Müggelheimer Bote
10. Jahrgang, Ausgabe 01/2004
Januar 2004
Müggelheimer Bote

Inhalt
Nichts als Ärger mit der BVG
Schneebeseitigung - ein Gräuel
Grußworte aus Odernheim
Sonne und Saturn beobachten
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Gedanken aus Müggelheim

von Martin Jahn


„Was Markus hat möchte ich auch haben”. „Was hat denn Markus?” „Das weiß ich nicht, aber das möchte ich auch haben”. An diesen Dialog mit unserem kleinen Sohnemann muss ich heute noch denken, wenn ich durch die Regale gehe und die vielen Dinge sehe, die wir eigentlich nicht brauchen, weil wir sie schon haben. Zumindest kommen wir mit den meisten auch ohne sie ganz gut aus.

Aber wir Menschen sind nun mal so veranlagt, nach Besitz zu streben. Besitz schafft scheinbar Ansehen. Nicht so der geistige Besitz, das Wissen, die Erkenntnis und das Können, sondern falscher Weise materielle Besitztümer werden zu Prestigeobjekten erhoben. Diese Form von Prestigedenken hat immer auffälliger auch einen Ausdruck in unserem Zusammenleben gefunden. „Mehr Schein als Sein” ist der extreme Ausdruck solcher Geisteshaltung, die sich leider sehr schnell auch unter den Bürgern der neuen Bundesländer verbreitet hat. Sind es nicht die Markenklamotten oder das besonders große Auto, die über die eigenen Schwächen und Unzulänglichkeiten hinwegtäuschen sollen? Bekommt nicht die Unterhaltung eine schönere Wendung, wenn man sagen kann: „Das habe ich auch”?

Und die Werbung, die große Verführerin, fördert es ganz gezielt. Sie redet uns rund um die Uhr ein, was wir haben müssten. Da dreht sie uns „Frische” an für den ganzen Tag und „Tiefenwirkung” für die Haut - dabei brauchen wir nur ein Stück Seife. Der Aufdringlichkeit, mit der uns die Werbung ins Haus flattert oder uns an jeder Ecke begegnet, können wir uns nicht entziehen, sie formt uns mit. Sie schafft diese Reizüberflutung, vor der sich die Augen schützen möchten. Man kann nicht mehr alles bewusst wahrnehmen, was den Sinnen geboten wird. Ich merke es daran, dass selbst die Veranstaltungsplakate vom Dorfklub nicht von jedem beachtet werden. Man schaut hindurch und ich höre später: „Ach hätte ich das gewusst, da wäre ich gerne gekommen”.

Es strengt uns zuweilen an, wir werden gestresst durch die Vielzahl der raffinierten Werbebotschaften. Wir merken oft gar nicht, dass wir verführt werden, denn die Werbestrategen wissen genau, wie sie sich in die Kleinhirne, in das Unterbewusstsein schleichen können um ein Verlangen zu erzeugen.

Der Psychologe Siegmund Freud hat ihnen die wissenschaftliche Anleitung dazu gegeben. Das merken wir nicht, und das sollen wir auch nicht merken. Wir sollen kaufen, anschaffen, verbrauchen, wegwerfen und zeigen, dass wir es uns leisten können. Aber führt diese aufgezwungene Jagd nach den materiellen Dingen, und schließlich das Zurschaustellen des materiellen persönlichen Reichtums nicht zu einer Verschwendung unserer gemeinsamen, unserer aller Resourcen? Verschwenden wir damit nicht auch unsere Zeit und ein Stück unseres Lebens? Ich meine, unser Lebensgefühl sollten wir uns nicht durch die Werbeversprechen aufdrängen lassen. Vielleicht sind die alte Sitzgruppe, der alte Pullover und die alte Schrankwand doch noch zu gebrauchen.