Müggelheimer Bote
18. Jahrgang, Ausgabe 9/2011
September 2011
Müggelheimer Bote

Inhalt
Premiere des Berlin Triathlon XL
Sophie, vom Kanukind zur Weltmeisterin
Direktkandidaten auf dem Prüfstand
Senioren auf den Spuren der Einwanderer
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Müggelheimer Senioren auf den Spuren der Einwanderer

Von Irene Kruschke

Schon viele Müggelheimer waren in unserer Partnergemeinde Odernheim zu Gast, aber noch nicht alle. So machten sich am 25. Juni 45 Senioren auf Tour, um die Herkunftsorte unserer Straßennamen kennenzulernen. Die Deutsche Weinstraße und die Pfalz waren unser Reiseziel.

Unser "Schlummerort" Hauenstein empfing uns mit einem herrlichen roten Felsentor. Quartier bezogen wir im "Landhotel Wasgau". Am nächsten Tag stürzten wir uns ins Weinland: Annweiler am Trifels, Neustadt usw. Unsere Reiseführerin vermittelte ihr großes Wissen über Land und Leute in sehr aufgelockerter Form. Die Geschichte von Richard Löwenherz, 1193 gefangen auf der Reichsburg Trifels, mussten wir noch verinnerlichen. Der idyllische Ort gehört jedenfalls zu unseren Favoriten.

Das Hambacher Schloss grüßte auf der linken Seite und erinnerte uns an die Studentenmärsche (30 000 Mann) 1832 und den Kampf um Einheit und Gerechtigkeit. Interessant war die Geschichte der deutschen Fahne. Einer der Studenten, die zum Hambacher Fest zogen, sagte vorher zu seiner Mutter: "Am Anfang des Umzuges muss doch ein Fahnenträger laufen. Näh mir doch mal ein großes Stück Stoff zusammen aus den Farben schwarz, wie unsere Zeit heute, rot, für das Blut, das sicherlich vergossen werden muss und gold für eine goldene Zukunft." Das ist nun heute unsere Nationalflagge.

In Neustadt an der Weinstraße erwartete uns Frau Haigis, mit der wir kurz zuvor beim Müggelheimer Angerfest schon gesprochen hatten. Unsere große Gruppe wurde geteilt und dann ging's zur Stadtführung. Besonders beeindruckten uns die schönen Fachwerkhäuschen und die vielen Bronzefiguren in der Stadt. Auf einem lauschigen Winzerhof stießen wir auf die schöne Pfalz an.

In Rinnthal konnte unser Bus schwer parken, so dass wir auf die Besichtigung der riesigen Kirche von 1840 verzichten mussten. Stattdessen ging's zum Schloss Ludwigshöhe, eine in Weinberge gebettete Villa (heute Kunstausstellung). Wir können nun endlich belegen, dass unser Ludwigshöheweg auch nach einer hiesigen Örtlichkeit benannt ist und nicht nach einem Herrn Ludwig, der oben auf dem Berg bei uns gewohnt haben soll, wie einige das in Müggelheim noch erzählen.

Ludwig I. von Bayern hat sich die Villa im italienischen Stil bauen lassen. Prinzessin Theresia musste, da sie evangelisch war, immer einen kleinen Abhang hinunter, durch das Weindörfchen fahren, um zur evangelischen Kirche zu kommen. Heute heißt der Weg Theresienstraße, ist von Bäumen umsäumt und lädt fast an jeder Ecke zur Einkehr ein.

Birkweiler, Edenkoben, Deidesheim und Bad Dürkheim ließen wir natürlich auch nicht aus. Im Riesenfass von Bad Dürkheim hätten wir uns gerne eine Weilchen niedergelassen, aber abends war Weinprobe im Hotel angesagt. Ganz romantisch und eng wurde die Fahrt für unseren Bus durch den Naturpark Pfälzerwald nach Elmstein. Es ging über St. Martin, vorbei an der Totenkopfstraße, rechts und links herrlicher Mischwald, wo noch einige "Käschte-Bém" (Esskastanien) silbrig glänzten.

Der Montag gehörte dann den geschichtsträchtigen Orten Speyer und Worms. Das Gebiet um Speyer war schon 10 vor Christi besiedelt. Konrad II. verdanken wir den wunderbaren Dom (1030-1061 erbaut). Er sollte die Grablege für noch mindestens 100 Könige nach ihm werden. 8000 bis 10 000 Arbeitskräfte eilten mit ihren Familien zum Dombauprojekt und ließen die Stadt anwachsen. Beim großen Stadtbrand 1689 suchten die Menschen mit ihrem Hab und Gut Schutz in den Mauern des Doms, aber der Wind drehte plötzlich und entfachte die Möbelberge im Innern. Das Inferno brachte sogar die Glocken zum Schmelzen. Später baute der Sohn des Domgründers das Gotteshaus wieder auf und erweiterte es sogar.

