Müggelheimer Bote
11. Jahrgang, Ausgabe 6/2005
Juni 2005
Müggelheimer Bote

Inhalt
Amtsschimmel wiehert in Müggelheim
Dickes Dankeschön der Feuerwehr!
Arbeitseinsatz in der Schule sorgt für peppige Farben
Zum 100. Todestag von Curt Grottewitz
BVBB: Weiterhin reges Interesse am Flughafen
Arbeitgeber in Müggelheim: Dienstleistung am Dorfanger
Weitere Meldungen
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Müggelheimer Bote
 

Weiterhin reges Interesse der Müggelheimer am Flughafen Schönefeld

von Andreas Schmidt, BVBB-Ortsgruppe


Die im letzten Müggelheimer Boten angekündigte BVBB-Ortsgruppenversammlung fand wie geplant am 23. Mai statt. Die überdurchschnittlich hohe Beteiligung von etwa 100 Teilnehmern hat den Veranstaltungsort (Speisesaal der Müggelheimer Grundschule) auch im Nachhinein gerechtfertigt. Als Gäste wurden der Vorsitzende des BVBB, Ferdi Breidbach, und unser Müggelheimer BVBB-Vorstandsmitglied, Gunnar Suhrbier, herzlich begrüßt.

Der Ortsgruppensprecher, Dr. Dietrich Werner, ging in seinen einleitenden Worten u. a. auf die verbreitete Stimmung der nicht vom Flughafen Schönefeld betroffenen Berliner ein, die er durch Leserbriefe unterlegte. Sie ist durch Unkenntnis und Unverständnis hinsichtlich der Gesamtsituation gekennzeichnet und sollte uns Anlass sein, auch künftig in Einzelgesprächen aktiv für Aufklärung zu sorgen oder z. B. durch Teilnahme an Demonstrationen, wie zuletzt dem Autokorso vom Schloss Diedersdorf nach Waltersdorf, auf unsere Probleme in der Öffentlichkeit aufmerksam zu machen.

Über die Gerichtsurteile zum Landesentwicklungsplan Flughafenstandortsicherung (OLG Frankfurt/O., Februar 2005) und zum Eilantrag betroffener Bürger und Gemeinden zum einstweiligen Baustopp für den Großflughafen Schönefeld (BVG Leipzig, April 2005) hinaus gab es einige Neuigkeiten zu vermelden. So hat der Aufsichtsrat der Flughafen Berlin-Schönefeld GmbH (FBS) als Konsequenz aus dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Brandenburg den geplanten Fertigstellungstermin für den ausgebauten Flughafen offiziell um ein Jahr auf 2011 verschoben.

Weiterhin soll die Novelle des Fluglärmgesetzes noch in diesem Jahr verabschiedet werden. Ob dies allerdings rechtlich für die Entscheidung über den Flughafenausbau vor dem Bundesverwaltungsgericht noch von Bedeutung sein wird, ist offen, da das Verfahren schon läuft. Somit liegt es im Ermessen des Gerichts, ob es auf der Basis des neuen Gesetzes entscheidet.

Des Weiteren hat der Brandenburger Wirtschaftsminister Junghanns inzwischen eingestanden, dass die Landesregierung davon ausgeht, dass die Mitarbeiterzahl der FBS gegenüber der der heutigen drei Flughäfen (Tegel, Tempelhof und Schönefeld) nach Fertigstellung des Großflughafens BBI zunächst einmal zurückgehen werde, und somit zugegeben, dass die „Jobmaschine“ zumindest nicht von Beginn an laufen wird.

Auf das wahrscheinlich bedeutsamste Ereignis ging dann Herr Breidbach in seiner Rede ein, nachdem er noch einmal die Chronologie bis zur Klageerhebung in Leipzig skizziert hatte. Dabei wies er auf die hohe Bedeutung der vom BVBB initiierten Klagegemeinschaft hin, die nicht nur aus Kostenersparnissen sinnvoll war, sondern auch mit der Vereinbarung zwischen den Klägeranwälten und dem Gericht, zunächst nur wenige Aktivkläger zu betrachten, die aber alle vorgebrachten Belange repräsentieren, Erfolg gezeigt hat. So entschied nämlich das Bundesverwaltungsgericht am 14. April 2005 über den Eilantrag von nur 14 ausgewählten Klägern, dass ihre Klage aufschiebende Wirkung gegen den Planfeststellungsbeschluss hat, was praktisch einer Verhinderung des sonst möglich gewesenen Baubeginns gleichkommt. Bemerkenswert ist, dass in dieser Entscheidung alle Einwendungspunkte, die die Anwälte vorgebracht haben (z. B. hinsichtlich der fehlenden Betrachtung von Alternativstandorten, der Größe des Flughafens angesichts des realen Bedarfs, Vermögens- und Sicherheitsaspekte der betroffenen Bürger, Wasser-, Boden- und Lärmbelastung) als so wichtig angesehen wurden, dass die Bedürfnisse der Kläger höher als das öffentliche Interesse am Baubeginn eingestuft wurden. Breidbach betonte, dass aufgrund der intensiven Arbeit des BVBB und seiner Fachgremien auch die Entscheidung des Gerichts in der Hauptsache, die für das erste Halbjahr 2006 erwartet wird, optimal begleitet werden könne (z. B. durch fundierte Gutachten). So wurde beispielsweise ein Messverfahren entwickelt, mit dem in den betroffenen Gebieten auf 50 x 50 m genau (und damit praktisch für jedes einzelne Grundstück) die exakte Lärmbelastung bestimmt werden kann.

