Müggelheimer Bote
6. Jahrgang, Ausgabe 09/99  
September 1999 Home  |  Archiv  |  Impressum


Inhalt

Enthüllungen im Flughafen-Filz lassen Gegner hoffen

Fachliche Tipps für Einwendungen gegen den Flughafen

Entführte Drachen und blasige Füße: Gute Laune im Zeltlager der Jugendfeuerwehr

Premiere: Diesmal zwei Tage Erntefest und mit Parforce-Jagd

Auf einen Blick: Alle Kurse im Dorfclub

Unbürokratische Putzaktion des ASB

Wein- und sangesfreudige Geburtstagsfeier des Dorfclubs

Uneinsichtige Mountainbiker zerstören die Müggelberge

Neue Dreckecke wird zum Ärgernis

Den Straßennamen auf der Spur (II)

Allen Erstklässlern viel Spaß und Erfolg in der Schule!

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© 1999 Müggelheimer Bote

Zuletzt aktualisiert am 03.09.1999

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Unbürokratische Putzaktion des ASB

Lebensretter helfen zu Lande und auf dem Wasser

Es ist ein stürmischer und kalter Augustsonntag. Die kleinen Pavillons in den Vorgärten werden von ihren Plätzen geweht, eines fliegt sogar über den Gartenzaun. Niemand denkt bei solch unwirtlichem Sommerwetter ans Badengehen und an die Rettungstation an der Großen Krampe. Doch sie ist besetzt!
Von April bis Mitte/Ende Oktober wird sie an den Wochenenden von durchschnittlich sechs Rettungsschwimmern, drei Sanitätern und drei Leuten für den Rettungstransportwagen besetzt. Die Station kann auf etwa 23 aktive Helfer zurückgreifen, von denen sich 15 Dienstleistende regelmäßig abwechseln. Die anderen klinken sich sporadisch ein.
Die Gruppe des ehemaligen DRK (Ost) gehört heute dem Arbeiter Samariterbund (ASB) an, der mit dem Senat vertraglich vereinbart hat, die Rettungsstationen mit mindestens drei Ersthelfern zu besetzen. Korrekterweise ist das Gebäude an der Großen Krampe eine Übergabestation. Sie wird von Booten anderer Rettungsstellen am Seddinsee, Krossinsee, Zeuthener See und dem Langen See (in Zusammenarbeit mit dem DLRG) angefahren. Von hier ist der Landweg mit dem Rettungswagen ins Krankenhaus erheblich kürzer.
Schnelle Flitzer für schnelle Hilfe: Männer und Frauen des ASB „schieben” Wochenenddienst zu unserem Wohl. Foto: Schmidt
Auch wenn das Wetter trübe ist, zu tun und zu helfen gibt es immer viel. An besagtem Sonntag wurde beispielsweise Sturmwarnung gegeben. Das heißt für die Helfer, öfter zu Kontrollfahrten aufzubrechen. Gerade leistete die Besatzung des rot-weißen Bootes technische Hilfe. Das Ruderblatt eines Bootes war gebrochen. Am Vormittag mußten Surfer und Segler, die wegen der Böen nicht weiterkamen, gerettet und abgeschleppt werden. Und auch wenn es den Anwohner der Krampe nicht so scheint, fahren die Boote des ASB bei Kontrollfahrten die vorgeschriebenen 7 km / h.
Es bringt nur Ärger und Verdruss mit geballten Fäusten dem Boot hinterherzuschimpfen. Abschleppen und andere technische Hilfeleistungen sind kostenfrei. Verärgern wir die fleißigen Wasserretter nicht, vielleicht benötigen wir ihre Hilfe selbst bald einmal.
Die Palette der Aufgaben ist groß. Alle im Wasser in Not geratenen Personen müssen gerettet werden. Doch auch Schwäne mit Angelhaken im Flügel und Fundsachen (wie beispielsweise eine Handtasche mit komplettem Inhalt) werden bedacht. Selbst vom Boot abgefallenen Motoren holen die Rettungstaucher des ASB wieder hoch.
