Müggelheimer Bote
9. Jahrgang, Ausgabe 3/2003
März 2003
Müggelheimer Bote

Inhalt
Eltern von Schulanfängern sind besorgt
Ein Bekenntnis zum Frieden
Klootscheeten - ein holländischer Freizeitspaß erobert Müggelheim
Aufstieg und Fall der ehemaligen Gaststätte Krampenburg
Superstar Willi ohne Konkurrenz
Schönefeld: Entscheidung zur Privatisierung immer noch offen
Sportlergrößen: Radrennfahrer "Hanne" Weihe
Weitere Meldungen
Gedanken aus Müggelheim
Müggeclub
Kleinanzeigen
Heimatverein
Aus der BVV
Serie für den Natur- und Gartenfreund
Geschichten aus dem Müggelwald
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Müggelheim im Internet
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Müggelheimer Bote
 

Aufstieg und Fall der ehemaligen Gaststätte Krampenburg

Ziemlich weit vom Dorf Müggelheim entfernt auf der Landzunge zwischen der Großen Krampe und dem Langen See, liegt die ehemalige Gaststätte Krampenburg.

Schon Anfang 1900 erkannte Robert Voigt die besondere Lage für eine Gaststätte. Konnte man doch von hier aus auf dem Wasserwege tagelang in alle Himmelsrichtungen unterwegs sein. So sollten dann die Gäste auch von Berlin aus mit Dampfschiffen hergebracht werden.

Nach einjähriger Bauzeit wurde die Gaststätte 1906 eröffnet. Ansprechende Restaurationsräume, ein großer Saal, der 3000 Personen fasste, ein Aussichtsturm und einigen Nebeneinrichtungen wie Kegelbahnen, Schieß- und Würfelbuden, auch Karussells und Schaukeln, boten den Gästen Erholung und Erbauung. Der riesige Saal konnte durch breite, hohe und bewegliche Trennwände, welche mit märkischen Landschaftsmotiven versehen waren, in drei kleinere Säle umgewandelt werden.

Es war ein hoher, langgestreckter Bau, welcher mittig auf der Schmöckwitz zugewandten Seite eine hohe Gaube mit Satteldach und den vorspringenden Eingangsbereich hatte. Auf der sehr sonnigen Süd/West Seite gab es Pergolen und eine Holzbalustrade, um das zum Wasser abfallende, schmale Gelände mit den Frei-Terrassen zu gestalten. Unmittelbar vor der Gaststätte befanden sich ein großer Dampferanlege-Steg und auf beiden Seiten von diesem viele kleinere Stege für die Sportboote. Auf der Rückseite waren auch Gartenterrassen und ebenfalls, hier am Ufer der Großen Krampe, ein Dampferanlege Steg und kleine Stege für Sportboote.”

„Berliner Alpen”
(Historische Wendische Alpen.)
Voigt‘s Krampenburg.

So warb der Gaststättenbesitzer auf Schildern und Postkarten um Gäste.

Die herrliche Lage und die imposante Ausstattung sprachen sich bei den Gästen, auch bei Vereinen, Belegschaften von Firmen, Wanderern und Sportlern herum. Schon im ersten Jahr hielt der Radfahrverein „Borussia” aus Cöpenick im großen Saal seinen Ball.

Die Einkünfte waren so gut, dass der Inhaber im Jahre 1915 den großen Saal und auch einige Nebenräume zu märchenhaften Grotten umgestalten ließ.

So wurde der große Saal als Nordamerikanische Tropfsteinhöhle im Hudsongebiet und ein Restaurantraum als Korallengrotte im Indischen Ozean, umgebaut.

Durch einen verheerenden Brand im Jahr 1918 wurde der große Saal zerstört. Die Brandursache war eine defekte Brennbenzinleitung, an der manipuliert worden war. Für die Bewirtschaftung gab es damals noch keinen Strom und kein Gas. Die gesamte Beleuchtung wurde mit Brennbenzin betrieben. Bei diesem Brand verunglückte der Besitzer Robert Voigt tödlich. Nach ihm bewirtschafteten die Söhne die Restauration und so hießen die Besitzer „Voigts Erben”.

Heute ist die Krampenburg nur noch erinnerungsträchtige Ruine. Foto: Behrend

Nachweislich entstanden bereits 1916 neue Wirtschaftsräume aber auch vereinzelte kleine Hütten. Die meisten wurden vom Personal bewohnt. Später wurden sie mehr und mehr zu Freizeitzwecken genutzt und verpachtet. Von 1930 an entstanden deshalb immer mehr Lauben die auch, durch die gestiegenen Ansprüche, immer mehr erweitert wurden.

Die Gaststätte wurde bis etwa 1975 betrieben. Regelmäßig legten in der Sommersaison „Dampfer” und Motorschiffe an. Sie brachten an guten Tagen mehrere hundert Gäste aus Berlin, die im großen Saal oder auf der Terrasse ihr Mittagessen einnahmen. Selbst in den Kriegs- und Nachkriegsjahren, als besonders Fleisch und Fett auf Karten rationiert war. Die Kellner mussten die entsprechenden Fleisch- oder Fettmarken von den Karten der Gäste abschneiden.

