Müggelheimer Bote
12. Jahrgang, Ausgabe 8/2006
August 2006
Müggelheimer Bote

Inhalt
Tauziehen um Rettungsstationen beendet
Köpenick wird Wanderparadies
Müggelheimer reisten in die Masuren
Achim Baeyer (†) zum Gedenken
Sinn und Unsinn von Saunen und Co.
Radtour zum Kranichsturm
Klassentreffen nach 50 Jahren!
Weitere Meldungen
Karikatur
Gedanken aus Müggelheim
Aus den Vereinen
Leserbriefe
Kleinanzeigen
Kirche
Serie für den Natur- und Gartenfreund
Geschichten aus dem Müggelwald
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Müggelheim im Internet
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Geschichten aus dem Müggelwald

Roberts großer Auftritt

von Anne Müller

Als der Frühling endlich warm und fröhlich in Müggelheim einzog und mit ihm die letzten Eisschollen zu schmelzen begannen, erwachte mit ihm eine ganze Population an Fröschen, Fischen, Lurchen und sonstigen Wassertierchen. Gemeinsam krabbelten sie aus ihrer Schlafecke hervor, manche begannen sich aus tiefen Erdlöchern an die Oberfläche zu graben oder andere legten sich bäuchlings auf die Wasseroberfläche um sich zu wärmen; eine dicke Erdkröte hatte sich schon auf den Weg zum nahen Wasser gemacht und machte nun erste erfrischende Schwimmzüge.

Inmitten dieses heiteren Frühlingserwachens stieg Robert gut gelaunt aus seiner Schlammkuhle empor, öffnete seine Augen, blies die grünen Backen weit auf und quakte laut und ergreifend einen Willkommensgruß über die Krumme Lake. Sein Echo schien endlos. Niemand quakte so sicher und laut wie Robert. Er war zufrieden. Sein Erwachen hatte Respekt erzeugt. Gerda, die dicke Kröte grüßte scheu und verlegen zurück und auf dem Gewässer verstummte es für einige Zeit. Robert winkte lässig dem ansässigen Blesshuhn zu, welches nun wieder unbekümmert vor sich hin piepte. Und er blies seine Backen erneut auf, bereit für den lautesten und vollmundigsten Quak aller Zeiten: “..Quuuu..uu.“ Weiter kam er nicht. Was war passiert? Er setze von neuem an und wieder und wieder, doch kein Ton wollte seinen Backen entweichen.

Die Froschgemeinschaft Krumme Lake e.V. wurde ungeduldig, schließlich war Robert ihr gewählter Vorquaker und Ehrenmitglied. Letztes Frühjahr hatte er an überregionalen Meisterschaften teilgenommen und den Sieg gegen einen Grunewalder Teichfrosch errungen. Ein Murmeln und Räuspern wie in einer Theaterpause bewegte sich über die Wasseroberfläche. Robert schien sichtlich nervös, so etwas war ihm noch nie passiert. Er rieb sich die Backen, nahm einige Schwimmzüge und fraß einen Wassertreter. Die Spannung stieg. Einige Halbstarke quakten laut ...Buhh und die Gattin des Vorstandsvorsitzenden Hildegard W. begann herzzerreißend zu schluchzen.

Da, Robert war nun auf einen nahen Steg gesprungen und bereitete sich professionell auf seinen Auftritt vor. Diesmal durfte es nicht schief gehen. Zuviel hing davon ab. Seine Karriere und gesellschaftliche Stellung waren gefährdet. Was war Robert ohne seine Stimme? Robert blies und pumpte seine Backen bis zum Anschlag auf, dass sie schier zu platzen schienen und...und...NEIN. Kein Quak war zu Hören. Es war zwecklos. Große Tränen bildeten sich in seinem Froschgesicht und plumpsten einzeln und schwer auf ein frisches Teichrosenblatt. Robert verließ die Arena, ein Halbstarker namens MC Mücke hisste sein Banner an der Schilfstange und hüpfte energisch zu seinem Ghettoblaster. Dabei quakte er wild :“ yeahh, yeahh, f*** you all“, und so weiter.