Versteckt in einem kleinen Gässchen zeigte man uns die Tagungsstätte der Reichsfürsten. 1529 ließen schon viele in ihren Gebieten lutherisch predigen. Fünf Reichsfürsten hatten bereits die Protesturkunde gegen die starre katholische Kirche unterschrieben. Daher kommt auch die heute noch genutzte Bezeichnung protestantisch für den evangelischen Glauben. Sehr begrüßt wurde vom Volk auch die große Granitschale vor dem Dom. Man füllte sie mit 1580 Liter Wein, wenn gekrönte Häupter in die Stadt ritten. Wir gehörten leider nicht dazu.

Am Nachmittag in Worms konnte jeder die Freizeit selbst zur Stadterkundung nutzen. Wiederum der Dom, aber auch die Dreifaltigkeitskirche, das Lutherdenkmal und der Siegfriedbrunnen waren die größten Anziehungspunkte.

Bei der Rückfahrt standen noch Horchheim und Grünstadt auf dem Programm. Auf die geplante Pause verzichteten wir. Denn Horchheim ist wirklich keine Perle der Weinstädte und auch Grünstadt hat überwiegend industriellen Charakter. Da gefiel uns Enkenbach mit einem Elefanten-Kreisverkehr schon besser.

Den nächsten Tag widmeten wir unserem Ort Hauenstein, hier genannt "Häschte". So wie in Pirmasens war hier die Schuhindustrie seit 1886 (Gebrüder Seibel) beheimatet. Das lebenswichtige Handwerk wurde mit dem Schuhmacherdenkmal geehrt. Zur Wanderung bot sich der 15 Kilometer lange Schusterpfad rund um Hauenstein an.

Pflicht für jeden war natürlich der Besuch des preisgekrönten Deutschen Schuhmuseums. Auf sehr einprägsame Art konnte hier die Fertigung eines Schuhs nachvollzogen werden. 3500 Paar Schuhe aus allen Epochen und von allen Kontinenten beherbergt das Museum. Der größte gefertigte Schuh der Welt (auch im Guinnessbuch der Rekorde) hatte Größe 247.

Am Mittwoch ging die Fahrt über Darstein, Erlenbach, Eppenbrunn, Hornbach, Zweibrücken, Münchweiler und den Busenberg zur Burg Bewartstein, wo der böse Ritter Trapp einst hauste. Den Teufelstisch, das Wahrzeichen des Dahner Felsenlandes, wollten wir ebenfalls sehen. Überall eine traumhafte Landschaft…

Die Hornbacher Weg-Anlieger waren ganz stolz, dass es so eine berühmte Klosterstadt ist und auf das Jahr 770 zurückgeht. Hier wirkte der Heilige Pirmin. In Zweibrücken besuchten wir den wunderschönen Rosengarten.

Vor der Riesentour am Donnerstag graute es unseren Fahrer Uwe doch etwas, denn wir wollten Wolfstein, Becherbach, Gersweiler, Alsenz, Callbach, Meisenheim, Raumbach, Abtweiler, Hallgarten, Odernheim, Lettweiler, Staudernheimer, Duchroth, Rehborn und Bad Sobernheim sehen. Seine Frage war dann immer: "Sind Leute aus der Raumbacher Straße oder dem Hallgarter Steig im Bus?" Das hieß dann nämlich Fotostopp am Ortsschild.

Odernheim, unsere Partnergemeinde, sollte natürlich als Höhepunkt einen Empfang im Rathaus haben. Aber Pustekuchen – alles verschlossen. Mit Bürgermeister Schick hatte ich zwar vorher telefoniert, aber er vergaß es seinem Beisitzer zu übermitteln. Die Ortsbesichtigung verlief trotzdem problemlos, da der Weg mit weißen Fußspuren gekennzeichnet war und an den Sehenswürdigkeiten gute Info-Tafeln hingen. Schlimmer war, dass alle Gaststätten und Geschäfte mittags geschlossen und wir hungrig waren.

Bad Sobernheim bildete den Abschluss. Inklusive der Rückfahrt sind wir 2445 Kilometer unterwegs gewesen. Wenn wir heute durch unsere Müggelheimer Straßen gehen, haben wir immer das betreffende Ortsbild im Hinterkopf, oder eine besondere Begebenheit.

Übrigens 2012 haben wir Flandern als Reiseziel ausgesucht: Gent, Brügge, Brüssel usw. Sie können sich schon jetzt in die Interessentenliste eintragen lassen (Tel.: 659 55 53).