Vielen Nutzern dienten die Lauben auf der Krampenburg zum Ende des II. Weltkrieges auch als Unterschlupf um dem Bombenhagel auf Berlin zu entgehen. Der Ortschronist W. Reinhold schrieb in der Chronik: „In der Nacht vom 4. zum 5. Mai 1945 setzten russische Truppen vom Wald am Krampenburger Weg kommend, von Krampenburg in Sturmbooten nach Karolinenhof über. Viele Bootsbesitzer hatten ihre Boote unter Wasser gesetzt. Die noch schwimmenden Boote wurden zum Übersetzen benutzt.”

Nach dem Krieg, erinnere ich mich, dass es schön war, in der Sonne, dicht an der Brüstung am Tisch zu sitzen. Man konnte weit auf die glitzernde Wasserfläche mit den Segelbooten sehen, und auch die Schwäne am Wassersaum beobachten. Angler standen auf den Stegen, zogen kleine zappelnde Fische aus dem Wasser. Wenn man zu dem Gebäude hinsah, hat mir die halbe, üppige Frauenfigur imponiert, welche sich an der Wand über dem Eingang befand. Am gestreckten Arm hielt sie ein Glas Bier zum Willkommen. Es bestand eine Fährverbindung nach Schmöckwitz, die Verbindung war näher als nach Müggelheim.

1947 schlossen Voigts Erben mit dem Schokoladen- und Konfekt-Hersteller „Venetia” aus Berlin Pankow einen Pachtvertrag über eine geschlossene Ferienlauben-Anlage. Dieser wurde bis in die 70er Jahren genutzt. 1949 gründeten Anglerfreunde aus Alt-Stralau die Ortsgruppe Krampenburg des DAV. Durch seinen organisierten Verbund wurde er auch als ernsthafter Ansprechpartner, von staatlichen Stellen akzeptiert.

Alter und Wirtschaftlichkeit zwangen die letzte Besitzerin die Krampenburg1978 zum Verkauf dieser traditionsreichen Einrichtung. Käufer war ein Großbetrieb in Ruhla. Die neuen Besitzer fällten auf der Halbinsel 60 Kastanien um Baufreiheit zu haben. Ohne Baugenehmigung begannen sie mit dem teilweisen Abriss der Gaststätte und nahmen einige bauliche Veränderungen vor. Es wurde Baustopp erteilt! Zumal beim Verkauf die zu diesem Zeitpunkt mehr als 100 Lauben auf der Halbinsel nicht berücksichtigt wurden.

Seit dem wurde alles sich selbst überlassen. Die Baukörper verfielen immer mehr. Gelagerte Materialien verschwanden.

Am 9. Juli 1983 wurde von Laubenbesitzern und Anglerverein die Interessengemeinschaft Krampenburg gegründet. Diese einzige Form einer vereinsähnlichen Vereinigung ohne „Abhängigkeit” durch einen zentralen Verband, ermöglichte den Krampenburgern rechtlich anerkannte Vereinbarungen mit staatlichen Stellen zu treffen. (5.7.1984 Grundsatzentscheidung des Rates Köpenicks zum Investitionsvorhaben „Gestaltung der Halbinsel Krampenburg” mit städtebaulicher Bestätigung). Die Lauben wurden reduziert, ebenso die Bootsstege. Man bemühte sich umweltgerecht die Natur zu schonen. Das Gelände ist wegen Verwüstungen im Winter eingezäunt. Im Sommer können Spaziergänger das Gelände aber durch das Tor betreten. Auf einem schmalen Weg kann man am Ufer den Ausblick über das Wasser genießen. MS

Fakten und teilweise Aufzeichnungen von Herrn Oberberg und vom Heimatmuseum Köpenick


Leserbrief

zu: Investruine an der Krampenmühle

In der Februar-Ausgabe des Müggelheimer Boten war von einem Schandfleck die Rede, der mehr als ein Jahr lang trostlos vor sich hinvegetierte: Krampenburger Weg 47a/b. Das bringt mich auf einen weiteren, in meinen Augen noch schlimmeren Schandfleck. Vielen Neu-Müggelheimern ist der Name „Krampenburg” kein Begriff und sie haben zu diesem Ort keine Beziehung. Anders ist das bei den älteren Müggelheimern und auch vielen anderen Berlinern. Sie haben über viele Jahrzehnte in der ehemaligen Krampenburg viele schöne Stunden verlebt und bestimmt heute noch gute Erinnerungen an diese Zeit.

1977 wurde die Krampenburg geschlossen, in der DDR verrottete die Gaststätte zusehends, so dass heute nur noch eine Ruine dort steht, die einem das Herz bluten lässt, wenn man an die schöne Zeit dort denkt.

Auch seit der Wende hat sich dort nichts getan. Die Anwohner der kleinen Siedlergemeinschaft müssen mit den Ruinen seit Jahrzehnten leben - ein viel größerer Schandfleck als am Krampenburger Weg 47a/b. Nur weil sie weiter wegliegt und keiner sie direkt sieht, kann die Ruine ihren Dornröschenschlaf fortsetzen. Behrend