Müggelheimer Bote
10. Jahrgang, Ausgabe 02/2004
Februae 2004
Müggelheimer Bote

Inhalt
Ärger mit dem Abwasser in der "Heiga"
25 Jahre Beeskow in Müggelheim
Das turbulente Leben in einer Drillingsfamilie
Offizielle Lärm-Messstation abgelehnt
Müggeclub sucht nach regelmäßigen Spendern
Von Unfällen, schwimmenden Autos und fliehenden Schwänen
Wirtschaftskreis hat neuen Vorstand
Weitere Meldungen
Gedanken aus Müggelheim
Heimatverein
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Müggelheimer Bote
 

Offizielle Lärmmess-Station abgelehnt

Private Stationen zeigen: BBI arbeitet mit falschen Zahlen

von Dr. Matthias Solga

Nach dem Bericht unserer beiden Bezirksverordneten im Müggelheimer Boten aus der BVV wurde die Einrichtung einer Messstation in Müggelheim durch den Flughafenbetreiber abgelehnt. Das Argument: bei lediglich 49 db(A) sei das nicht nötig. Es hätte mich schon überrascht, wenn der Flughafenbetreiber irgendwann einmal irgend etwas nicht dreist Gelogenes abgesondert hätte. Dass -natürlich- auch diese Aussage falsch ist, kann jeder selbst nachprüfen: Müggelheim hat nämlich bereits zwei Messstationen, die seit Jahren online die Lärmmesswerte der Flugbewegungen im Internet zur Verfügung stellen: www.DFLD.de (Auf der Site links „Messwerte“ anklicken, dann die Region auswählen, und in der folgenden Liste erscheinen auch die beiden Müggelheimer Messstationen.) In einem inzwischen bundesweiten Netzwerk von Messstationen reihen sich unsere zwei Müggelheimer Messstationen gut ein. Sie liegen genau unter der Einfluglinie, so kann sehr genau der Lärmteppich von der einen Messstation zur anderen verfolgt werden. Das andere „Argument“ der Flughafenbetreiber kann so ebenfalls als Lüge entlarvt werden: Die Schallereignisse sind immer nur den Direktanflügen nach Schönefeld zuzuordnen, relevante Schallereignisse, wie der Flughafenbetreiber sie in 50% den anderen beiden Flughäfen zuordnen will, kommen in den Müggelheimer Messstationen nicht vor. In beiden Meßssstationen gibt es keine anderen Lärmquellen wie Straßen- oder Schienenlärm, sodass die Lärmzuordnung eindeutig ist, isolierte Lärmereignisse wie Rasen mähen sind einerseits durch die eindeutige Kurvenform erkennbar, andererseits durch den Stationsvergleich auszufiltern, und erreichen außerdem die enormen Schallpegel der Flugzeuge nicht. (Auch wenn ein Rasenmäher in unmittelbarer Nähe sehr laut wirkt, ist der erzeugte Schalldruck wenig energieintensiv, der Schall kann sich also wesentlich weniger weit mit derselben Energie fortpflanzen, in Entfernung wird die Schallintensität schneller abnehmen, als dies bei einem Flugzeugmotor mit seiner erheblich höheren emittierten Energie der Fall ist.)

Die Messwerte belegen eindeutig: Die von der Flughafentruppe angegebenen Messwerte eines Durchschnittpegels von 49dB(A) werden erheblich überschritten, die angegebenen Werte werden lediglich nachts erreicht, teilweise sogar selbst nachts überschritten! Die Schallpegelwerte eines Wochentages liegen über den gesamten Tag verteilt bei 55 db(A) und mehr, tagsüber bei ca. 57-58 dB(A). Regelmäßig werden Einzelwerte bis 80dB(A) und mehr, teilweise bis zu 90 dB(A) erreicht. Die Messwerte werden auch in www.bbilaerm.de sehr aussagekräftig ausgewertet. So kann man aus den vielen Übersichten erkennen, dass im August 2003 10% aller Nachtflüge über der Messstation Müggelheim 1 einen Lärmpegel von mehr als 71dB(A) hatten. Wer sehen möchte, wie sich die Situation nach Fertigstellung des Flughafens darstellt, kann Einblick nehmen in eine Hochrechnung für die Abendstunden des 25.09.2010 zwischen 18 und 20 Uhr:

Auch das vom Flughafenbetreiber abgesonderte Argument, die Nachtflüge würden weniger, ist als fadenscheinig zu enttarnen: Wäre dies tatsächlich so, wozu benötigt dann der Flughafen den Nachtflug noch? Und wäre dies so, wieso werden dann nachts Lärmpegel erreicht und überschritten, die der Flughafenbetreiber in seiner Messstation angeblich über den ganzen Tag verteilt gemessen haben will? Wir sehen: Wir stehen mehr und mehr auf eigenen Füßen. Vor Jahren haben wir bereits gezeigt, dass wir fremd bestimmte Analysen für Schadstoffnachweise nicht brauchen: die Aktion zum Spenden von Körpermaterial hat einen ganz wesentlichen Impuls für die weitere Betrachtung der Schadstoffproblematik gegeben, dieses Thema wurde erst zu einem durch unser Bemühen. Und jetzt können wir der Flughafengesellschaft den „Effenberger“ zeigen in Fragen der Lärmmessung.


Kommentar

von Ingrid Zweiniger

Wir können der Flughafengesellschaft zwar den „Effenberger” in Fragen der Lärmmessung zeigen, wir haben aber mit unseren zwei privaten Messstellen keine Chance vor einem Gericht, wenn es darum geht, etwas einzuklagen. Dort zählt nur eine offizielle Messstelle. Und diese offizielle Messstelle müssen wir weiterhin von der BBI fordern.

Aufgrund der Messdaten, die Sie auch diesem Artikel entnehmen können, ist es unverantwortlich, wie unsere Behörden mit uns betroffenen Bürgern umgehen.

Es ist nicht nachzuvollziehen, warum falsche Messdaten in Umlauf gebracht werden. Gründe dafür wird es viele geben, denn nach wie vor soll der Kreis der Betroffenen klein gehalten werden, damit die Flughafenholding nicht zu tief in die Tasche greifen muss, wenn es darum geht, Schadensersatz zu leisten. Und da ist auch der ethische Knackpunkt, dass wir erleben müssen, wie Geld gegen Mensch oder Mensch gegen Geld aufgerechnet wird.

Aber wie schreibt Dr. Solga in seinem Artikel: „Wir stehen immer mehr auf eigenen Füßen.” Und ich glaube, dass es wichtig ist, auf beiden Füßen fest zu stehen und das es Zeit wird, mal wieder loszurennen. Und das haben wir getan. Die Mitglieder des Umweltkreises sind losgerannt. Wir haben die Mitteilung im Dezember-Boten, dass die Senatsverwaltung die offizielle Fluglärmmessstelle für Müggelheim abgelehnt hat, nicht hingenommen.

Wir haben der Staatssekretärin Krautzberger in einem Brief mitgeteilt, dass die Ablehnung nicht gerechtfertigt ist, da dieser Ablehnung falsche Messdaten zugrunde liegen. Wir haben weiterhin unsere Forderung aufrechterhalten, dass in Müggelheim eine offizielle Fluglärmmessstelle errichtet werden muss. Nun warten wir auf eine Antwort. Die Zeit drängt, denn die Brandenburger Landesregierung macht erneut Druck. Sie will den Großflughafen Schönefeld im Eiltempo fertigstellen.

Wir halten dagegen und bleiben aktiv.