Für jegliche Unfälle an Land ist das Team verpflichtet, Erste Hilfe zu leisten. Egal ob Strandbesucher oder Gäste der nahe gelegenen Zeltplätze. Anfang der 80er Jahre wurde einmal eine in den Wehen liegende Frau mit dem Boot angeliefert. Bis der Rettungswagen eintraf, kam das Kind schon zu Welt - mit Unterstützung der ASB-Helfer. Auch Menschen mit Herzinfarkt oder Suizidversuchen wurden schon angebracht.
Und für all die Mühen gibt es eine Aufwandsentschädigung für Fahr- und Essengeld von 18,- DM pro Tag. Da versteht sich von selbst, dass Familienangehörige mitgenommen werden dürfen. Oftmals lernten sich die Paare erst hier kennen, oder aber der Partner, der bisher nicht aktiv im ASB war, macht dann mit. So entsteht ein kleiner Familienbetrieb.
Angefangen hatte alles 1953 mit einer kleinen Holzhütte. Ein Erinnerungsfoto im Mannschaftsraum hält die Erinnerung daran wach. „Es sollte eine einfache Rettungsstelle zur Ersten Hilfe für die wilde Badestelle sein, mit einfachen Hilfsgeräten und einem Ruderboot. Damals hatten die vier Rettungsschwimmer hier auch noch kein fließendes Wasser”, erinnern sich Silvia und Detlev Zesch.
1978 kam der Fortschritt mit einem neuen Gebäude mit Wasser und Sanitäreinrichtung. Es musste 1996 aufgrund von Asbestgefahr einem Container weichen. 1998 zog die Mannschaft in die Räumlichkeiten der Freiwilligen Feuerwehr, die sie kostenlos nutzen durften. Dankbar spricht Detlev Zesch, der Leiter der Station, über diese große Hilfe.
Über den neuen Bau, der aus Lottomitteln finanziert wurde, ist niemand vom ASB glücklich. „Auch uns wäre ein einstöckiges Haus mit den alten Abmaßen lieber gewesen”, klagt Silvia Zesch, „die alte Konzeption war sinnvoller, Mannschaftraum und Sanitärtrakt größer. Jetzt ist der Reinigungsaufwand erheblich größer und der lange Flur verschlingt wertvollen Platz.”
Und es stimmt wirklich. Im Erdgeschoss befindet sich der Mannschaftsraum mit integrierter Küche. Im Bad gibt es gerademal zwei Toiletten und eine Dusche. Ein kleiner Sanitätsraum und ein großer Hauswirtschaftsraum machen das Erdgeschoss komplett.
Über ein verhältnismäßig großes Treppenhaus gelangen die Wasserretter in das Obergeschoss. Eine Damentoilette mit einer Dusche, zwei sehr kleine und dunkle Schlafräume sind über einen riesigen Flur zu erreichen. Das einzige schöne Zimmer - denn es ist hell - soll demnächst als Aufenthaltsraum für die Kinder dienen.
Damit sich auch die Müggelheimer ein Bild von dem spartanischen Inneren machen können, plant der ASB zum nächsten Angerfest einen Tag der offenen Tür. Zu oft kommen über den großen Neubau schimpfende Ortsbewohner zu den Wasserrettern, denen eigentlich unser aller Dank zusteht.
So haben, noch bevor der Umweltkreis eine Reinigungsaktion vom Senat erwirken konnte, Kinder und Ausbilder des ASB-Trainingslagers in der ersten Augustwoche die verschmutzte Badestelle ganz unbürokratisch gesäubert und den Uferbereich ausgeharkt. „Das Aufsammeln von Papier, Scherben und Kronkorken ist reine Profilaxe um Schnittwunden vorzubeugen. Auch die von den Bootsbesitzern geschaffene Rinne im Uferbereich wird von uns mit Sand aufgefüllt und das Ufer begradigt”, sagt Silvia Zesch. Obwohl ja ohnehin Fahrverbot zum Wasser besteht!
Und dann müssen sie schon aufbrechen. Zu einer Regattabetreuung. Das rot-weiße Rettungsboot entfernt sich vom Steg. Die Masten der anliegenden Schiffe tanzen im Wind. Außer den fünf Stockenten schwimmt an diesem kühlen Augustsonntag nichts im Wasser. Heike Schmidt

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