Müggelheimer Bote
14. Jahrgang, Ausgabe 09/2007
September 2007
Müggelheimer Bote

Inhalt
Abriss der ASB-Station verschoben
Künstler im Porträt: Luzid
Treu zu Müggelheim: die Pferde
Enttäuschung nach Oldtimer Rallye
Probleme mit dem Körpergewicht
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Probleme mit dem Körpergewicht (II)

von MR Dr. Rolf Förster

Schlank dank richtiger Diät?

Alle wissen, Diäten - egal welche - funktionieren in der Endkonsequenz nie. Und leider können die oft so extrem kalorienreduzierten Diäten nicht nur Gallensteinbildungen begünstigen, es kann auch zu erheblichen Zellschädigungen wichtiger Organe infolge von Mangelernährung komen.

Dennoch erscheinen in allen Illustrierten in regelmäßigen kurzen Abständen von selbsternannten Ernährungsexperten sogenannte Wunderdiäten und im wahrsten Sinne des Wortes wird eine „Diätsau durchs Dorf getrieben.” Ich habe den Eindruck, der Jojo-Effekt ist eine Geschäftsgrundlage für viele Frauenzeitschriften geworden.

Unsere Nahrung besteht nur aus drei Grundbausteinen in unterschiedlicher Zusammensetzung: Eiweiß, Kohlehydrate und Fett.

Während das 20. Jahrhundert von fettarmen Diäten dominiert wurde, begann nach der Jahhundertwende die Zeit der Atkins-Diät mit viel Fett und weniger Kohlehydraten. Inzwischen gibt es in allen führenden Industrieländern umfangreiche Studien (die es übrigens früher nicht gab), die belegen, dass die sogenannte mediterrane Kostform ideal ist: Viel Gemüse (möglichst geschmort in Raps- oder Olivenöl), 5x am Tag etwas Obst, hoher Eiweißanteil in Form von Fleisch, Fisch, Eiern, Milchprodukten, Hülsenfrüchten, Nüssen und dafür, sehr wenig Brot und Weißmehlprodukte, Kartoffeln, Reis, Nudeln und Süßigkeiten!

Goldstandard zur Gewichtsreduktion ist ein Energiedefizit in der Nahrung von ca. 500 kcal/Tag. Also nur eine negative Energiebilanz, wo derjenige eben tatsächlich mehr Energie verbraucht als er zu sich nimmt, macht schlanker. Die erwähnten Kohlehydrate wurden zuvor bisher als sogenannte Grundnahrungsmittel bezeichnet, kommen aber unserem genetischen Erbe nicht entgegen. „Getreide z.B. hat noch vor einigen zehntausend Jahren keine Rolle in der Ernährung des Menschen gespielt. Fleisch, Fett, Früchte und essbare Pflanzen stillten den Hunger unserer Vorfahren. An diesen Speiseplan ist unser Stoffwechsel nach wie vor angepasst“, so der Ernährungswissenschaftler Worm. Kohlehydratreiche Nahrung wie Brot und Kartoffeln führen nämlich zu einem steilen Anstieg der Zuckerkonzentration im Blut. Das provoziert die Freisetzung von Insulin (Fleisch und Fette z.B. gar nicht). Das Insulin zwingt dann Leber, Muskeln und Fettgewebe, den Zucker aus dem Blut aufzunehmen, teilweise in Fett umzuwandeln und zu speichern, so dass der Blutzuckerspiegel nach der Mahlzeit wieder rapide abfällt, oft so tief, dass sich erneut der Hunger meldet.

„Viele Kohlehydrate machen eher noch mehr Hunger”, sagt das JOOSt-Ernährungsinstitut Potsdam-Rehbrücke, „so dass man durch das Auf und Ab von Insulin im Endeffekt mehr Kalorien aufnimmt und dann als Fett abspeichert.” Tatsächlich zeigen auch die beiden großen Studien, kürzlich im New England Journal of Medicine erschienen, dass die Probanden mit der drasten Einschränkung von Kohlehydraten deutlich weniger Kalorien zu sich nehmen - vermutlich weil sie anhaltender satt waren.

