Müggelheimer Bote
15. Jahrgang, Ausgabe 9/2009
September 2009
Müggelheimer Bote

Inhalt
36 Ferienhäuser auf Rübezahl-Gelände?
Grottewitzhaus wird zum "Gasthaus Müggelheim"
Die letzten Tage auf dem Zeltplatz
Müggelheimer gewann Bronze bei Kanu-WM
Ausstellung zur "Geburt" Müggelheims
Senioren wollen auch mal Berge sehen ...
Eine Stadt in Berlin wird 800
Weitere Meldungen
Karikatur
Gedanken aus Müggelheim
Aus den Vereinen
Polizeibericht
Neues aus Treptow-Köpenick
Leserbriefe
Kleinanzeigen
Heimatverein
Kirche
Serie für den Natur- und Gartenfreund
Geschichten aus dem Müggelwald
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Die letzten Tage auf dem Zeltplatz

Abschied voller Wehmut

von Marianne Schäfer

An einem warmen und sonnigen Augusttag bin ich zu den letzten Zeltlern, an den hohen Ufern der Großen Krampe gegangen. Der Uferweg an der Großen Krampe war von hohen Erlen beschattet, von der Seeseite kam eine kleine frische Brise. Die hohen Böschungen, welche vor langer Zeit mit Holz abgefangen wurden und längst, teilweise vermorscht, den Zweck nicht mehr erfüllen, werden jetzt wieder mit Hölzern neu befestigt. Manchmal auch an den Stellen, wo der Wanderweg mit einem Gefälle sich dem Wasser nähert. Die Arbeiten sind bis zu der Stelle fortgeschritten, wo ein Schutzpilz zum Verweilen eine Möglichkeit bietet. Dann wird der Weg immer enger und viele Wurzeln queren den Weg. Mit einem Kinderwagen ist eigentlich kaum ein Durchkommen.

Etwas weiter bog ich nach links ab und kam an eine erhöhte Waldstelle, welche stark ausgelichtet, aber zum Teil verbuscht ist. Hier begann früher der Zeltplatz. Ich ging weiter auf dem breiten Weg und da sah ich die ersten Zelte. Beinahe alle haben große Überzelte, wie Segel schweben sie über den viel kleineren Zelten. Es sind kaum Zuwegungen vom großen Weg zu den einzelnen Zelten zu sehen. Durch das hohe, blühende Gras sind nur kleine Trampelpfade, wie Wildwechsel zu sehen. Es ist sehr ruhig und friedlich. Kein Kindergekreische, kein lautes Gespräch, keine laute Musik. Gerade brummt ein Flugzeug über Wald und Wasser.

Langsam gehe ich weiter. Da sitzt eine Frau an einem Tisch. Ich stelle mein Rad ab und gehe zu ihr. Freundlich lädt sie mich ein, Platz zu nehmen. Ich erkläre ihr, dass ich sie fragen wollte, wie lange sie schon zeltet und was ihr daran so besonders gefallen hat und ob sie traurig ist, das mit dem Ende der Zeltsaison dieser Zeltplatz geschlossen werden soll. „ Ja“ sagt sie, „das wissen wir alle und wir sind auch sehr traurig darüber. Wir sind wie eine große Familie und unsere Kinder sind hier in der herrlichen Natur groß geworden. Wir haben gerne den Weg hier her in Kauf genommen. Die Erholung nach der Hektik ist so wichtig für uns. Den Grund, dass der Zeltplatz dann endgültig nicht mehr existieren soll, hat uns der Förster nie richtig gesagt. Deshalb sind wir erstaunt, dass jetzt, wo wir weg gehen müssen, der Weg am Wasser repariert wird. Dieser Weg hier her, an der Großen Krampe, war im Dunklen kaum zu begehen. Jedes Jahr mussten wir unseren Platz von den großen Ästen und Kronen, der im Winter gefällten Bäume beräumen. Wir bezahlen doch unsere Pacht. Ich glaube, der Gesamte Zeltplatz zahlt für eine Zeltsaison 13.000,- Euro. Schäden, welche in unserer Abwesenheit an den Laternen, am Weg und auch an unseren Spielgeräten für die Kinder geschehen sind, wurden nicht repariert. Unsere drei Kinder sind praktisch hier groß geworden. Wir sind im Sommer immer gerne hier gewesen. Jetzt in den letzten Tagen herrscht eine gedrückte Stimmung, denn wir wissen, diese langjährige und harmonische Gemeinschaft wird es nie mehr geben. Wir waren neun Jahre auf dem Zeltplatz am Seddinsee. Dieser wurde geschlossen, als gerade die neuen Toiletten und Duschräume fertig gestellt waren. Auf diesem Platz sind wir nun schon achtzehn Jahre. Wir haben unser kleines Bootchen, damit fahren wir zum Einkaufen nach Müggelheim. Unser Hund ist an einer langen Leine. Daran hat er sich auch gewöhnt.“

