Serie für den Natur- und Gartenfreund |
Rosen, Rosen, Rosen
Der Mai war unerwartet kühl, aber es gab endlich Regen. Es ist sicherlich
vielen Gartenbesitzern aufgefallen, dass die Natur sich rings umher viel grüner
und üppiger präsentiert als vor einem Jahr. Auch die Farben der Blüten
sind intensiver.
Meine Rosen blühen seit Ende Mai, doch bald ist es damit vorbei, schwere
Regenfälle und Wind sind nicht so ideal für die Blüten. Lieblicher
Rosenduft schwebte in der Luft und bezaubernde Blüten in rosa, weiß,
bis hin zum dunklen Karmesinrot konnten betrachtet werden. Juni ist der Monat
der Rosen und auf diesen freue ich mich jedes Jahr wieder neu.
Meine Rosen haben sich in den Jahren angesammelt, weil ich sie auch gesucht
habe. Nicht in den Katalogen, sondern bei Spaziergängen, Radfahrten und
auch im Urlaub. Natürlich hatte ich dann kein Schippchen dabei und so
habe ich manchmal mit einer Scherbe oder einem alten Blumentopf geschabt und
gekratzt, bis ich aus der Erde oder zwischen einer Steinmauer einen kleinen
Ausläufer frei gelegt hatte. So ein kleiner Ausläufer braucht Jahre
bis er zu dem typischen Habitus heran gewachsen ist. Ja, und dann hat er auch
noch keinen Namen. Also wurden Bücher gekauft, darin gelesen und mit ihnen
im Garten umher gelaufen und mit den „namenlosen“ verglichen. So
ist es bei mir zu einem Hobby geworden, Alten Rosen oder besser „Historischen
Rosen“ in meinem Garten ein neues Zuhause zu geben.
Der wunderbare Duft, den moderne Rosen oft nicht mehr haben, ergänzt ihre
so vielfältigen Blütenformen auf ideale Weise und lässt jede einzelne
Blüte zu einer Kostbarkeit werden. Heute soll es etwa 500 verschiedene Sorten
in speziellen Rosenbaumschulen zu kaufen geben, aber in meinem kleinen Garten
sind mir ja auch Grenzen gesetzt, leider.
Die Klassifizierung der Gartenrosen hat schon zahlreiche Wissenschaftler beschäftigt
und die Ergebnisse waren immer unterschiedlich. Heute ist man sich aber in Fachkreisen
einig, dass die Gartenrosen nicht von den Europäischen Wildrosen abstammen,
sondern ihren Ursprung in Asien haben. Von dort aus gelangten sie auf den verschiedensten
Wegen nach Europa. An der Entwicklung der Gartenrosen waren vor allem vier Rosenarten
beteiligt: Rosa gallica, Rosa moschata, Rosa phoenicia und Rosa canina. Bis ins
18. Jahrhundert gab es in Europa außer den Wildrosen vor allem verschiedene
Sorten der Gallica-Rosen, Damaszener-Rosen, Alba-Rosen oder der Centifolien.
Die unterschiedlichen Sorten entstanden bis dahin durch Mutationen (wie die Moosrosen)
oder durch eine Zufallskreuzung. Erst um 1750 begann der züchterische Aufschwung
mit den Rosen aus China. Durch Kreuzungen entstanden neue Rosengruppen wie etwa
die Portlandrosen, die völlig neue Eigenschaften aufwiesen.
Eine sehr bedeutende Epoche für die Rosenentwicklung war das ausgehende
17. und das beginnende 18. Jahrhundert. Besonders in Holland wurden die Centifolien
bis zur Perfektion gezüchtet. An diesen Novitäten zeigte besonders
Frankreich, wo am Hofe von König Ludwig XV. die Rosenkultur eine besondere
Stellung einnahm, besonderes Interesse. Vor allem Madame Pompadour machte sich
um diese Kultur verdient. In ihrer Begeisterung für Rosen wurde Madame Pompadour
nur noch von Kaiserin Josephine – mehr als hundert Jahre später – übertroffen.
Es entstand eine fürstliche Rosensammlung an Stelle eines aufgelösten
Klosters bei Kassel. Durch Wandel im Zeitgeschmack wurde die Anlage verändert,
die Rosen verloren an Bedeutung.
Im Rokoko, als sich wiederum der Zeitgeschmack änderte, vom französischen
Stil zum englischen Landschaftsgarten wandelte, entdeckte man die Rose als Gartenpflanze
wieder. Kaiserin Josephine, die Gemahlin Napoleons, ließ 1796 auf Schloss
Malmaison eine sogenannte Rosenpaterre anlegen, es entstand der schönste
Rosengarten mit der größten Sammlung jener Epoche. Berühmte französische
Züchter wie Descement, Laffay oder Viebert züchteten Tausende neuer
Sorten, die Nachfrage war in ganz Europa groß. Anderseits trafen neue Rosen
in Frankreich ein und durch Kreuzungen entstanden neue Rosenklassen, wie Noisette-Rosen,
Portland-Rosen und Bourbon-Rosen. Eine der schönsten Rosen, die ihr zu Ehren „Souvenir
de la Malmaison“ benannt wurde, konnte die Kaiserin nicht mehr kennenlernen.