Ferner berichtete er davon, dass der BVBB Anzeige erstattet hat. Im Rahmen der vom Gericht zugelassenen einzelnen vorbereitenden Maßnahmen auf eigenen Grundstücken der Flughafengesellschaft wurden Bohrungen in nachweislich erheblich mit Dioxin verseuchten Gebieten vorgenommen. Die damit beauftragte Firma wusste davon nichts und stellte nach Information durch den BVBB die Arbeiten sofort ein. In diesem Zusammenhang hat die Polizei nun auch zu klären, wo die seit langer Zeit vorhandenen Warnschilder in diesem Bereich abgeblieben sind.

Im Anschluss an diese Ausführungen berichtete Gunnar Suhrbier, einer der Lärmexperten des BVBB, über die im letzten Jahr durchgeführten Lärmmessungen in Müggelheim (vgl. auch Müggelheimer Bote, April 2005). Er hob dabei nochmals hervor, dass die Messungen von der FBS selbst vorgenommen wurden und diese nur Schallereignisse berücksichtigt hat, die sie selbst eindeutig dem Flugverkehr in Schönefeld zuordnen kann. Im Vergleich zur Messung im Jahr 1998, die unter gleichen Bedingungen durchgeführt wurde, ermittelte sie merkwürdigerweise trotz höheren Flugaufkommens weniger Überflüge und einen eher kleiner gewordenen Dauerschallpegel der tatsächlichen Flüge von und nach Schönefeld. Suhrbier erklärte, dass diese „Ergebnisse“ in der nächsten Sitzung der Fluglärmkommission angesprochen werden. Über den weiteren Werdegang in dieser Angelegenheit wird er im Müggelheimer Boten berichten.

Abschließend gab es für die Anwesenden noch die Gelegenheit, Fragen zu stellen. Dabei wurden u. a. folgende Themen angeschnitten:

- Definition und Bedeutung des Dauerschallpegels

- Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zum Ausbau des Flughafens Leipzig/Halle (dort wurde die Entscheidung zugunsten der Betreiber getroffen, jedoch ist die Anzahl der Betroffenen ungleich geringer als im Großraum Schönefeld und sie hatten auch lediglich mit der Lärmbelastung als Klagegrund argumentiert)

- Alternativen zum Ausbau Schönefelds im Falle eines Obsiegens beim Bundesverwaltungsgericht (ein Flughafen mit 24-Stunden-Betrieb und ohne anderweitige Beschränkungen existiert in Deutschland nicht, wird aber dringend benötigt; eine geeignete Alternative ist und bleibt der Standort Sperenberg)

- Ausweitung der Flugkapazitäten im jetzigen Flughafen Schönefeld (theoretisch besteht die Möglichkeit, die Nordbahn zu nutzen, jedoch darf dies bislang nur in Notsituationen geschehen – schon zu DDR-Zeiten war die Nutzung aus Lärm- und Katastrophengründen nur mit erheblichen Auflagen gestattet) durch die Ansiedlung von Billigfliegern und im Falle eines Obsiegens beim Bundesverwaltungsgericht (sollte dann das derzeitige Berliner Flughafensystem bestehen bleiben)

- BVBB-Information an die EU zu Verstößen im Verfahren Schönefeld (diesbezüglich wurde eine Beschwerde bei der EU-Kommission vorgebracht, die bei weiterer Verfolgung in erster Linie durch die Bundesrepublik Deutschland zu beantworten wäre).

Nach gut zwei Stunden wurde die informative Veranstaltung mit einem herzlichen Dankeschön an den BVBB-Vorsitzenden Ferdi Breidbach, an Gunnar Suhrbier und an die vielen interessierten Teilnehmer an der Veranstaltung beendet. Über neue Erkenntnisse zum Thema Schönefeld werden wir Sie wie gewohnt in der nächsten Ortsgruppenversammlung bzw. im Müggelheimer Boten informieren.