Müggelheimer Bote
11. Jahrgang, Ausgabe 4/2005
April 2005
Müggelheimer Bote

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Endlich Frühling!

von Marianne Schäfer

Der vergangene Winter war in seinem Verlauf wirklich ungewöhnlich. In der ersten Januarhälfte waren die Nächte frostfrei, zum Ende des Monats dümpelten die nächtlichen Temperaturen so zwischen 0o C und -5,5o C. Auch im Februar waren die nächtlichen Temperaturen zunächst ähnlich. Erst Ende Februar erlebten wir nachts Temperaturen von -5o C, -7o C, auch -11o C und endlich viel Schnee. „Väterchen Frost” zeigte uns nochmal im März, bis über die Monatsmitte hinaus, was er kann.

Als langjährige Gartenbesitzerin beobachtet man auch im Winter seine Ziergehölze, die Stauden, Frühlingsblumen und kleinen Zwiebelblümchen. Besonders auffällig war für mich, dass die Haselbüsche schon Anfang Februar ihre gelben Pollen-Hänge-Kätzchen streckten und fröhlich in der Frühlingsluft schaukeln ließen. Die Zaubernuss entfaltete ihre gelben Fusselblüten, sie wurden später vom Schnee bedeckt und blühten bis weit in den März hinein. Der Winterjasmin, der geschützt an der Hauswand steht, begann Anfang Februar seine volle Blütenfülle zu entfalten. Aber leider sind bei dem Frosteinbruch Ende Februar alle gelben Blüten erfroren.

Schon im Januar begannen meine verschiedenen Christrosen Blütentriebe und Knospen zu treiben. Das hatte ich noch nie so erlebt. Die weiße Christrose „Helleborus nigra” stand zum Teil in voller Blüte. Aber auch die heimische „Stinkwurz” mit ihren dunkelgrünen Blättern und dem aufrecht stehenden Blütenschaft entfaltete schon ihre kleinen hellgrünen runden Blütchen mit dem roten Rand. Ja sogar die neapolitanische Christrose entwickelte Blütenschäfte und die rot und rosa blühenden „Heleborus orientalis” schoben ihre Blütenstängel aus der Mitte. Bisher hatten die Christrosen erst etwa im April geblüht. Als der Wetterbericht dann den Frost ankündigte, habe ich versucht, ihnen so gut ich konnte mit Stroh und Fichtenzweigen Schutz zu geben. Die Triebe bogen sich unter der Schneelast. Taute der Schnee, hoben sie sich wieder.

Auch die Schneeglöckchen schoben ihre grünen Blatttriebe schon im Januar aus der Erde und bald zeigten sie die ersten Blütenknospen. Als der Frost im Februar einsetzte, bogen sich ihre Blütenstielchen zur Erde, der Schnee deckte sie zu. Ein paar Sonnenstrahlen im März genügten, und aus dem Schnee schoben sich die Blätter und Blüten. Sie strahlen so viel Energie aus, dass der Schnee um sie herum schmilzt.

Vor 50 Jahren begannen einige Naturbeobachter genau solche Fakten in ihrem Umfeld zu beobachten und registrierten den genauen Beginn der Knospenentwicklung, den Blütenbeginn, die Blattentwicklung, die Fruchtbildung bis hin zum Laubfall. Diese Daten wurden dem Deutschen Wetterdienst gemeldet. Inzwischen sind es etwa 400 Personen, die die rund 70 wichtigsten Erscheinungen sofort melden. Diese Informationen helfen unter anderem den Meteorologen bei der Beratung der Landwirte und auch bei der Vorhersage für den Pollenflug. Alle Beobachtungen werden statistisch erfasst.

1999 wurden die Ergebnisse in einer Fachzeitschrift veröffentlicht und man erkannte den besonderen Wert bei der Klimabeobachtung. Die „Phänologie” wurde als Fachgebiet anerkannt. Mit Hilfe der Statistik ist belegbar, das der vorletzte Sommer durchaus im Trend lag. Die Schwankungen sind groß, die Aufzeichnungen über Jahre hinweg ergeben eine wilde Zickzack-Linie, die, launisch wie das Wetter, Veränderungen sofort erkennen lässt. Die Ausschläge werden größer und die Zickzack-Kurve neigt sich nach unten.

Die Statistik liefert den Beweis: Im langjährigen Mittel beginnen die Forsythien heute etwa vier Wochen eher zu blühen, als vor 50 Jahren. Die Natur grünt und blüht früher. Verschiedene Umweltfaktoren beeinflussen das Wachstum und die jahreszeitliche Entwicklung einer Pflanze: die Versorgung mit Nährstoffen, die Regenmenge, die Bodenqualität oder Krankheiten. Auch Standort und Alter können sich auf den Zeitpunkt bestimmter Phänomene auswirken.

Doch Blattaustrieb und Blüte im Frühjahr, werden zu einem erheblichen Teil durch die Lufttemperatur gesteuert. Ein Grad Celsius mehr im Monatsmittel lässt die Schneeglöckchen 5,3 Tage früher blühen. Ein Grad mehr im Durchschnitt, das entspricht dem Anstieg der mittleren Wintertemperatur in Europa von 1960 bis 1990. Tatsächlich ist in diesem Zeitraum der Frühling europaweit um sechs Tage nach vorne gewandert im Kalender. Und im Herbst werfen die Bäume ihre Blätter fünf Tage später ab, so dass sich die Vegetationsperiode binnen 30 Jahren um elf Tage verlängert hat.

Die Antwort der Natur auf die gestiegenen Temperaturen betreffen die verschiedensten Ökosysteme, vom polaren Eis bis zu den tropischen Meeren. Und sie lassen sich bei den Tieren ebenso feststellen, wie bei Pflanzen. Das Laichen der Frösche, das Schlüpfen von Raupen, der Flug der Zugvögel nach Norden - alles beginnt früher. Die Klimaveränderung wirkt sich auf die Natur aus, dieser Nachweis ist längst erbracht!

Klimaforscher haben Prognosen aufgestellt, wie sich der Klimawandel in den einzelnen Regionen auswirkt. Für Deutschland geht man davon aus, dass sich Süddeutschland schneller erwärmt als der Norden. Die Folge: Im Sommer und im Winter werden die Temperaturen höher liegen, als heute.