Müggelheimer Bote
9. Jahrgang, Ausgabe 10/2002
Oktober 2002

Inhalt
Sanierung des Müggelturm-Areals stagniert
Die schönsten Vorgärten wurden ausgezeichnet
Im Flutgebiet vor Ort
Zaunklau auf Werkstein-Areal
Von der Dorfapotheke zum Vorzeigeobjekt
Müggelheim hat anders gewählt
Parforce-Jagd im Zeichen des Wahlkampfes
Rückblick auf das Lokale-Agenda-Fest
Keine private Nutzung von öffentlichen Straßen
Schönefeld: Gesprächspartner unterzeichnen Absichtserklärung
Rettet die Kastanien
Weitere Meldungen
Gedanken aus Müggelheim
Nachrichten aus Gosen
Leserbriefe
Kleinanzeigen
Serie für den Natur- und Gartenfreund
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Schönefeld: Gesprächspartner unterzeichnen Absichtserklärung

Ende August konnte man die altbekannten Arien mal wieder in den Zeitungen lesen: Grünes Licht für Schönefeld; der Flughafen kommt! Zum wiederholten Male wurde uns erklärt, jetzt sei der Durchbruch geschafft und Berlin bekomme endlich Anschluß an die Welt. Ich bin jedoch bei solchen Meldungen bereits seit langem skeptisch und will auch begründen, warum.

Da ist zunächst die rechtliche Situation des Planfeststellungsverfahrens, die durch die teilweise schon erfolgreichen Klagen mehrerer brandenburgischer Gemeinden gegen zwei Landesentwicklungspläne (LEPeV und LEP SF) und das Landesentwicklungsprogramm (LEPro) alles andere als sicher ist. Auf diese rechtlichen Grundlagen stützt sich der Planfeststellungsantrag. Es ist zu erwarten, dass mit der noch ausstehenden Entscheidung des Landesverfassungsgerichtes zum LEPro neben dem schon ungültigen LEPeV auch die beiden anderen Papiere hinsichtlich der darin enthaltenen Festlegungen zum Flughafenstandort für ungültig erklärt werden. Die Vorwürfe wiegen schwer: Die Länder Berlin und Brandenburg haben den Flughafenstandort Schönefeld ohne Abwägung und unter Mißachtung des durch Grundgesetz und Landesverfassung geschützten Beteiligungsrechtes der Gemeinden festgeschrieben. Beide Länder haben sicherheitshalber bereits jetzt einen neuen Entwurf des LEPro vorgelegt, in dem der Standort Schönefeld nicht ausdrücklich festgelegt ist, aber als einziger Standort „innerhalb des bestehenden Systems“ für den Ausbau qualifiziert wird. Es bleibt abzuwarten, wie sich der Antragsteller verhalten wird, wenn wegen der landesplanerischen Unsicherheit mit einem rechtssicheren Planfeststellungsbeschluß nicht zu rechnen ist.

Zum Zweiten ist gegenwärtig völlig unklar, welche Genehmigungen und Auflagen der Ende 2003 erwartete Planfeststellungsbeschluß enthalten wird. Man kann sicher davon ausgehen, dass der Flughafen nicht wie beantragt gebaut werden kann. Ob aber die Auflagen, z.B. zum Lärmschutz, zu Nachtflugbeschränkungen, zu Entschädigungen oder zu den Altlasten die Kosten deutlich in die Höhe treiben oder einen wirtschaftlichen Flughafenbetrieb überhaupt noch ermöglichen, wird wohl der zukünftige Investor entscheiden. Seinen möglichen Rückzug aus dem Projekt wird er deshalb mit einer Ausstiegsklausel im Vertrag auch absichern. Voraussichtlich werden sowohl der Investor gegen die ihm auferlegten Beschränkungen, als auch die Betroffenen gegen die nicht ausreichende Berücksichtigung ihrer Belange klagen. Das Planfeststellungsverfahren ist erst beendet, wenn das Bundesverwaltungsgericht seine Entscheidung zum Planfeststellungsbeschluß unanfechtbar verabschiedet hat. Man wird also mindestens mit einem weiteren Jahr Verzögerung rechnen müssen. Nach etwa fünf Jahren Bauzeit wird somit frühestens Ende 2009 ein Flughafen fertig, wenn er denn überhaupt jemals fertig werden sollte.

Der dritte Punkt, der mich aufhorchen lässt, sind die zahlreichen Risiken für beide Seiten. Sie werden zweifellos zu einer ganzen Reihe von Rücktrittsklauseln im Vertrag führen, denn die Privatisierung ist womöglich noch vor dem Ende des Planfeststellungsverfahrens beendet. Die nicht gewährte EU-Förderung, die nicht genehmigte Fluggastgebühr oder Änderungen im Zinssatz sind mögliche Stolpersteine, die die private Finanzierung unmöglich machen können. Falls sich die Partner dann nicht auf ein angepasstes Projekt einigen, ist bereits jetzt für beide Seiten ein Rücktrittsrecht ins Auge gefasst. Das Baufeld Ost und die Kosten für Straßen- und Schienenanbindung sowie ein Teil der Umsiedlungskosten – insgesamt über 600 Mio Euro – sollen bei der öffentlichen Hand verbleiben. Natürlich wird sie auch das Risiko tragen müssen, daß das Projekt aus anderen Gründen nicht zustande kommt und für daraus sich ergebende Schadenersatzforderungen des Bieters gerade stehen müssen.

Abschließend scheint es mir nützlich zu sein, sich zu vergegenwärtigen, was da überhaupt unterschrieben wurde. Ein “Letter of Intent“ ist nichts weiter als eine Absichts-, eine Willenserklärung. Sie enthält in vorliegendem Fall einen Teil der Punkte, über die die Vergabestelle (PPS) und der letzte, im Vergabeverfahren noch verbliebene Bieter (Konsortium um Hochtief/IVG) miteinander reden wollen, um einen Privatisierungsvertrag zustande zu bekommen. Es dürfte jedem klar sein, daß damit noch lange keine Rechtssicherheit geschaffen wird. Ob und wie sich die Partner einigen werden, steht in den Sternen. Wie Sie sehen, gibt es gute Gründe, skeptisch zu bleiben. Im Gegenteil: Wenn die Verfechter eines Großflughafens in Schönefeld frohlocken, kann es auch sein, dass damit eine bevorstehende Niederlage vertuscht werden soll. Und auch solche Schlagzeilen wird es noch zur Genüge geben. Denn daß dieser geplante Flughafenbau bis zur Fertigstellung von weiteren Rückschlägen und Gerichtsverfahren begleitet werden wird, ist völlig klar. Es wird also noch manche Schlacht zu schlagen sein und es ist nicht sicher, wer jeweils gewinnen wird! Gunnar Suhrbier, BVBB Müggelheim