Die ältere Froschgemeinschaft war empört. Frau Hildegard W. und Gerda verkrochen sich wieder in ihren Erdlöchern und Robert weinte unaufhörlich. Irgendwann, zum späten Abend gingen dem MC seine Texte aus und auch seine Gangstergroup „In-da-Teich“ wurde langsam müde. Sie beschlossen auf Brautschau zu gehen und kippten sich einige Mückenlarven hinter. Dies war die Gelegenheit für Robert mit dem neuernannten Teichvorquaker MC Mücke ein ernstes Wort zu reden. „Mein verehrter Herr Kollege...“,begann Robert „hinsichtlich dieser gespannten Lage möchte ich..Sie...verehrter..“, „ Jo, Mann was los? Voll reudisch dein Gelaber, willste mit mir battlen, oder wat?“ „Was..betteln..nein, nein nur einen Vorschlag machen.“ „Konkret, sag an.“ MC Mücke legte seine überdimensionalen Kopfhörer auf seine Plattensammlung und starrte angespannt zu Robert hinüber. Der wirkte leicht verärgert : „Wie wäre es wenn wir gemeinsam Vorquaken... ihre Vorstellung hat ja durchaus nicht jedem Teichbewohner gefallen. Ich zeige ihnen wie man professionell quakt und Sie treten mit mir gemeinsam auf!“

MC Mücke überlegte, schließlich war Robert mal sein Vorbild gewesen und er hatte gewiss nicht die ältere Froschgeneration verstoßen wollen. Sicher die paarungswilligen Jungfrösche hatten mit ihm die Krumme Lake gerockt, dass die Schilfhalme wackelten. Aber wollte er wirklich Tante Gerda verärgern? Sie war schließlich seine Lieblingstante. Andererseits was würde seine Truppe dazu sagen, wenn er das klassische Quaken anfangen würde. Wie uncool! Er schaute zu seiner Truppe hinüber wie sie im Abendlicht lautstark ein altes Boot demolierte. Einige Froschfräuleins kicherten verlegen. Dann hatte er eine Idee.

Er schlug Robert auf seinen Froschschenkel und rief freudig: „Korrekt, geht klar, aber nur mit meiner Truppe und meinen Texten.“ Robert schien erleichtert, auf den Text hört eh keiner dachte er sich und grinste. Am nächsten Morgen begann das Training. Robert war streng und MC Mücke entdeckte seine verborgenen Fähigkeiten. Das er so gut quaken konnte, hatte er nicht geahnt. „Hey, jo“, quakte er berührt, mit Freudentränen in den Augen und Robert lächelte zufrieden: „Gern geschehen“. Er hatte Mücke irgendwie lieb gewonnen.

Nach drei Wochen hartem Quaken war es soweit. Der erste gemeinsame Auftritt stand bevor. Robert hatte Arien aus Verdis Rigoletto und den alljährlichen Rosenkavalier eingeprobt, sie aufgepeppt und mit Texten von MC Mücke versehen. Mücke ließ sich aufwendig auf einem Fischrücken zur Bühne geleiten und Robert begrüßte sein Publikum. Und dann begann es...im Duett. Hildegard W. traute ihren Ohren nicht und erklomm freudestrahlend eine Schwarzerle auf der sie zu tanzen begann.

PS: Man hat übrigens Hildegard W. nie wieder so euphorisch erlebt. Mückes Truppe rockte im Schilfgürtel. Auch die unbeirrbaren Blesshühner wippten zu Mückes Gequake. Gerda rief ergriffen: „Das ist mein Neffe!“ und rieb sich die Augen voller Stolz. Man sagt, dass in dieser denkwürdigen Nacht der borstige Karpfen Harald mit seinem Erzrivalen Thorsten dem Schlei Frieden geschlossen habe als der liebliche Klang in die Tiefe vordrang und jegliche böse Gedanken von Harald verscheuchte.