein ins Rollen. Das Ende vom Lied, das nachbarschaftliche Verhältnis ist, egal ob es gut war oder akzeptabel, vorerst getrübt, wenn nicht sogar zu Ende. Ein gestörtes Nachbarschaftsverhältnis kann ab sofort zur Qual werden!

Der einzuhaltende Brandschutz könnte zum Verhängnis werden, wenn zum Beispiel die Gebäudeabstände nicht eingehalten werden. Besonders ist dies zu beachten bei vorhandenen Bauten aus leichtentflammbarem Baumaterial, die auf dem eigenen oder nachbarschaftlichen Grundstück stehen. Sollte es zu einem Brandschaden kommen, hinterfragt die Versicherung die Rechtmäßigkeit der baulichen Situation. Eines ist im eingetreten Schadensfall sicher: Der Nachbar und seine Zeugen können genau sagen, wann die Baulichkeiten entstanden sind!

Sind bauliche Mängel die Ursache für einen Unfall, haben die Rechtsanwälte richtig zu tun, dem Schadensverursacher das Leben schwer zu machen. Sicher gibt es noch andere unangenehme Dinge, aber das soll vorerst genügen, um die Tragweite der Verantwortung zu erklären.

Was ist neu?

Ich konzentriere mich bei den nachfolgenden Erklärungen auf das Wichtigste. Sollten Sie mehr Details wissen wollen, bitte ich um einen Anruf unter 659 88 08.

1.Gebäudeklassen

Die Einteilung der „Gebäudeklassen“ 1-5 ist neu eingeführt worden. Interessant ist die Gebäudeklasse 1. Darunter fallen freistehende Gebäude mit einer Höhe der Fußbodenoberkante des obersten Geschosses bis zu 7 m und nicht mehr als zwei Nutzungseinheiten. Die Brutto-Grundfläche des Gebäudes ist mit 400 m² begrenzt.

Die Gebäudeklasse 2 und 3 ist im Prinzip ähnlich. Es handelt sich um einfache Gebäude, wie eben freistehende Ein- und Zweifamilienhäuser auch in geschlossener Bauweise, d.h. die Häuser stehen geschlossen ohne Zwischenabstand nebeneinander.

2. Abstandsflächen

Grundsätzlich gilt, dass Abstandsflächen von allen Seiten eines Gebäudes zu den jeweiligen Grundstücksflächen freizuhalten sind und das sind in der Regel 3 m. Vortretende Bauteile wie Gesimse und Dachüberstände müssen 2 m Abstand zu den Grundstücksgrenzen einhalten.Die „Grundstücksgrenze“ ist im rechtlichen Sinne nicht der Zaun oder die Hecke, nein, es ist die Strecke zwischen zwei Grenzsteinen. Sollten diese nicht gefunden werden, ist ein Vermesser einzuschalten, der durch eine Teilvermessung Sicherheit herstellen kann.

3. Grenzgaragen

Super, ab sofort kann ich ohne Baugenehmigung meine Garage nach Herzenslust errichten, so die Meinung vieler Leute. Liebe Leser, so einfach ist es nicht. Es stimmt, die Grenzgarage ist verfahrensfrei, aber die Ausführung muss, wie bereits anfangs erwähnt, den gesetzlichen Belangen der neuen Bauordnung entsprechen! Die Verfahrensfreiheit trifft auch zu für die Errichtung von Nebengebäuden ohne Aufenthaltsräume und Feuerstätten. Zu beachten ist die mittlere Wandhöhe zum Nachbarn von 3 m. Gemessen wird auf dem eigenen Grundstück zwischen der anstehenden Geländeoberkante und dem Treffpunkt der Wand- und Dachlinie. Die Länge der Grenzgarage ist auf 9 m begrenzt, die Dachneigung darf nicht größer als 45° sein und die Brutto-Grundfläche ist begrenzt auf 30 m². Nebengebäude dürfen 10 m² nicht überschreiten.

Interessant ist, dass ich jetzt meine Grundstücksgrenzen mit einer Garage oder einem Nebengebäude bebauen kann – auch in der Ecksituation – aber nicht länger als 15 m in der Gesamtheit der Gebäude.

Ein Beispiel dafür: Ich errichte eine Grenzgarage mit 9 m Länge zwischen Haus und rechter (auch linker) Grundstücksgrenze und beachte dabei die vorgeschriebene Baufluchtlinie, i.d.R. 5 m zum öffentlichen Straßenland. Das Gerätehauses kann ich in die Grundstücksecke setzen. Es darf aber nur zwei Seitenlängen von 3 m haben, denn, 9 m Garage plus 2 mal 3 m Grenzbebauung in der Ecke ergibt zusammen 15 m.

Lieber Leser, an dieser Stelle beende ich vorerst meine Ausführung zur neuen Bauordnung. In einer der nächsten Ausgaben des Müggelheimer Boten werde ich mich nochmals zu diesem Thema äußern. Sollten Sie Fragen haben, rufen Sie mich unter der bereits angegebenen Nummer an.