Fest steht, dass kohlehydratreiche Nahrung schnell Energie freisetzt (siehe ausgedehnte Spaghetti-Partys vor Marathonläufen) und wenn sie nicht durch körperliche Belastungen verbraucht wird, eben Fett ansetzt. Das erklärt auch, dass durch die jahrzehntelange Propagierung kohlehydratreicher Nahrung, die uns Gesundheit und Schlankheit versprach, die Zahl der Dicken enorm zugenommen hat. Also, Fett ist nicht nur ein unverzichtbarer Geschmacksträger und es wäre sicher nicht empfehlenswert, auf zerlassene Butter beim Spargelessen zu verzichten. Dennoch sollte das Augenmerk mehr auf die Benutzung von ungesättigten Fettsäuren, wie sie besonders in Raps- und Olivenöl enthalten sind, gerichtet werden.

Es sei aber betont, dass Eier und Butter wichtige Nahrungsmittel sind und auf dem Speiseplan der Kinder und Erwachsenen gehört. Täglich ein Ei schadet keinesfalls, denn es enthält wie kein anderes Nahrungsmittel mehr als 20 Aminosäuren und das lebenswichtige Lecithin. Auch das im Eigelb vorhandene Cholesterin ist wichtig. Da ca. 85 % des Cholesterinsim Körper selbst gebildet werden wird die Eigenproduktion durch die erhöhte Zufuhr gebremst.

Patienten mit Risikofaktoren (Diabetes, Hypertonie, koronare Herzerkrankungen) müssen Medikamente zur Cholesterinsenkung erhalten. Selbst mit einer kasteienden, tierisch fettfreien Diät können nur maximal 5 % Cholesterin gesenkt werden und das auch nicht immer!

Hilft Fasten?

Eine Nulldiät, bei der nur getrunken aber nichts gegessen werden darf, ist schon bei mehrtägiger Durchführung nicht anzuraten. Außerdem setzt nach der Fastenzeit sofort der Jojo-Effekt ein: Beim Fasten geht der Energiestoffwechsel erstmal drastisch nach unten. Isst man danach wieder normal, bleibt der Stoffwechsel erst einmal träge und man nimmt außergewöhnlich schnell wieder zu. Auch wird beim Fasten nicht nur Fett, sondern auch Eiweiß abgebaut. Das betrifft dann die Muskulatur, zu der auch der Herzmuskel gehört, was zu schweren gesundheitlichen Problemen führen kann. Das Ziel ist keineswegs in kurzer Zeit viel abzunehmen, sondern in langer Zeit wenig.

Günstiger ist das modifizierte Fasten, z.B. indem man abends beginnt und morgens wieder aufhört. Sobald sich die nahrungsfreie Stundenzahl erhöht, führt das unweigerlich zum Erfolg. Wer mehr erreichen will, beginnt schon um 17 oder 18 Uhr und hält sich tagsüber nicht nur an Sahnetorte sondern an so kalorienarme Sachen wie Obst, Gemüse, Vollkornbrot, Magerquark und Joghurt. Zwei, drei

Stückchen Schokolade haben noch niemandem geschadet und auch Nüsse machen erst dick, wenn man sie tütenweise in in sich hineinstopft.

„Wer schläft, sündigt nicht”. Der Spruch richtet sich in unserem Fall gegen die vor dem Fernseher oder beim Bier verdrückten Erdnussflips, Salzstangen etc. Wer schläft, isst nicht! Gegen dieses nächtliche Fasten ist nichts einzuwenden. Außerdem macht Schlafmangel dick und krank (Bluthochdruck, Diabetes) denn Schlafmangel bringt die hormonelle Regulierung der Nahrungsaufnahme und des Energiehaushalts aus der Balance. Stresshormone werden vermehrt ausgeschüttet und das Gefühl für Hunger und Sättigung wird empfindlich gestört.

Sind denn nun die sogenannten Light-Produkte hilfreich?

In der Regel nicht, denn je mehr den Menschen in den Industrieländern diese Produkte angeboten werden, umso fetter werden sie. Wie das? Der angepriesene niedrige Fettgehalt verleitet a) zum Mehrverbrauch und b) werden dadurch auch mehr Kohlehydrate aufgenommen, denn z.B. werden dem 0,1 %igen Joghurt oder den Quarkspeisen oft mehr Kohlehydrate („Mehlpampe”) zugesetzt, die eben bei fehlendem Energieverbrauch wiederum Fett ansetzen. Außerdem erhöht der Mehranteil von Aromen und Ersatzstoffen zusätzlich den Appetit. Also essen wir besser einen Minibecher Joghurt mit 3,5-5 % Fettanteil, langsam und mit Genuss.