Sie starb bereits 1814.
Meine Rosenfindlinge stammen aus dem Zeitraum von 1750 bis etwa 1860. Ich finde
es beachtlich, dass in Europa, noch Nachkommen dieser Züchtungen wachsen
und blühen.
Erstmals in den Jahren ab 1970 entstanden aus Kreuzungen zwischen verschiedenen
Alten Rosen und modernen Teehybriden und Floribunda-Rosen die sogenannten Englischen
Rosen. Die Blütenform der Englischen Rosen ist der Alter Rosen sehr ähnlich.
Meistens haben diese Züchtungen schalenförmige und rosettenförmige
Blüten, oft mit vielen kleinen Blütenblättern, in feinen Farbabstufungen.
Es gibt unzählige Abwandlungen. Zuchtziel bei den Englischen Rosen ist nicht
so sehr die Leuchtkraft der Blütenfarbe oder eine übermäßige
Blühkraft, sondern der feine Charme und der Duft der einzelnen Blüten.
Englische Rosen haben meistens einen strauchförmigen Wuchs. Einige der höheren
Sorten bilden ausgezeichnete öfterblühende Kletterrosen. Der Züchter
David Austin hat mit diesen Züchtungen der wunderbaren Blumenschönheiten
genau den besonderen Geschmack der Rosenliebhaber getroffen.
Unter dem Motto: „Gartenbesitzer öffnen ihre Gartenpforten“ hab
ich am 20. Juni die Gelegenheit wahrgenommen und den Rosengarten von Astrid Ramdohr
in Berlin-Steglitz besichtigt, einer sehr netten und kompetenten Frau. Sie liebt
ebenfalls die alten Sorten, welche etwa 200 Jahre alt sind, besitzt aber auch
schon die Englischen Neuzüchtungen. Mir hat es nahezu den Atem verschlagen.
Rosen, Rosen, überall. Ich schätze es waren hunderte Garten- oder besser
Rosenfreunde da, ein ständiges Kommen und Gehen, von morgens bis nach 19
Uhr. Manche Besucher haben nur gestaunt, die Pracht und den wunderbaren Duft
genossen. Andere Gäste hatten viele Fragen, welche die Gartenbesitzerin
immer freundlich und fachlich gut beantwortete.
Ihr Garten hat Hanglage, ist gerade deshalb interessant, weil man das ganze Blühwunder
von der hohen Terrasse des Hauses aus genießen kann. Kleine, geschwungene
Wege, die hübsch gepflastert sind, verbinden verschwiegene Gartenräume.
Ein kleines Tischen mit Richelieudeckchen und ein paar weißen Stühlen.
In der Nähe ein Steinbecken, in dem eine Rosenblüte schwamm. Hoch aufragende
Kletterrosen an der Hauswand, sie fanden Halt am Gerank des selbstklimmenden
Weines. An einer etwas der Sonne abgewandten Seite des Hauses blühte ein
kräftiger Strauch der Sorte Schneewittchen. Zu ihren Füßen blaue
Polsterglockenblumen, welche zart, über die zu einem Rund gestalteten Granitsteine
rankten. Dahinter eine hohe Pergola, die von einer knorrigen, cremefarbenen Kletterrose
bewachsen war. Für große Rasenflächen ist kein Platz, nur gerade
so viel, wie es braucht, um Licht und optischen Anlauf für die sich dahinter
bauschenden Rosenbüsche zu lassen. Die rosa blühende Kletterrose der
Sorte „Constanze Spry“ eroberten die höchsten Zweige eines Zierapfels.
Andere Sorten wie: Fatin Latour, Tour de Malakoff, Königin von Dänemark,
Mad. Hardy, Felicite`Parmentier, um nur einige zu nennen, bildeten eine nahezu
dichte Wand aus Rosenbergen. In weichen Schwüngen wurden die im Vordergrund
stehenden niedrigen Sorten durch blaue Linarien oder Kugelallium farblich gesteigert.
Eingefasst von einer dicken Borte aus blühendem Frauenmantel. Hier und da
fielen besonders schöne Glaskugeln in hellem Gelb auf, in ihnen spiegelten
sich das Blau des Himmels und die Farben der Rosenblüten. Eine Treppe, deren
Geländer beiderseits mit verschiedenen Rambler-Kletterrosen berankt und
mit dunkelblauer Clematis durchwirkt ist, führt zurück zum Gartentor
nach oben und rechts zur Terrasse. Hier stehen ebenfalls weiße Gartenmöbel
mit weißen Klöppeldeckchen und Sitzkissen, welche zum Ausruhen einluden.
Erst als kaum noch ein Besucher da war, haben wir versucht, meine mitgebrachten
Rosenblüten zu bestimmen. Man hat der engagierten Rosenliebhaberin angemerkt,
dass sie ihre Liebe zu den Rosen, den Besuchern vermitteln wollte und das ist
ihr sicherlich gelungen! Für mich war es sehr beeindruckend und ein unvergesslicher,
schöner Tag. MS
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