Ich verabschiedete mich von der Martina, da ich noch andere Menschen befragen wollte.

Ich fahre mit meinem Rad bis zum Ende des Zeltplatzes. Ich war erstaunt wie weit der Zeltplatz reicht, denn im Sommer bin ich eigentlich nie hier lang gefahren, und nach der Zeltsaison waren kaum Spuren der Zeltler zu bemerken.

Hier, am Ende des Zeltareals, traf ich eine kleine, sehr lebhafte Frau. „ Ich zelte seit vierundvierzig Jahren auf diesem Zeltplatz, Krampe 2. Ich bedaure sehr, dass wir hier nicht mehr zelten dürfen, denn wir älteren Menschen haben uns hier unsere Gesundheit erhalten. Sport kann hier jeder treiben und ich mache so viel wie möglich. Ich gehe schwimmen, joggen oder mache Nording Working. Ich bin 85 Jahre, heute geworden!“ Ich gratuliere ihr spontan und wünsche ihr weiterhin gute Gesundheit. Sie sagt: „Ach wissen sie, ich bin Sportlehrerin, das „Sporteln“ liegt einfach in mir. Ich liebe hier auch die kameradschaftliche Art unter uns und dann die Ruhe.“ Sie verabschiedet sich und geht zu ihren Geburtstagsgästen.

Dann sprach ich einen Mann an, welcher mit dem Fahrrad eine kleine Propanflasche geholt hatte. Er nahm mich gleich zu seiner Frau mit, welche unter dem Vorzelt den Kaffeetisch deckte. Ich wurde eingeladen und mir wurde auch gleich gezeigt, wie man unter fließendem Wasser, aus einem hochgestellten Eimer mit einem Wasserhahn, sich die Hände abspülen kann und wie man in einer Milchkanne, welche vergraben war und einen dicken Deckel mit Schaumstoff hatte, wunderbar die Butter, Wurst und Käse kühl hält. Mir wurde ein Platz am Kaffeetisch angeboten und dann wurde sehr lebhaft geplaudert. Er sagte: „Wir brauchen keinen Fernseher. Wir kochen mit Propan und den Strom für den kleinen Kühlschrank, den wir erst seit einem Jahr haben, und für das Licht bekommen wir von der Autobatterie. Früher wurde der Müll im Wald vergraben, heute kommt die Müllabfuhr. Wir lieben auch den Sport. Besonders das morgendliche Bad. Die Sportstätten wurden von uns angelegt und diese werden auch heftig benutzt. Bogenschießen, Volleyball, Tischtennis und Federball sind sehr beliebt. Auch ein Kinderfest haben wir jedes Jahr organisiert. Wir lieben das Leben in der Natur. Hier erkennt man, mit wie wenig man gut leben kann. Früher, in den besten Zeiten gab es neun Zeltplatzblöcke, heute sind es noch zwei!

Wir sind sehr traurig, dass es hier nicht weitergehen kann. Wir werden nach Dahmsdorf gehen. Dort am Storkower See wird ein neuer Zeltplatz, von privat betrieben, eröffnet. Mir tut es um all die Zeltfreunde leid, die zu alt sind und zu den neuen, entfernten, Zeltplätzen nicht kommen können. So etwas wie hier gibt es nirgends wieder! Um den 10. September wird begonnen abzubauen. Die Gaststätte und die kleine Versorgungsstelle haben dieses Jahr schon gar nicht mehr auf gemacht, bald ist ganz und gar Ruhe.“ Ich verabschiede mich und kann ihre Traurigkeit verstehen, denn mir hat die Atmosphäre hier auch gefallen. Schade!