Müggelheimer Bote
13. Jahrgang, Ausgabe 05/2007
Mai 2007
Müggelheimer Bote

Inhalt
Alte Wasserrettungsstationen verschwinden
Angerfest wird groß gefeiert
Kinderfest mit Alpakas und Huskys
Schritt für Schritt zu einem schönen Erholungswald
Im Dienst einer gerechteren Welt
Katze in Not!
In Würde alt werden
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Gedanken aus Müggelheim

von Simone Jacobius


Es ist grausam. Manchmal frage ich mich wirklich, in was für einer Welt ich lebe. Was sind das für Menschen, die ihre Kinder misshandeln, vernachlässigen oder aussetzen? Was sind das für Eltern? Was ist das für eine Gesellschaft, die die Warnzeichen - die es immer vorher gibt - nicht wahrnimmt, oder aber ignoriert?

Die Fälle häufen sich in letzter Zeit. Hut ab vor einem Zwölfjährigen, der es mehr schlecht als recht schafft, seine drei jüngeren Geschwister über die Runden zu bringen und erst, als er gar nicht mehr weiter wusste, in letzter Verzweiflung das Jugendamt informierte. Doch was ist mit der Mutter, wie kann sie ihre vier Kinder zwischen 8 und 12 Jahren einfach für ein Jahr sich selbst überlassen?

Oder was ist mit dem Baby einer bekannten Modedesignerin, das so misshandelt wurde, das bei Redaktionsschluss bekannt wurde, dass es seinen Verletzungen erlegen ist? Und eben hörte ich schon wieder von einer Frau, die ihre 4 und 2 Jahre alten Kinder alleine zurückgelassen hat. Wie groß muss die Verzweiflung sein, wie groß die Hilflosigkeit?

Es fällt mir schwer eine Lanze für diese Eltern bzw. Mütter zu brechen. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, jemals so verzweifelt zu sein, dass ich so etwas täte. Doch ich war auch noch nie annähernd in solch einer Lage. Und weil ich mich nicht hineinversetzen kann, verdamme ich sie lieber auch nicht.

Aber, wo bleibt die Fürsorgepflicht der Gesellschaft, wo die der Behörden? Gerade im Fall der vier verlassenen Kinder in Pankow gab es schon erste Warnzeichen. Die Ämter waren bereits eingeschaltet. Ist es nicht gelungen, so viel Vertrauen aufzubauen, dass die Mutter einen Hilfeschrei ablassen konnte? Warum? Überlastung der Behörden, eine zu schlechte, wenig einfühlsame, nur auf Bürokratie ausgelegte Betreuung? Oder war die Mutter, wie es im Amtsdeutsch so schön heißt, „beratungsresistent”?

Es ist so schwierig, den Schuldigen zu finden. Aber eines weiß ich: All das Kompetenzgerangel, das Misstrauen, die Verzweiflung darf nicht auf dem Rücken der Kinder ausgetragen werden. Sie sind das schwächste Glied in der Kette Gesellschaft - Behörde - Elternhaus. Wir müssen wieder weg von der Ellenbogengesellschaft hin zu einer Gesellschaft, in der jeder auf ein gutes Miteinander achtet. Hin zu einer Gesellschaft, in der auffällt, wenn jemand nicht mehr weiter weiß, in der man sich gegenseitig hilft oder Hilfe organisiert.

Diese Kinder, die jetzt vernachlässigt und misshandelt werden, sind einmal maßgeblicher Teil unserer Gesellschaft. Wie soll die Gesellschaft besser werden bei solch geschundenen Kinderseelen?

Wir müssen weg davon, immer die Schuld bei irgendwem, irgendetwas zu suchen. Wir brauchen die Politik der kleinen Schritte. Jeder kann und muss sein Schärflein dazu beitragen, dass wir wieder eine sozialere Gesellschaft bekommen. Die Politiker genauso wie Schulen und Privatmenschen. Denn die bessere Gesellschaft fängt im eigenen Haus an, geht über den Gartenzaun hinweg und kann dann in ganz kleinen Wellen langsam weiterschwappen.

Wenn Sie merken, jemand benötigt Hilfe - bieten Sie sie ihm an. Wenn er sie nicht will, informieren Sie die zuständigen Ämter. Es sind jetzt genug Kinder gestorben, genug kleine Seelen misshandelt worden. Es ist bereits fünf Minuten nach zwölf! Packen wir es an.