Müggelheimer Bote
10. Jahrgang, Ausgabe 9/2003
September 2003
Müggelheimer Bote

Inhalt
Schildbürgerstreich in Müggelheim
Voller Elan in einen neuen Lebensabschnitt
Erntefest mit Parforce-Jagd
Wie gut kennen Sie Müggelheim?
Sauerei - sus scrofa
Tango-Nacht im Schloss Köpenick
Weitere Meldungen
Gedanken aus Müggelheim
Aus den Vereinen
Aus der BVV
Kleinanzeigen
Kirche
Serie für den Natur- und Gartenfreund
Geschichten aus dem Müggelwald
Archiv
Müggelheim im Internet
Impressum
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Müggelheimer Bote
 

Sauerei - sus scrofa

Von Menschen, die die Schuld an wilden Säuen haben

von Revierförster George Majumder

Alteingesessene Müggelheimer kennen sie zur Genüge - unsere Schwarzkittel. Umringt von den Forstrevieren Köpenick, Müggelheim und Fahlenberg liegt Müggelheim strategisch gesehen für unsere Wildschweine optimal. In der Gruppe unserer heimischen Schalenwildarten zeichnet sich das Schwarzwild in vielerlei Hinsicht durch Besonderheiten aus:

- Hinsichtlich des Lebensraums und des Nahrungserwerbs ist es weitgehend opportunistisch.

- Es reagiert als einziges einheimisches Schalenwild rasch auf günstige Habitatbedingungen mit höherer Reproduktionsrate und mit der Besiedlung neuer Lebensräume.

Niedlich sehen sie ja aus, die gestreiften Winzlinge, und vorwitzig . . . Fotos: Privatarchiv

Warum dringen Wildschweine immer häufiger in Siedlungsgebiete vor? Dies hängt im Wesentlichen mit einem Bestandsanstieg der Sauen zusammen. Wesentliche Ursachen dafür sind eine Häufung der Waldmasten (offensichtlich durch Immissionsbelastung der Wälder), milde Winter und ein günstiger Witterungsverlauf im Frühjahr, das heißt eine geringe Frischlingssterblichkeit. Warme Klimate kommen dem Schwarzwild sehr entgegen. Die ausgeprägte Lernfähigkeit der Sauen hat dazu geführt, dass kalkulierbare Störungen durch Bewohner oder Erholungssuchende kein Risiko mehr für sie darstellen.

Ähnlich wie der Fuchs haben sich auch die Wildschweine zum Kulturfolger entwickelt.

Sie sind überwiegend dämmerungs- und nachtaktiv. Da Wildschweine Allesfresser sind (sie benötigen eine abwechslungsreiche, energie- und eiweißreiche Nahrung) ist es verständlich, dass sie gerade in den Frühjahrs- und Sommermonaten in die Siedlungen vordringen, da es zu dieser Jahreszeit im Wald eine Verknappung des Nahrungsangebotes gibt.

Wo ist denn die Mama? Ein Knäuel hilfloser Wildschweine blinzelt müde.

Ein besonderes Problem stellt natürlich das illegale Füttern durch Anwohner dar. Es handelt sich hierbei um „falsche Tierliebe“, da Schwarzwild immer genügend Nahrung findet und dadurch das natürliche Verhalten der Nahrungssuche beeinträchtigt wird.

Bei schwerwiegenden Verstößen kann eine Geldstrafe bis zu 5000 Euro erhoben werden.Durch das unnatürliche Füttern von beispielsweise Essensresten kann es zu sehr schwerwiegenden Wildseuchen kommen. Bei Auftreten dieser Seuchen (z.B. Schweinepest) kann es eine Sterberate bis zu 70 Prozent der Bestände geben.

Um eine Ausbreitung der Seuchen zu verhindern wäre außerdem ein regionaler Totalabschuss unvermeidlich.

Dies kann natürlich nicht im Sinne einer jagdlichen Hege sein. Deshalb nochmals der dringende Hinweis: Schwarzwild darf nicht zusätzlich gefüttert werden.

Für den Schutz der Grundstücke gegen das Eindringen von Wildschweinen ist der Eigentümer oder Nutzungsberechtigte selbst verantwortlich. Den besten und einzig dauerhaften Schutz bietet die komplette Umfriedung des Grundstücks mit einem wildsicheren Zaun. Empfehlenswert ist ein Maschendraht mit einer Maschenweite von 50 Millimetern und einer Drahtstärke von zwei Millimetern. Der Zaun sollte 1,50 Meter hoch sein, mindestens 30 Zentimeter in die Erde eingelassen und nach außen umgelegt werden. Sind die Tiere auf dem Grundstück, kann man nur versuchen sie durch Wildvergrämungsmittel (erhältlich in Jagdfachgeschäften) oder lautes Lärmen zu vertreiben.

Unsere Schwarzkittel sind in der Regel friedliche, gesellige Tiere. Sie sehen schlecht, riechen und hören aber um ein Vielfaches besser als der Mensch. Bemerken sie unbekannte Störungen, geben sie Geräusche von sich um die anderen Rottenmitglieder zu warnen. Dies liegt in einer sehr ausgeprägten Sozialordnung begründet.

Fühlen sie sich oder ihren Nachwuchs bedroht und sehen keine Fluchtmöglichkeit, besteht in Ausnahmefällen die Gefahr eines Scheinangriffs.

Sollten Hunde, die nicht jagdlich abgeführt wurden, den Kampf mit einem Wildschwein aufnehmen (und sei es auch nur um sein „Herrchen“ oder „Frauchen“ zu beschützen), so muss man davon ausgehen, dass Wildschweine sehr wehrhaft sind. Nicht zuletzt deshalb besteht im Müggelwald Leinenpflicht für Hunde. Sauen werden niemals grundlos einen Menschen oder einen Hund angreifen.

Kommt es dennoch zu einer direkten Begegnung, ist es ratsam, ruhig stehen zu bleiben oder zu versuchen sich langsam ohne hastige Bewegungen rückwärts zu entfernen. Direkter Augenkontakt wird von den Tieren als Bedrohung durch Prädatoren empfunden und ist daher zu vermeiden.

Selbst Wildschweinrotten die regelmäßig in den Nachtstunden durch die Siedlungen ziehen sind und bleiben Wildtiere. Kein Mensch sollte seinen eigenen Egoismus (nach dem Motto: Wenn ich die Sauen füttere, freue ich mich darüber sie beobachten zu können) dazu benutzen um seinen Nachbarn vorsätzlich zu schaden, weil dieser sein Grundstück vielleicht noch nicht wildsicher eingezäunt hat.

Auch den Kollegen der Förstereien und den beauftragten Jägern wird es dadurch unnötig erschwert, eine Tierschutz gerechte jagdliche Hege durchzuführen.