„Wer fettarme Nahrungsmittel konsumiert, nimmt in der Summe bis zu 28 % mehr Kalorien auf, als wenn er zu ähnlichen Produkten ohne dieses Label griffe“ (USA-Universität Ithaca). Fettarme Snacks usw. verleiten eben dazu, mehr zu essen - also darauf achten, dass fettarm nicht unbedingt kalorienarm bedeutet!

Gewichtsabnahme durch Saunabesuch oder gezielten Fettpolsterabbau durch Krafttraining?

Kräftig schwitzen verbrennt Kalorien? Das denken viele und hoffen, in der Sauna überflüssige Pfunde zu verlieren. Leider vergeblich. Schwitzen hat nichts mit Fettabbau zu tun, sondern man verliert in der Sauna - obwohl dort auch der Stoffwechsel „angekurbelt” wird - vor allem Wasser und Mineralien. Wer viel schwitzt, muss deshalb mit Flüssigkeit gegensteuern, sonst dehydrieren Kopf und Muskulatur.

Ein weiterer gängiger Trugschluss: Mit Krafttraining lassen sich Fettpolster gezielt abbauen. Schön wäre es, doch gezieltes „Wegschmelzen” gibt es nicht. Der Körper deponiert und baut das Fett ab, wo er möchte. Bei Männern am Bauch, bei Frauen um die Hüften.

Es bleibt dabei: Man kann insgesamt auf Dauer nur mit einer negativen Energiebilanz schlanker werden - man muss mehr Energie verbrauchen, als man zu sich nimmt.

Und es gibt durchaus ein paar Faktoren, die nachweislich bei vielen die Kilos purzeln lassen und bei fast allen die Gesundheit fördern. Ausreichender Schlaf zum Beispiel ist einer davon, weniger fernsehen ein anderer.

Am besten ist es immer noch, man hat die richtigen Eltern. Das Körpergewicht hängt neben den sozialen Faktoren und Essgewohnheiten zu etwa 50-80 % von den Genen ab. Da sind sich die Forscher jetzt ausnahmsweise einmal einig. Hier liegt auch der Grund, warum sie bei der Bekämpfung von Übergewicht vor allem an eines glauben: an neue Medikamente. Vor allem für Patienten mit extremem, wirklich krankhaftem Übergewicht, könnten diese Substanzen erstmals echte Besserung bringen. Die bisherigen Erfahrungen mit Schlankheitspillen waren jedoch nicht sehr positiv. Manche, etwa die Wirkstoffkombination Fen-Phen, brachten die Patienten noch schneller ins Grab als das klassische Abnehmen. Die Schadenersatzsumme beläuft sich mittlerwile auf mehr als 20 Milliarden Dollar. Einer der derzeit heißen Pharmawirkstoffkandidaten heißt Rimonabant. Zu seinen Nebenwirkungen gehören Depressionen und Angstzustände. Mal sehen, was passiert, wenn sich der erste Patient umgebracht hat.

Ein Hormon als Zünglein an der Waage? Neue Hoffnung am Horizont?

Ob jemand dick wird oder nicht, darüber entscheidet bei vielen Meneschen eben nicht nur die Menge der aufgenommenen Nahrung. Wichtig ist auch, wie diese im Körper verarbeitet wird. Ein komplexes System von Hormonen steuert diese Prozesse. Eine wichtige Rolle spielt in dem Regelkreis eine Klasse der sogenannten Melanozyten stimulierenden Hormone (MSH), die von Nervenzellen in einer Region im Zwischenhirn produziert werden und appetithemmend wirken. Neueste Studien, die unabhängig in Cambridge und in der Berliner Charité durchgeführt wurden, zeigen, dass fettleibige Personen häufig eine mutierte (veränderte) Form von MSH besitzen als Normalgewichtige - also kann eine genetische Veränderung Übergewicht erheblich begünstigen. Diese Entdeckung bietet nun Anhaltspunkte für neue Abspeckmittel. Warten wir ab.

Erwähnenswert scheint auch die Erkenntnis, dass einige Menschen nach Virusinfektionen (z.B. einfach Schnupfenviren) übermäßig Fett ansetzen. Hier steckt die Forschung noch in den Kinderschuhen.

Fortsetzung im Oktober