Müggelheimer Bote
17. Jahrgang, Ausgabe 4/2011
April 2011
Müggelheimer Bote

Inhalt
Große Sachschäden durch Brände
Ein Jahrhundert Lebenserfahrung
BBI: Schulterschluss mit Lichtenrade und ein Briefwechsel
Wir wünsche "Frohe Ostern"
Erdstrahlen, Wasseradern & Co.
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Gedanken aus Müggelheim

von Simone Jacobius


"Diese Hysterie ist doch wirklich wieder typisch deutsch. Kein anderes Land macht solch eine Panik wie wir Deutschen." Diese Aussage einer Kollegin machte mich nachdenklich. Stimmte das wirklich, überziehen wir Deutschen immer alles? Hintergrund war, wie sollte es anders sein, Japan. Das Dreifach-Unglück, das wochenlang die Presselandschaft beherrschte.

Schon solch ein starkes Erdbeben ist für uns Deutsche einfach unvorstellbar, ganz zu schweigen von dem Tsunami, dessen Wellen ganze Städte ausradierten. Und zum Thema Atomkraftwerk brauche ich ja wohl nichts zu sagen. Dieser drohende Super-Gau schwebt immer noch als Damoklesschwert über uns allen - weltweit. Gerade las ich, dass erste radioaktive Spuren in China, Korea, USA und auch Kanada entdeckt wurden. Ist man da wirklich hysterisch, wenn man sich Sorgen macht?

Natürlich, unser Leben geht ganz normal weiter. Jeder, der jetzt deswegen in Depressionen stürzt und am Sinn des Lebens zweifelt, überzieht auch aus meiner Sicht. Aber nachdenken, einen Moment inne halten und verschiedene Dinge zu hinterfragen – das sollte doch eigentlich ganz normal sein für selbstständig denkende Menschen. Auch Hilfsangebote sind, aus meiner Sicht, durchaus legitim. Aber es gibt kaum ein Land auf der Welt, das solch eine Selbstdisziplin an den Tag legt, wie Japan. Wer flüchtet, ist feige, denkt man dort. Jeder, der überlebt hat, sieht sich in der Pflicht, am Wiederaufbau seines Landes zu helfen. Deswegen gibt es auch noch keine Anfragen von gebeutelten Japanern, nach Aufnahme im Ausland. Das hat uns die japanische Botschaft auf Anfrage mitgeteilt.

Und in der Hinsicht muss ich meiner Kollegin Recht geben: Das wäre nicht die deutsche Art. Wir würden erst einmal unser Unglück ausgiebig beklagen, denn nur die wenigsten würden Eigeninitiative ergreifen und handeln. Dennoch haben auch wir schon ein Land wieder aufgebaut, dass nach dem Krieg in Trümmern lag – ok, ich war damals noch nicht dabei, nicht, dass wir uns hier falsch verstehen. Vielleicht ist es eine verschüttete Wesensart, die aber reaktiviert werden könnte, wenn es hart auf hart käme...

Wie dem auch sei. Ich sehe mich nicht als hysterisch an. Ich hatte schon damals, nach Tschernobyl gesagt, dass man den Ausstieg aus der Atomenergie planen sollte. Nichts passierte über Jahrzehnte. Dass so ein Ausstieg nicht plötzlich geht, ist mir klar. Aber wir hätten schon viel weiter sein können, wenn wir bei Zeiten angefangen hätten umzudenken. Aber über Strom wollte ich jetzt eigentlich gar nicht schreiben. Was mir im Hinblick auf Japan auch wieder durch den Kopf schoss ist: Warum machen wir Menschen eigentlich immer wieder den Fehler zu denken, dass wir die Natur besiegen können? Inzwischen häufen sich die Naturunglücke, auch in Deutschland können wir ein Lied davon singen, was beispielsweise Überschwemmungen anbelangt. Die Fehler sind hausgemacht, Überschwemmungswiesen, die plötzlich zugebaut wurden, Flüsse, die begradigt wurden, so dass das Wasser ungehindert durchschießen kann. Ähnlich in Japan: Fukuschima war auf Erbeben und Tsunami vorbereitet – aber nicht auf die Wucht, mit der dann beides auf sie einstürzte. Sollte man da nicht besser umdenken, die Natur nehmen wie sie ist und lernen, damit umzugehen? Das auch manchmal in dem Wörtchen Verzicht mündet. Ich stehe auf dem Standpunkt: Für alles gibt es Lösungen. Man muss nur lange genug danach suchen.